Der Glanz des Südsterns: Roman (German Edition)
getroffen habe. Aber schließlich hat er mich doch zu dem anderen hingetrieben. Er hat mich zurückgewiesen, als ich ihn am meisten gebraucht habe.«
»Und das tut ihm wahrscheinlich auch leid, Millie. Aber er wird glauben, dass du jetzt in Frankie Smithson verliebt und wieder glücklich bist. Wenn du dich nicht einem anderen Mann zugewandt hättest, wer weiß, vielleicht hättet ihr eure Beziehung retten können. Und wenn er dann wirklich vorgehabt hätte, Dumfries den Rücken zu kehren und nach Australien zu gehen, hätte er dich vielleicht gefragt, ob du mit ihm gehen willst.« Millie sah ihre Mutter an, als sei ihr dieser Gedanke nie in den Sinn gekommen. »Ich meine ja bloß, dass du dir nicht allzu sehr die Schuld an Lyles Verhalten geben sollst. Du kannst nicht rückgängig machen, was geschehen ist, aber du kannst wieder nach vorn schauen und dir ein neues Leben aufbauen.«
»Ich will aber kein Leben ohne Lyle, Mom. Wenn das stimmt, was du sagst, muss ich ihm zeigen, dass ich ihn immer noch liebe.«
Bonnie riss ungläubig die Augen auf. »Wie willst du das denn anstellen, wenn er zwölftausend Meilen weit weg ist?«
»Ich kann nach Australien fahren. Ich weiß, es wird ein Schock für ihn, wenn er mich sieht. Aber schließlich muss er doch wissen, dass ich ihn immer noch liebe, oder?«
Genau in diesem Augenblick trat Jock ins Zimmer. »Millie«, rief er.
Er sah gleich, dass seine Tochter geweint hatte, und er betete, es möge bedeuten, dass sie mit Frankie Smithson Schluss gemacht hatte. Den Mann hatte er von Anfang an nicht leiden können, in seinen Augen war jeder Mann, der etwas mit einer verheirateten Frau anfing, Abschaum.
»Ich fahre nach Australien, Dad«, platzte es aus Millie heraus.
Verständnislos sah Jock sie an, dann schaute er zu seiner Frau. »Hat unsere Kleine völlig den Verstand verloren?«
»Lyle ist dort, Dad«, erklärte Millie entschieden und stand auf. »Ich fahre nach Australien, weil ich zu ihm will.«
Sie stürmte zur Hintertür hinaus, sie wollte nach Hause und gleich mit dem Packen anfangen. Plötzlich konnte es ihr nicht schnell genug gehen.
Jock setzte sich Bonnie gegenüber an den Tisch. »Du wirst mir einiges erklären müssen«, sagte er.
20
»Da sind Sie ja, Dr. MacAllister. Gerade wollte ich mich danach erkundigen, wo Sie stecken«, sagte Reverend Flynn.
Er kam aus dem Funkraum des Büros der Fliegenden Ärzte und stieß mit Lyle auf dem engen Flur zusammen.
Das Gebäude, in dem sich das Büro befand, war ein umgebautes Haus am Stadtrand von Cloncurry. Daneben lag ein Hangar, der groß genug für zwei kleine Flugzeuge war.
»Ich war im Krankenhaus«, sagte Lyle.
»Das war auch die Auskunft, die man mir gegeben hat«, sagte Flynn mit besorgtem Blick.
Lyle hatte seine Patienten im städtischen Krankenhaus von Cloncurry besucht. Einige lagen ihm besonders am Herzen. Die kleine Gail hatte dazugehört. Ihr ging es glücklicherweise wieder gut. Sie und ihre Mutter waren längst auf ihre abgelegene Farm zurückgeflogen worden.
»Mrs. Webster und ihrem Baby geht es ausgezeichnet. Dem kleinen Joshua geht es sogar ganz besonders gut, bedenkt man, dass er auf dem Küchenfußboden zur Welt kam.«
Joshua war Carol Websters erstes Kind, und so hatte niemand damit gerechnet, dass seine Ankunft auf dieser Welt gerade einmal dreißig Minuten dauern würde. Lyle und Alison waren so schnell sie konnten zur Wilma Glenn Farm geflogen, als sie von Carol angefunkt wurden, aber zehn Minuten nach der Niederkunft erst eingetroffen. Carol lag mit dem Baby im Arm in ihrem Bett. Sie hatte einen Schock erlitten.
Über den Funkraum hatte Agnes Montgomery die Aufsicht, die früher für das australische Rote Kreuz gearbeitet hatte. Agnes hatte eine außergewöhnliche Liebesgeschichte, die sie immer wieder gern erzählte. Während ihrer Dienstzeit beim Roten Kreuz hatte sie einen Transportservice ins Leben gerufen, mit dessen Hilfe sie Soldaten per Motorrad mit Seitenwagen von Hospitalschiffen an ihre Heimatorte oder in Rehabilitationseinrichtungen brachte. Bei einer dieser Touren hatte sie die Liebe ihres Lebens kennengelernt. Eines Tages war ihr Auftrag, im Hafen von Townsville William Montgomery, oder Monty, wie sie ihn zärtlich nannte, abzuholen und ihn nach Hause auf die Zuckerrohrfarm seiner Familie zu fahren. Auf der Fahrt musste sie einem Hund ausweichen, der ein Kaninchen jagte. Sie landete mit Motorrad und Seitenwagen in einem Graben und brach sich das Handgelenk. Monty
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