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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Krieger ab und wiederholte den Befehl. »Habt keine Angst vor Verunreinigung«, sagte ich, »ich habe die Brücke bereits überquert. Falls es irgendeine Art der Unreinheit geben sollte, trifft sie nur mich allein.« Inzwischen befand ich mich fast schon in einem berauschten Zustand. Nichts und niemand in der Welt würde mir etwas antun können.
    Mit einem mächtigen Schrei ritt der erste Krieger in die Fluten und weitere folgten ihm. Die ersten Pferde wurden auf die Brücke geführt und zu meiner Erleichterung hielt sie problemlos stand. Sobald die Überquerung im Gange war, ritt ich die Reihen entlang zurück, erteilte meine Befehle und beruhigte das Fußvolk, bis ich schließlich die Stelle erreichte, wo mich Kaede und Manami mit den anderen Frauen, die uns begleiteten, erwarteten. Manami hatte Regenschirme herbeigebracht, unter denen sie nun zusammenstanden, eng aneinander gedrückt. Neben ihnen hielt Amano die Pferde. Kaedes Miene erhellte sich, als sie mich sah. Ihr Haar glänzte vor Nässe und Regentropfen hingen ihr in den Wimpern.
    Ich stieg ab und übergab Amano die Zügel.
    »Was ist mit Aoi geschehen?«, fragte er, als er Makotos Pferd erkannte.
    »Er ist verletzt, ich weiß nicht, wie schwer. Er ist am anderen Flussufer. Wir schwammen hinüber.« Ich hätte Amano gern berichtet, wie tapfer das Pferd gewesen war, aber im Moment war dafür keine Zeit.
    »Wir werden den Fluss überqueren«, erklärte ich den Frauen. »Die Ausgestoßenen haben eine Brücke gebaut.«
    Kaede sagte nichts und sah mich nur an, aber Manami öffnete sofort den Mund und wollte widersprechen.
    Ich hob die Hand und gebot ihr zu schweigen. »Es gibt keine Alternative. Ihr werdet tun, was ich euch sage.« Ich wiederholte, was ich den Männern gesagt hatte: dass jegliche Unreinheit nur mich allein treffen würde.
    »Lord Otori«, murmelte sie und beschränkte sich auf die allerleiseste Andeutung einer Verneigung, während sie mich aus dem Augenwinkel heraus fixierte. Ich widerstand dem Drang sie zu schlagen, obwohl ich es als verdiente Strafe empfunden hätte.
    »Soll ich reiten?«, fragte Kaede.
    »Nein, die Brücke schwankt sehr stark. Es ist besser, sie zu Fuß zu überqueren. Ich werde mit deinem Pferd hinüberschwimmen.«
    Aber Amano wollte nichts davon wissen. »Es gibt genügend Stallburschen, die das tun können«, sagte er mit einem Blick auf meine durchnässte, schlammverschmierte Lederrüstung.
    »Dann sorg gleich dafür, dass mich einer von ihnen begleitet«, sagte ich. »Er kann Raku übernehmen und soll mir ein anderes Pferd besorgen. Ich muss zurück ans andere Flussufer.« Der Mann, den ich aus der Hütte hatte flüchten sehen, war mir nicht entfallen. Falls er andere über unsere Ankunft unterrichtet hatte, wollte ich an Ort und Stelle sein, um ihnen entgegenzutreten.
    »Bring Shun für Lord Otori!«, rief Amano einem der Stallburschen zu. Der Mann näherte sich uns auf einem kleinen Braunen und übernahm Rakus Zügel. Ich verabschiedete mich kurz von Kaede und bat sie, darauf zu achten, dass das Packpferd mit den Aufzeichnungen sicher ans andere Ufer gelangen würde. Dann stieg ich wieder auf Makotos Pferd. Wir ritten im langsamen Galopp zurück, vorbei an der Schlange aus Soldaten, die nun zügig auf die Brücke drängten. An die zweihundert Mann waren bereits drüben und Kahei teilte sie in kleine Gruppen ein, jede mit ihrem eigenen Anführer.
    Makoto erwartete mich an der Uferböschung. Ich gab ihm sein Pferd zurück und hielt Raku, während er und der Stallbursche in den Fluss ritten. Ich beobachtete Shun, den Braunen, der furchtlos ins Wasser ging und ruhig und mit kräftigen Zügen schwamm, als täte er derlei Dinge jeden Tag. Der Stallbursche kehrte über die Brücke zurück und nahm mir Raku ab.
    Während sie hinüberschwammen, gesellte ich mich zu den Männern auf der schwimmenden Brücke.
    Sie hasteten vorwärts wie die Ratten im Hafen von Hagi, um sich so kurz wie möglich auf den aufgeweichten Flößen aufhalten zu müssen. Wahrscheinlich konnten nur wenige von ihnen schwimmen. Manche grüßten mich, der ein oder andere berührte mich an der Schulter, als könnte ich das Böse abwenden und ihnen Glück bringen. Ich machte ihnen Mut, so gut ich es vermochte, scherzte über das heiße Bad und ein Festmahl, das uns in Maruyama erwarten würde. Alle schienen guter Dinge zu sein, obwohl sie wussten, dass unser Ziel noch in weiter Ferne lag.
    Am anderen Ufer angekommen, befahl ich dem Stallburschen, mit Raku auf

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