Der Glanz des Mondes
während Makoto, Jiro und ich samt einer kleinen Garde in die Stadt ritten.
Kahei wirkte besorgt. »Lass lieber mich gehen, falls es ein Hinterhalt ist«, schlug er vor, aber ich glaubte nicht, dass an diesem Ort, der zur Hälfte aus Ruinen bestand, Gefahren lauerten. Auch hielt ich es für klüger, Arais Statthalter selbst aufzusuchen, als wenn ich auf seine Gunst und Hilfsbereitschaft vertraute. Von Angesicht zu Angesicht würde er es nicht wagen, mir seine Hilfe zu verweigern, möglicherweise aber, wenn ich auch nur im Geringsten den Eindruck erweckte, mich vor ihm zu fürchten.
Wie Kahei gesagt hatte, gab es kein Schloss. Inmitten der Stadt erhob sich jedoch auf einem kleinen Hügel ein großes hölzernes Herrenhaus, dessen Wände und Tore offenbar erst kürzlich ausgebessert worden waren. Das Haus selbst wirkte zwar heruntergekommen, doch relativ unbeschädigt. Als wir uns näherten, wurde das Tor geöffnet und ein Mann mittleren Alters trat heraus, gefolgt von einer Gruppe bewaffneter Männer.
Ich erkannte ihn sofort wieder. Er war an Arais Seite gewesen, als die westliche Armee in Inuyama eingezogen war, und hatte Arai nach Terayama begleitet. Sogar bei unserem letzten Treffen war er mit uns im Raum gewesen. Niwa hieß er, fiel mir nun wieder ein. Waren es nicht seine Söhne gewesen, die Jin-emon getötet hatte? Sein Gesicht war seit damals gealtert und von frischen Kummerfalten gezeichnet.
Ich zügelte den Fuchs und erhob meine Stimme: »Ich bin Otori Takeo, Shigerus Sohn, Enkel des Shigemori und hege keine bösen Absichten gegen Sie und Ihre Leute. Meine Frau, Shirakawa Kaede, und ich ziehen mit unserer Armee in ihre Domäne bei Maruyama, und ich bitte euch darum, uns Verpflegung und Unterkünfte für die Nacht zu gewähren.«
»Ich kann mich gut an Sie erinnern«, sagte er. »Unsere letzte Begegnung liegt eine ganze Weile zurück. Ich bin Niwa Satoru und verwalte dieses Land auf Lord Arais Befehl. Streben Sie ein Bündnis mit ihm an?«
»Das würde ich mit größtem Vergnügen tun«, sagte ich. »Sobald ich die Domäne meiner Frau gesichert habe, werde ich nach Inuyama reisen, um Seiner Lordschaft meine Aufwartung zu machen.«
»Nun, in Ihrem Leben scheint sich so einiges geändert zu haben«, entgegnete er. »Ich denke, ich schulde Ihnen etwas; es geht das Gerücht, dass Sie Jin-emon und seine Banditen getötet haben.«
»Es ist wahr, dass Jin-emon und seine Männer tot sind«, sagte ich. »Wir haben die Köpfe eurer Krieger mitgebracht, damit sie ein anständiges Begräbnis erhalten. Ich wünschte, ich wäre eher gekommen, um Ihnen Ihr Leid ersparen zu können.«
Er nickte, die Lippen zu einem so dünnen Strich zusammengepresst, dass sein Mund schwarz wirkte, aber er erwähnte seine Söhne nicht. »Ihr sollt meine Gäste sein«, sagte er, bemüht, seiner müden Stimme mehr Energie zu verleihen. »Seid herzlich willkommen. Der Saal des Clans steht euren Männern offen. Er wurde zwar beschädigt, aber das Dach ist immer noch intakt. Der Rest kann draußen vor der Stadt lagern. Wir werden euch verpflegen, so gut wir können. Bitte bringen Sie Ihre Frau in mein Haus, meine Dienerinnen werden sich um sie kümmern. Sie und ihre Garde wohnen natürlich ebenfalls bei mir.« Er machte eine Pause und fügte, das Protokoll verlassend, bitter hinzu: »Mir ist bewusst, dass ich euch nur anbiete, was Ihr euch ansonsten nehmen würdet. Lord Arais Anweisung hat bislang immer gelautet, Sie festzusetzen. Doch es ist mir ja nicht einmal gelungen, dieses Gebiet vor einer Bande von Banditen zu schützen. Welche Chance hätte ich da schon gegen eine Armee in der Größenordnung wie der Ihren?«
»Ich danke Ihnen.« Ich entschied, seinen Tonfall zu ignorieren und ihn seinem Kummer zuzuschreiben. Der Mangel an Truppen und Nachschub, die so augenscheinliche militärische Schwäche und die Dreistigkeit der Banditen überraschten mich. Arai schien das Land nur mit Mühe halten zu können; offenbar erforderte die Aufgabe, die letzten Tohan zu bezwingen, alle seine Mittel.
Niwa versorgte uns mit Säcken voll Hirse und Reis, getrocknetem Fisch und Sojabohnenpaste, und alles wurde zusammen mit den Gaben der Bauern an die Männer verteilt. Die Städter hießen unsere Armee willkommen und gaben ihnen aus lauter Dankbarkeit so viel an Essen und Nachtlagern, wie sie entbehren konnten. Zelte wurden errichtet, Feuer entfacht, Pferde gefüttert und getränkt. Ich ritt mit Makoto, Amano und Jiro die Reihen ab, halb erschreckt über
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