Der Glanz des Mondes
hinter seinem Rücken, so dass ich nicht richtig erkennen konnte, was es war. Ich hörte das Geräusch, noch ehe meine Augen die Bewegung seines Arms registrierten: eine Art metallisches Rasseln. Mit der einen Hand riss ich den Kopf des Pferdes zur Seite, mit der anderen zog ich mein Schwert. Aoi hörte das Geräusch ebenfalls und sah, wie der Arm des Riesen ausholte. Er scheute und brach seitwärts aus, und die Stabkette des Unholds sauste an meinem Ohr vorbei, heulend wie ein Wolf.
Am Ende der Kette hing ein Gewicht und der Griff, an dem sie befestigt war, war mit einer Sichel versehen. Einer solchen Waffe war ich nie zuvor begegnet und ich wusste nicht, wie ich gegen sie kämpfen sollte. Wieder sauste die Kette durch die Luft und umschlang das rechte Hinterbein des Pferdes. Aoi gab einen schmerzerfüllten und entsetzten Laut von sich und schlug aus. Ich schüttelte die Steigbügel von meinen Füßen, glitt auf der dem Riesen abgewandten Seite zu Boden und trat ihm entgegen. Offensichtlich war ich an einen Verrückten geraten, der mich töten würde, wenn ich ihm nicht zuvorkam.
Er grinste mich an. Für ihn musste ich kaum größer wirken als der Pfirsichjunge oder irgendein anderer Winzling aus einer Volkssage. Ich registrierte das allererste Zucken seines Muskels, ließ mein zweites Ich erscheinen und sprang nach links. Die Kette durchschlug mein Ebenbild, ohne Schaden anzurichten. Jato schnellte zwischen uns durch die Luft und versenkte seine Klinge in den Unterarm des Riesen, kurz über dem Handgelenk. Normalerweise hätte es ihm die Hand abgetrennt, aber dieser Gegner hatte Knochen wie aus Stein. Ich spürte den Rückstoß bis in meine Schulter hinauf, und einen Moment lang fürchtete ich, mein Schwert könnte in seinem Arm stecken bleiben wie die Axt in einem Baum.
Jin-emon gab ein knarrendes, ächzendes Geräusch von sich, nicht unähnlich dem eines gefrierenden Felsbrockens, und wechselte seinen Stab in die andere Hand. Blut quoll nun aus seiner Rechten, ein dunkles, schwärzlich rotes Blut, das nicht hervorschoss, wie man es eigentlich erwartet hätte. Als die Kette erneut aufheulte, wurde ich für einen Moment unsichtbar und überlegte kurz, ob ich mich in Richtung Fluss zurückziehen sollte. Wo zum Teufel waren eigentlich meine Männer, wenn ich sie brauchte? Im selben Augenblick entdeckte ich eine ungeschützte Stelle, stieß mit Jato vor und rammte es ihm in den Körper. Die Wunde, die mein Schwert hinterließ, war riesig, doch auch diesmal blutete der Hüne kaum. Wieder durchfuhr mich eine Welle des Entsetzens. Ich kämpfte gegen jemanden, der kein Mensch war, gegen ein übernatürliches Wesen. Hatte ich überhaupt eine Chance ihn zu besiegen?
Beim nächsten Schwingen der Kette wickelte sie sich um mein Schwert. Mit einem Schrei des Triumphs riss Jin-emon es mir aus den Händen. Jato flog durch die Luft und landete in einiger Entfernung von mir. Der Unhold kam mit rudernden Armbewegungen auf mich zu, inzwischen kannte er meine Kniffe.
Ich rührte mich nicht. Im Gürtel steckte mein Messer, doch ich wollte es nicht ziehen, sonst hätte er möglicherweise seine Kette geschwungen und meinem Leben dort auf der Stelle ein Ende gesetzt. Ich wollte, dass dieses Ungeheuer mir in die Augen sah. Er trat auf mich zu, packte mich bei den Schultern und hob mich hoch. Wer weiß, was er vorhatte - vielleicht, mir mit seinen riesigen Zähnen die Kehle aufzureißen und mein Blut zu trinken. Ich dachte nur: Er ist nicht mein Sohn, also kann er mich nicht umbringen, und starrte ihm dabei in die Augen. Sie besaßen kaum mehr Ausdruck als die eines wilden Tieres, doch als sich unsere Blicke trafen, sah ich, wie sie sich vor Erstaunen weiteten. In ihnen spiegelten sich seine einfältige Boshaftigkeit, seine brutale und unbarmherzige Natur. Ich spürte die Kraft, die in mir lag, und ließ ihr freien Lauf. Sein Blick begann sich zu trüben. Er stieß ein tiefes Stöhnen aus und seine Umklammerung lockerte sich, als er anfing zu taumeln und schließlich zu Boden stürzte wie ein Baumriese unter der Axt des Holzfällers. Ich warf mich zur Seite, um nicht unter ihm zerquetscht zu werden, rollte mich zu Jato hinüber, wodurch Aoi, der uns die ganze Zeit nervös umkreist hatte, wieder zu tänzeln und sich aufzubäumen begann. Das Schwert in der Hand, rannte ich zurück zu der Stelle, wo Jin-emon gefallen war; er schnarchte im Tiefschlaf der Kikuta. Ich versuchte den riesigen Kopf anzuheben, um ihn abzutrennen, aber er wog zu
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