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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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Nahrungsreserven, den Rindern, Schweinen und Milchkühen, die sie nach Süden und Westen trieben.
    Und dann waren da die einsamen Fuhrleute mit ihrer Fracht von Toten und Verkrüppelten. Er fragte sich, ob das dieselben Männer waren, die er von seinem Aussichtspunkt über dem Twelve Mile Creek in der Ferne gesehen hatte, alte Männer mit primitiven Karren und ausgemergelten Pferden, welche die Kriegsopfer nach Hause brachten, um gleich wieder umzukehren und eine weitere Fuhre von Verwundeten und Verkrüppelten aufzuladen. Manchmal transportierten sie auch eine Kiste oder ein in Tücher gewickeltes Paket von den Ausmaßen eines Menschen. Einige der Männer winkten ihm zu, andere starrten ihn nur an wie einen Sonderling, der zufällig ins Land der Arm- und Beinlosen geraten war. Vielleicht waren diese Fuhrleute nur eine auserwählte Gruppe, deren Schicksal und Aufgabe darin bestand, die gebrochenen Opfer einer zerbrochenen Welt zu befördern. Vor zwei Tagen war er einem schwarzen Kutschwagen mit gläsernen Wänden begegnet, der von zwei gleichen Pferden gezogen wurde. Doch es war nichts anderes, der alte Mann auf dem Trittbrett, der Zügel und Peitsche in der Hand hielt, die Kiste hinter den Glasscheiben, es war trotzdem das gleiche.
    Auf den Straßen und Nebenwegen waren noch andere Reisende, und anfangs verstand er nicht ganz, wer diese seltsamen Gruppen von Männern und Frauen waren, aber sie gingen ihm nicht mehr aus dem Kopf. Er hatte schon oft Schwarze in schlichter karierter Kleidung hinter Pferden hergehen sehen, auf denen Weiße ritten, und es erschien ihm auch nicht weiter ungewöhnlich, wenn h in und wieder ein Schwarzer zu Pferd saß. Aber noch nie hatte er einen Schwarzen mit einem Riemengurt um den Hals gesehen, der an einer Kette die Straße entlanggezogen wurde. Sein erster Gedanke war, daß es ein Verbrecher sein mußte, doch dann merkte er, daß das nicht stimmen konnte.
    Diese Begegnungen waren immer häufiger geworden. Ihm war nicht klar, woran das Pferd spürte, daß da etwas Seltsames von Norden kam, aber es blieb stehen, hob den Kopf und richtete die Ohren nach vorn. Als er ihm mit dem linken Oberschenkel Druck gab und mit der Zunge schnalzte, trat der Hengst zur Seite in den Schatten eines Baums und wartete. Robey wollte sich gar nicht verstecken, er wollte nur von der eigenartigen Karawane nicht unbedingt gesehen werden, die jetzt geräuschlos auf sie zukam, kein klimperndes Pferdegeschirr oder klapperndes Zaumzeug, kein Husten und keine schweren Schritte oder trommelnden Hufe. Da war kein Stimmengewirr, keine quietschenden Radachsen, und es war auch kein lautlos sich nähernder einsamer Reiter, den er mittlerweile aus einem Winkel seines Gehirns automatisch wahrnahm. Da war kein Geräusch oder Gefühl, das er benennen konnte, nur ein gespenstischer Eindruck. Es war merkwürdig, als käme hier etwas Widernatürliches – wie eine Theatertruppe, erstarrt in Schweigen, die der Hölle entkommen war, scheinbar statisch, aber aufgeladen und dem Verbrennen nah.
    Die Vorhut, die in Sicht kam, bestand aus den rauh b einigsten Männern, die er je getroffen hatte, auf aller Herren Pferde mit allem möglichen an Sattelzeug. Es gab ausgemergelte Klepper mit Zaumzeug ohne Trense neben Warmblütern, die Kopfstücke mit Scheuklappen und Zaumzeug mit zwei Paar Zügeln trugen. Daneben wilde und knochige Pferde, die an kurzen Zügeln gehalten wurden und genaugenommen nicht gingen, sondern seitwärts trudelten, über den Boden tänzelten wie Insekten. Einige der Männer trugen kein Hemd und ritten ohne Sattel und Satteldecke. Sie hatten sich die Gesichter bemalt und das lange Haar mit Lederriemen zusammengebunden. Er wunderte sich über diese Eitelkeit der Männer. Einige von ihnen hatten sich einen Federbusch an den Schlapphut gesteckt und trugen rote, orientalische Halstücher. Andere hatten Muschelschnüre um den Hals und den rasierten Schädel blau und zinnoberrot geschminkt. Er sah auch einen Schwarzen mit tätowiertem Gesicht und Zylinder, den silbernen Kolben einer kurzläufigen Muskete auf dem Oberschenkel.
    Ihnen folgten entlaufene Sklaven, die, in Gruppen zusammengetrieben, zurück nach Süden geführt wurden. Als die Ketten nicht mehr ausreichten, hatte man ihnen Joche aus Astgabeln aufgelegt und sie aneinandergebun d en. Diese staubige, schweigende Prozession bot einen bizarren Anblick. Ihre Kleidung bestand meist aus Flanelloder Kattunflicken, Drillich oder zerschnittenen Decken, die zu Kitteln und

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