Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
Frau war, aber als sie den Umschlag umdrehte, sah sie, dass der Absender ein Reverend Flynn in Australien war. Sie war verwirrt.
Millie ging in die Küche und setzte sich. Mit zitternden Händen zog sie den Briefbogen aus dem Umschlag und begann zu lesen.
Sehr geehrter Dr. MacAllister,
mit großer Freude habe ich Ihr Interesse an unserer Organisation Die Fliegenden Ärzte zur Kenntnis genommen. Dieses Interesse sowie Ihre Qualifikation sind genau das, wonach ich suche. Wenn Sie wirklich den Wunsch haben, sich uns anzuschließen, wäre ich hocherfreut, Sie in unserem Hauptquartier in Cloncurry, Queensland, begrüßen zu dürfen.
»Queensland«, sagte Millie laut. »Lyle ist in … Australien.« Sie war verblüfft.
Bitte teilen Sie mir Ihre Pläne per Telegramm mit. Wir besitzen zwei Flugzeuge und bieten unsere Dienste in einem großen Teil von Queensland an, und dafür benötigen wir vier Ärzte. Gegenwärtig arbeiten zwei Ärzte für uns, wobei einer unserer hiesigen in Erwägung zieht, die dritte Stelle einzunehmen. Da Sie sehr interessiert klangen, werde ich die vierte Position für Sie freihalten, bis Sie mich per Telegramm von Ihren Plänen unterrichten.
Hochachtungsvoll
Reverend Flynn
Millie goss sich einen Whisky ein und trank ihn in einem Zug leer. Sie konnte kaum glauben, dass Lyle in Australien war. Sie dachte über die Scheidungsunterlagen nach. Sie waren von einem Anwalt in London. Das ergab jetzt einen Sinn. Lyle hatte sich an einen Juristen in England gewandt, damit sie glaubte, er sei dort. Dabei war er in Australien. Australien! Auf der anderen Seite der Erde! Millie war gekränkt, dass er so weit hatte weggehen können. Hasste er sie denn so sehr? Sie hatte das Gefühl, als würde ihr ein weiteres Mal das Herz aus dem Leib gerissen. Sie liebte Lyle immer noch. Sie wollte, dass er einen Platz in ihrem Leben behielt. Noch nie hatte sie eine derartige Leere in sich gespürt.
Millie weinte die ganze Nacht. Mit verquollenen Augen und völlig übernächtigt stand sie am nächsten Morgen auf und fasste einen Entschluss. Sie zog sich rasch an und stattete ihrer Mutter einen Besuch ab.
»Millie, du siehst ja furchtbar aus«, sagte Bonnie und kochte ihrer Tochter erst einmal eine Tasse süßen schwarzen Tee.
»So fühle ich mich auch«, antwortete Millie.
»Ich habe über alles nachgedacht, und ich bin sicher, dass Lyle wieder vernünftig wird und nach Hause kommt. Dieses ganze Gerede von Scheidung …«, begann Bonnie.
Millie unterbrach sie. »Mom, er kommt nicht mehr zurück.«
»Das kannst du doch nicht wissen, Schätzchen«, sagte Bonnie besänftigend. Sie wollte einfach nur, dass sich Millie wieder besser fühlte.
»Lyle ist in Australien. Australien ist zwölftausend Meilen von hier entfernt. So weit ist er gereist, um von mir wegzukommen.«
»Australien!« Bonnie war total verblüfft. »Woher um alles in der Welt weißt du denn, dass Lyle in Australien ist, Herzchen? Hast du einen Brief von ihm bekommen?«
»Nein, hab ich nicht. Ich habe zu Hause einen Brief gefunden, den er versteckt hatte.«
Bonnie holte hörbar Luft. »Hat Lyle eine … eine andere Frau?« Sie konnte sich nicht vorstellen, was sonst ihren Schwiegersohn zu solch einem drastischen Schritt bewogen hätte.
»Nein. Der Brief stammt von einem Reverend. Er hat Lyle als Fliegenden Arzt eingestellt. Gott allein weiß, was genau das ist. Ich nehme an, er fliegt zu Farmen und entlegenen Städten raus. Ich weiß nur, dass mein Mann da unten ist. Und ich bezweifle, dass er je wieder zurückkommt.« Erneut rannen Millie Tränen die Wangen hinunter. »Ich liebe ihn immer noch, Mom. Ich will meinen Mann zurück.«
Bonnie wusste nicht, was sie sagen sollte. Wie konnte sie ihre Tochter nur trösten? »Weißt du, Millie«, sagte sie schließlich, nachdem die beiden Frauen eine ganze Weile schweigend und nachdenklich dagesessen hatten, »ich glaube nicht, dass du Lyle ans andere Ende der Welt getrieben hast. Ich weiß, du hast Jamie mehr geliebt als dein Leben, aber Lyle hat ihn ebenfalls über alles geliebt. Ich kenne keinen Mann, der so vernarrt in seinen Sohn ist, wie Lyle es war.« Millie nickte zustimmend. »Und Lyle stand seinem Vater so schrecklich nahe. Ihn zu verlieren, so kurz nach Jamies Tod, war mehr, als der Arme ertragen konnte. Wahrscheinlich will er vor den Erinnerungen in Dumfries weglaufen.«
»Und vor mir«, schniefte Millie. »Er ist einfach nicht darüber hinweggekommen, dass ich mich mit einem anderen Mann
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