Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)

Titel: Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Haran
Vom Netzwerk:
nach, was mit ihrem Mann passiert sein mochte. Was hatte er am Vortag wohl gemacht? Seine Pläne für den Tag ließ er sie meist nicht wissen, also war das gar nicht so einfach herauszufinden. Ihr Blick blieb an der Windmühle haften. Daneben befand sich der Wassertank. Ein entsetzlicher Gedanke kam ihr. War er womöglich in den Tank gefallen?
    Elena rannte den Hügel zur Windmühle hoch. Das aus dem Erdreich mithilfe der Windmühle gepumpte Wasser wurde in dem riesigen Tank aufgefangen, wo es sich abkühlte. Von dort wurde es in die Viehtröge weitergeleitet. Der Tank war am oberen Rand verrostet, und das schon seit einer ganzen Weile. Aldo hatte sich vorgenommen, sich eines Tages darum zu kümmern, aber diese Art von Reparaturen schob er stets vor sich her. Sein erster Gedanke galt dem Vieh und dem Anbau von Futter. Sie überlegte, ob er vielleicht beschlossen hatte, den Tank zu reparieren, und hineingefallen war. Er hatte mal erzählt, er könne schwimmen, aber wie gut, das wusste sie nicht. Schwimmen zu gehen war etwas, das man zum Vergnügen tat, und Aldo verbat sich alles, was nur dem Vergnügen diente. Wenn er stundenlang in dem Tank gelegen hatte und es ihm nicht gelungen war, herauszukommen, wäre er irgendwann vor Erschöpfung ertrunken. Elena betete, dass das nicht passiert war.
    Kurz entschlossen begann sie, die Leiter seitlich am Tank hinaufzuklettern, als ein Tier, das am Fuß der Windmühle stand, ihre Aufmerksamkeit erregte. Ein neugeborenes Kalb konnte es nicht sein, denn im Moment hatten sie keine ganz jungen Kälber. Elena sprang die Sprossen der Leiter wieder hinunter. Jetzt erkannte sie, dass es ein ausgewachsener Dingo war. Es war nichts Ungewöhnliches, dass sich einer dieser Wildhunde auf ihr Grundstück verirrte, aber Aldo mochte die Tiere nicht. Wenn er einen Dingo sah, erschoss er ihn sofort. Dingos fielen immer wieder neugeborene Kälber an oder gruben sich ein Loch unter dem Zaun ins Hühnergehege hinein und rissen die Tiere. In der Regel liefen die Wildhunde weg, wenn sie einen Menschen sahen, doch wenn sie ausgehungert waren, wurden sie wagemutiger. Einmal, als Dominic noch sehr klein gewesen war, hatte Elena einen Dingo aus dem Haus verscheuchen müssen. Er hatte neben der Wiege des Jungen gestanden und ihr eine Heidenangst eingejagt.
    Als der Dingo Elena sah, rannte er weg. Sie schaute an der Windmühle hoch. Ihr fiel auf, dass der Fischschwanz fehlte, aber sie maß dem keine große Bedeutung bei. Sie lief um die Mühle herum, um zu sehen, was den Dingo dort interessiert hatte. Sicher hatte er hier irgendein Tier entdeckt, das er reißen wollte, und sie hatte ihn dabei überrascht.
    Und dann sah sie ihn. Aldo lag verdreht, die Beine seltsam angewinkelt, am Fuß der Windmühle. Sein Kopf war seltsam überstreckt, auf der Wange nahe beim Auge hatte er eine klaffende Wunde, auch seine Hände waren von blutenden Wunden übersät. Ameisen krabbelten über sein Gesicht, seine Arme und Beine. Entsetzt begriff Elena, dass der Dingo Aldo gebissen hatte und die Ameisen von dem Blut angezogen worden waren.
    »Aldo«, schrie sie und legte ihm die Hand auf den Brustkorb. Sie konnte nicht fühlen, ob sein Herz noch schlug, aber sie war sicher, dass Aldo tot war. Er musste von der Windmühlenplattform gestürzt sein, und das konnte er nicht überlebt haben. »Aldo, du darfst nicht tot sein«, schrie sie. Wie sollte sie den Kindern sagen, dass ihr Papà tot war? Wie sollte sie die Farm weiterführen, das Vieh zusammentreiben oder Futterpflanzen anbauen? Wie sollten sie hier draußen allein ohne Aldo leben? Verrückte Gedanken schossen ihr durch den Kopf, als sie sich vorzustellen versuchte, wie es war, ohne Aldo zu leben.
    Elena begann am ganzen Leib zu zittern, und sie wurde überwältigt von Schuldgefühlen. Eine richtige Ehe hatten sie nie geführt, aber so sollte es nun wirklich nicht zu Ende gehen. Hatte er den Sturz womöglich überlebt und war dann gestorben, weil sie nicht zu Hause gewesen war und ihm nicht hatte helfen können? Wie sollte sie mit dieser Schuld weiterleben, mit dem Wissen, dass sie der Grund dafür war, dass er hatte sterben müssen?
    Plötzlich öffnete Aldo die Augen. Er flüsterte etwas auf Italienisch, aber Elena konnte nicht verstehen, was. Prostituta  … hatte er prostituta gesagt? Nein, sie musste sich verhört haben.
    »Du lebst«, rief sie. »Aldo, du lebst! Gott sei Dank.«
    Tränen liefen ihr die Wangen hinunter. Aldo musste unglaubliche Schmerzen haben. Was

Weitere Kostenlose Bücher