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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Kriegern zu Pferde an beiden Flanken. Als wir das Tal verließen, teilten sich die Bogenschützen auf mein Zeichen in zwei Gruppen und verteilten sich nach beiden Seiten. Ich ließ das Fußvolk anhalten, ehe wir in die Reichweite der feindlichen Pfeile kamen.
    Ihre Truppen tauchten aus dem Nebel auf. Ich schickte ihnen einen der Otorikrieger entgegen. Er rief mit lauter Stimme: »Lord Otori Takeo passiert dieses Land! Lasst ihn durch oder macht euch bereit zu sterben!«
    Einer ihrer Männer rief zurück: »Wir haben den Befehl von Lord Fujiwara, diesen so genannten Otori zu strafen! Noch vor Mittag werden wir seinen und Ihren Kopf haben!«
    In ihren Augen schienen wir eine armselige Armee zu sein. Ihr Fußvolk, offenbar übertrieben selbstsicher, begann mit erhobenen Speeren den Hang hinabzuströmen. Sofort ließen unsere Bogenschützen die Sehnen los und der Feind lief direkt in einen Pfeilhagel. Die gegnerischen Bogenschützen schossen zurück, doch wir waren immer noch außerhalb ihrer Reichweite und unsere Reiter durchpflügten das Fußvolk und griffen sie an, bevor sie erneut anlegen konnten.
    Dann stießen unsere Fußtruppen vor und drängten die anderen den Hang hinauf. Ich wusste, dass meine Männer gut trainiert waren, doch ihre Unerschrockenheit verblüffte selbst mich. Sie stürmten vorwärts, als könnte nichts sie aufhalten. Die feindlichen Truppen traten den Rückzug an, schneller, als ich erwartet hatte, und wir verfolgten sie, hieben und schlugen mit gezückten Schwertern auf die Fliehenden ein.
    Makoto ritt zu meiner Rechten, der Mann mit dem Muschelhorn zu meiner Linken, als wir die Spitze des Hangs erreichten. Bis zur weit entfernten Bergkette im Osten erstreckte sich die leicht hügelige Ebene. Doch statt einer kleinen fliehenden Armee bot sich uns ein sehr viel entmutigenderer Anblick: In der Senke zwischen den beiden Hügeln befand sich eine weitere Armee, eine riesige, Arais westliche Truppen, mit wehenden Bannern, bereit zum Kampf.
    »Gib das Signal!«, brüllte ich dem Mann an meiner Seite zu. Ich hätte meinen Ohren von Anfang an trauen sollen. Er setzte das Horn an die Lippen und der klagende Ton hallte über das Land und kehrte von den Hügeln als Echo zurück.
    »Los!«, rief ich Makoto zu und er wendete mit einiger Mühe sein Pferd und trieb es zum Galopp an. Es wehrte sich gegen die Trense, unwillig, sich von seinen Gefährten zu trennen, und Shun wieherte ihm hinterher. Doch in kürzester Zeit hatten alle gedreht und jagten Makoto nach, zurück ins Tal.
    Ich war stolz auf meine angreifenden Männer gewesen, doch an diesem nebelverhangenen frühen Herbstmorgen war ich umso stolzer, dass sie meinem Befehl sofort gehorchten und den Rückzug antraten.
    Die Schnelligkeit unserer Kehrtwende überraschte unsere Gegner. Sie hatten damit gerechnet, uns den Hang hinablocken zu können, wo Arais Männer uns in Stücke reißen würden. Beim ersten Aufeinandertreffen hatten wir ihnen größere Verluste zugefügt, und für eine Weile verzögerte sich ihr Vorrücken durch die Gefallenen und die Verwirrung, die in beiden Armeen um sich griff. Gleichzeitig wurde der Regen stärker und machte den Untergrund zu rutschigem Schlamm, was uns einen Vorteil verschaffte, da wir fast schon wieder das Tal erreicht hatten, wo der Boden steiniger war.
    Ich ritt mit der Nachhut, trieb die Männer zur Eile an und machte von Zeit zu Zeit kehrt, um die Verfolger abzuwehren, die uns am dichtesten auf den Fersen waren. An der schmälsten Stelle des Tals ließ ich zweihundert meiner besten Krieger zurück und wies sie an, so lange wie möglich auszuhalten, um den Haupttruppen auf ihrer Flucht einen größeren Vorsprung zu verschaffen.
    Wir ritten den ganzen Tag durch, und als die Nacht hereinbrach, hatten wir unsere Verfolger abgeschüttelt, aber mit den Gefallenen und den zweihundert Kriegern, die wir zurückgelassen hatten, war unsere Truppenstärke um knapp die Hälfte gesunken. Ich ließ die Männer ein paar Stunden ausruhen, aber das Wetter verschlechterte sich und der Wind wurde stärker, wie ich es befürchtet hatte. Also setzten wir unsere Flucht noch in der Nacht und auch am nächsten Tag fort, aßen kaum, legten kaum Pausen ein, wehrten hier und da kleine Reitertrupps ab, die uns eingeholt hatten, und kämpften uns verzweifelt bis zur Küste vor.
    An jenem Abend lag Maruyama nicht mehr allzu weit entfernt und ich schickte Sakai voraus, um die Lage zu sondieren. Wegen der zunehmenden Wetterverschlechterung war

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