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Der Glanz des Mondes

Der Glanz des Mondes

Titel: Der Glanz des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lian Hearn
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Prophezeiungen funktionierten. Hatte ich die Wahl, etwas gelten zu lassen, wie es mir gerade passte? Ich merkte, was für eine machtvolle und gefährliche Angelegenheit dies war: wie es mein Leben beeinflussen würde, ganz gleich, ob ich daran glaubte oder nicht. Die Worte waren mir gesagt worden, ich hatte sie gehört und würde sie nie wieder aus meinem Gedächtnis löschen können. Und doch konnte ich mich nicht vollends dazu hinreißen lassen, ihnen blindlings zu vertrauen.
    Jiro kehrte im Trab zurück, auf Amanos Fuchs, Ki. »Lord Amano meint, Sie sollten das Pferd wechseln, und sendet Ihnen dieses hier. Er denkt, dass er das schwarze nicht retten kann. Es müsste das Bein schonen und wird nicht in der Lage sein, mit den anderen Schritt zu halten. Und niemand hier kann es sich leisten, ein Tier zu behalten, das nicht mehr arbeiten kann.«
    Einen Moment lang empfand ich Trauer um das tapfere und schöne Pferd. Ich tätschelte Shuns Hals. »Ich bin zufrieden mit diesem hier.«
    Jiro glitt vom Rücken des Fuchses und griff nach Shuns Zügeln. »Ki sieht besser aus«, bemerkte er.
    »Du musst einen guten Eindruck machen«, bemerkte Makoto trocken.
    Wir tauschten die Pferde. Der Fuchs schnaubte und wirkte so ausgeruht, als käme er gerade von der Weide. Jiro schwang sich auf den Braunen, aber kaum dass er den Sattel berührt hatte, senkte Shun den Kopf, bockte und warf ihn im hohen Bogen ab. Das Pferd musterte den Jungen, der vor ihm im Matsch lag, fast als dächte es: Was hat er dort unten denn verloren?
    Makoto und ich fanden es viel komischer, als es war, und brachen in schallendes Gelächter aus. »Geschieht dir recht, wenn du so schlecht über ihn sprichst«, sagte Makoto.
    Immerhin lachte Jiro ebenfalls. Er stand auf und entschuldigte sich ernsthaft bei Shun, worauf dieser ihm ohne Protest erlaubte aufzusteigen.
    Nach dem Vorfall legte der Junge seine Schüchternheit ein wenig ab und begann uns auf Sehenswertes in der Umgebung aufmerksam zu machen: ein Berg, auf dem Kobolde hausten, ein Schrein, dessen Wasser tiefste Wunden heilen konnte, eine Quelle am Straßenrand, die seit tausend Jahren nie versiegt war. Ich stellte mir vor, dass er genau wie ich die meiste Zeit seiner Kindheit damit verbracht hatte, durch die Berge zu streifen.
    »Kannst du lesen und schreiben, Jiro?«, fragte ich ihn.
    »Ein bisschen«, antwortete er.
    »Du wirst viele Schriften studieren müssen, um ein Krieger zu werden«, sagte Makoto mit einem Lächeln.
    »Reicht es denn nicht, wenn ich einfach nur weiß, wie man kämpft? Ich habe mit Holzstange und Bogen trainiert.«
    »Du musst dir auch Wissen aneignen, sonst wirst du nicht anders enden als die Banditen.«
    »Sind Sie ein großer Krieger, Herr?« Makotos Neckereien hatten Jiro ermutigt, ein wenig zutraulicher zu werden.
    »Nicht im Geringsten! Ich bin ein Mönch.«
    Jiros Gesicht war ein Bild des Erstaunens. »Vergeben Sie mir, dass ich es sage, aber Sie sehen überhaupt nicht so aus!«
    Makoto ließ die Zügel auf den Nacken seines Pferdes sinken, nahm den Helm ab und zeigte seinen geschorenen Kopf. Er rieb sich die Kopfhaut und hängte den Helm an den Sattelbogen. »Ich vertraue Lord Otori, dass er für heute jedes weitere Gefecht vermeiden wird!«
    Nach fast einer Stunde erreichten wir den Stadtrand. Die Häuser dort schienen bewohnt zu sein und die Felder wirkten besser gepflegt, die Dämme waren ausgebessert und die Reissämlinge ausgesetzt. In einem oder zwei der größeren Häuser brannten Lampen, ihr orangefarbener Schimmer erleuchtete die rissigen Wandschirme. In anderen flackerte in den Küchen zu ebener Erde ein Feuer; der Duft nach Essen, der von ihnen herüberzog, verursachte uns Magenknurren.
    Die Stadt war ursprünglich befestigt gewesen, doch erst vor kurzem durch Gefechte an vielen Stellen zu Schaden gekommen. Brände hatten die Tore und Wachtürme zerstört. Der feine Nebel verwischte die scharf gezackte Silhouette der Zerstörung. Der Fluss, den wir überquert hatten, floss an einer Seite der Stadt vorbei; von einer Brücke war weit und breit nichts zu sehen, doch offenbar hatte hier einst reger Bootsverkehr geherrscht. Die Mehrzahl der Boote schien inzwischen allerdings beschädigt zu sein. Die Brücke, an der Jin-emon seine Zollsperre errichtet hatte, war für die Stadt die Lebensader gewesen, die durch ihn beinahe vollständig abgeklemmt worden war.
    An der Ruine des Haupttores erwartete uns Kahei. Ich entschied, dass er bei den Männern bleiben sollte,

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