Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
sagte.
»Das muss es sein, Lyle. In dem Zustand habe ich ihn nämlich noch nie gesehen«, gab Elena zurück.
Elena beschloss, nicht mit Aldo ins Krankenhaus von Winton zu fliegen. Sie erklärte, sie wolle bleiben und sich vergewissern, dass alles Nötige auf der Farm gemacht wurde, dann werde sie auf eigene Faust in die Stadt kommen.
»Es wird sowieso eine Weile dauern, ehe man Aldo untersucht und behandelt hat, erst dann wissen wir mehr. Im Moment kann niemand außer den Ärzten etwas für ihn tun«, sagte Lyle.
Als das Flugzeug abhob, lief Elena ins Haus zurück.
»Wie beurteilst du seine Verletzungen, Lyle?«, fragte Alison.
»Als sehr ernst«, antwortete Lyle. »Er hat Glück, dass er nach einem Sturz aus so großer Höhe überhaupt noch am Leben ist.«
»Er hat ziemlich seltsam auf dich reagiert. Findest du nicht?« Alison wusste, dass Verletzte normalerweise völlig entgegengesetzt reagierten. Sie sahen in Lyle ihren Retter und waren unendlich dankbar.
»Aldo wird im Delirium sein«, sagte Lyle. »Er hat so viele Stunden furchtbare Schmerzen gehabt.«
»Dein Name schien ihm etwas zu sagen«, meinte Alison.
»Das fand ich auch merkwürdig, aber ich habe ihn vorher nie gesehen«, sagte Lyle. Er fragte sich, ob Aldo womöglich herausgefunden hatte, dass Elena und er ineinander verliebt gewesen waren. »Trotzdem glaube ich, dass das Delirium aus ihm spricht. Vielleicht hat er mich auch bloß mit jemandem verwechselt.«
»Ich hoffe nur, dass diese Millie, die ich gestern nach Barkaroola geflogen habe, ihn nicht so aus der Fassung gebracht hat, dass der Unfall passiert ist«, sagte Alison. »Je mehr ich über ihr Benehmen nachdenke, desto seltsamer kommt es mir vor.«
»Diese Millie?«, fragte Lyle erstaunt.
»Ja, Millie McFadden«, antwortete Alison. »Die Frau, die ich gestern nach dort draußen geflogen habe.«
»Ich weiß, wen du meinst, aber gestern hast du nichts davon gesagt, dass sie Millie heißt«, sagte Lyle.
»Ach, nicht? Aber das ist doch nicht so wichtig, oder?«
»Wahrscheinlich nicht«, meinte Lyle. »Wie sah sie denn aus, Alison?«
»Wieso willst du das wissen?«
»Ich bin neugierig, also sag es mir einfach.«
Alison dachte nach. »Groß war sie nicht gerade, und ein bisschen füllig war sie, und sie hatte lockiges Haar.«
»Rostrot vielleicht?«, fragte Lyle unsicher.
»Ja, ein sehr hübsches Rostrot, und sie hatte einen Akzent ähnlich wie du, ihr stammt wohl beide aus derselben Gegend in Schottland.«
Lyle stockte der Atem. »Erinnerst du dich an ihre Augenfarbe?« Millies Augen waren strahlend blau, die vergaß man nicht so leicht.
»Eine Art Kornblumenblau«, sagte Alison, die über diese Frage verwundert war. »Wieso willst du das wissen? Kennst du sie doch irgendwoher?«
Lyle wurde übel. Eine Weile war er unfähig zu sprechen.
Besorgt sah Alison den Ausdruck auf seinem Gesicht. »Stimmt was nicht, Lyle?« fragte sie.
»Meine Exfrau heißt Millie«, flüsterte er.
»Ja, das sagtest du mal«, meinte Alison, die den Bezug nicht sah.
»Und deine Beschreibung von dieser Millie McFadden passt haargenau auf meine Exfrau, Alison«, fügte er verzweifelt hinzu.
»Millie McFadden … ist deine Exfrau?« Alison war völlig perplex. »Doch wohl nicht, oder?«
»Vor unserer Heirat hieß sie Millie Evans, aber wenn ich jetzt so überlege, fällt mir ein, dass der Mädchenname ihrer Mutter McFadden war.«
»Wieso sollte sie hier unter dem Mädchennamen ihrer Mutter auftreten, und wieso sollte sie Aldo Corradeo besuchen wollen?«, fragte Alison. »Kannte sie ihn?«
»Nein, und ich weiß nicht genau, weshalb sie ihn aufsuchen wollte, aber etwas Gutes kann sie wohl kaum im Sinn gehabt haben. Dass ich nach Australien gegangen bin, habe ich ihr nie gesagt.« Lyle hatte keine Ahnung, was hier passierte. »Ich habe ihr die Scheidungspapiere durch einen Anwalt in London zustellen lassen.«
»Offensichtlich hat sie herausgefunden, wo du dich aufhältst, vielleicht über Verwandte.«
»Meine Familie hat auch keine Ahnung, dass ich hier bin. Ich wollte nicht riskieren, dass Millie herausfindet, wohin ich gegangen bin, also wollte ich es meiner Familie erst sagen, wenn die Scheidung rechtskräftig ist.«
»Aha.« Alison vermutete, dass Lyles Trennung von seiner Frau mit viel Bitterkeit einhergegangen war. Er hatte für seine Vorgehensweise somit wohl gute Gründe. »Ich frage mich, weshalb sie nicht mit dir im Krankenhaus von Cloncurry geredet hat. Und wieso sollte sie lügen, was
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