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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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bestünde zwischen ihnen eine alte Feindschaft. Der Mann kramte in einem Rupfensack, zog eine grüne Flasche hervor und hielt sie vor das Feuer, um ihren Inhalt abzumessen. Dann zog er den Korken heraus und nahm einen Schluck. Im Feuerschein konnte Robey sein spärliches weißes Haar, den kraftvollen Nacken, die weißen Koteletten und die schwarze Livree erkennen. Sein eines Bein schien ihm Probleme zu bereiten, denn er kratzte in e inem fort daran und klatschte dagegen. Nach einem zweiten Schluck aus der Flasche mußte er noch einmal husten und schien dann zufrieden.
    »Hol sie doch selbst«, sagte das Mädchen und rührte sich nicht von dem Feuer, das sie gerade entfachte.
    »Wenn ich sie holen muß, geht ’ s dir schlecht«, drohte er.
    »Sind sowieso leer«, meinte das Mädchen, und die Frau berührte stöhnend ihren aufgequollenen Bauch.
    »Werd mir bloß nicht frech«, knurrte der Mann, ging quer durch den Raum auf sie zu und versetzte ihr einen heftigen Schlag, nach dem sie zu Boden ging. Robey zuckte zusammen.
    »Sie ist bald soweit«, sagte das Mädchen, das auf dem Boden kauerte.
    »Noch lange nicht«, meinte der Mann und nahm einen weiteren Schluck. »Ich sag schon, wenn sie soweit ist.«
    Robey drückte sich dichter an die Giebelmauer, während er verfolgte, was sich unter ihm abspielte. Er ließ die Hand vorsichtig zum Gürtel gleiten, an die Pistole, deren langer Lauf bis zum Oberschenkel hinabreichte. Ihr Griff war glatt, und die Kammern waren erst vor kurzem gefüllt worden. Auf ihn würde keiner mehr schießen. Dessen war er sich sicher.
    »Wir werden Frost kriegen heute nacht«, sagte der Mann, und nach einem Blick durch den leeren Raum: »Wohin die Leute wohl verschwunden sind? Sie können noch nicht lange weg sein.«
    »Wahrscheinlich sind sie abgehauen, als sie uns gehört haben«, sagte das Mädchen mißmutig. »Wir werden k einen Frost kriegen«, fügte sie an, als wäre das nur eine neue Schnapsidee von ihm.
    »Hilf mir die Stiefel ausziehen«, sagte der Mann und setzte sich auf die Bank. »Oder du kriegst noch eins drauf.«
    Das Mädchen stand auf und ging langsam auf ihn zu, zog ihm die Stiefel von den Füßen und ließ sie zu Boden fallen. Der Mann lief in Strümpfen durchs Zimmer und kratzte sich wiederholt am Bein. Er befahl dem Mädchen, alles aufzusammeln, was sie als Brennholz verwenden konnten, damit sie in dieser kalten Frühlingsnacht nicht erfrieren mußten.
    »Es friert nicht«, sagte sie, als sie eine zweite Holzkiste fand. Sie betrachtete diese einen Moment lang und stellte sie dann, ohne sie zu öffnen, sachte ins Feuer. Dann sah sie die Kuckucksuhr und legte auch die in die flackernden Flammen.
    »Die da auch«, sagte der Mann und deutete auf die Bank. »Die ist aus Holz. Brennt gut.«
    Das Mädchen kippte die Bank um und trat dagegen, bis sich die Verzapfung lockerte und die Bank auseinanderfiel. Währenddessen stand der Mann mitten im Raum, trank aus der grünen Flasche und vergnügte sich damit, den Ruf von Nachtvögeln nachzuahmen. Dazu mußte er die Flasche in die Tasche stecken, um mit verschränkten Fingern in die hohle Hand blasen zu können. Er wartete, doch es kam keine Antwort auf seine dürftigen Imitationen.
    Als ihn das langweilte, hob er eine Latte auf und schlug damit gegen den Kronleuchter, machte sich einen Spaß daraus, auch die winzigsten Glasprismen zu zerbrechen. Er blieb neben dem Mädchen stehen, das vor dem Kamin k niete und die Bank Teil für Teil ins Feuer warf. Er hob eine Locke von ihrem Nacken und flüsterte ihr etwas ins Ohr, woraufhin sie erstarrte.
    »Du dreckiger Hund«, sagte sie, schwang herum und schlug ihm mit dem Schürhaken auf den Kopf. Er schrie auf und rannte, die Hände an den Kopf gepreßt, aus dem Haus.
    »Was ist los?« rief die Frau und ruderte mit den Armen durch die Luft. »Was passiert hier?«
    »Ach, nur ein dreckiger Hund«, sagte das Mädchen voller Abscheu. »Du mußt nicht immer gleich durchdrehen.«
    »Ein Hund?« rief die Frau. »Was für ein Hund? Wie kommt ein Hund hier rein? Ich hasse Hunde.«
    Im Schutz der Giebelwand sah Robey , wie der Mann durch den dunklen Hof schlich. Er ging in die Richtung, wo Robey sein Pferd angeleint hatte, blieb aber ein ganzes Stück davor stehen. Er hantierte an der Pumpe, und als der Griff in seiner Hand abbrach, trat er fest dagegen und geriet darüber ins Schwanken.
    Das Mädchen versuchte währenddessen, es der blinden Frau am Feuer bequem zu machen. Die Blinde fragte immer noch

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