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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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hielt die Hand an das samtweiche Maul und sagte dem Tier, daß es keine Angst haben müsse. Erst jetzt spürte er, wie sein Knöchel im Schuh pochte, und er stieß einen leisen Fluch aus.
    Das Pferd hob den Kopf und ließ ihn wieder ins Gleisbett sinken, wo sein feuchter Atem Sand und Schmutz aufwirbelte. Robey sagte ihm, daß es ein gutes Pferd war, ein treues und edles Tier, und daß er das auch dem Glanzrappen erzählen würde, wenn er ihn wiederfand, und wenn er nach Hause kam auch den anderen Tieren, und dann fühlte er sich wie ein Idiot, Tränen quollen ihm aus den Augen, Wut stieg in seiner Brust hoch, und die Augen begannen zu brennen.
    Er stand auf und entschuldigte sich in aller Form bei dem Braunen, bat ihn um Verzeihung für seine kindischen Gedanken und Taten. Er bat ihn, ihm seine momentane Schwäche nachzusehen, schließlich waren sie gut miteinander ausgekommen, seit er ihn gestohlen hatte, und dann sammelte er sich und zog die Pistole aus dem Gürtel. Er setzte die Waffe hinter dem Ohr des Tiers an und betätigte, ohne zu zögern, den Abzug.
    Jetzt hätte er sich gern ausgeruht, denn er war schrecklich müde und hatte Schmerzen, doch er schulterte lustlos seine Sachen, packte das Zaumzeug und stapfte los, lief den ganzen heißen Tag zu Fuß weiter durch das dünnbesiedelte Land. Der verstauchte Knöchel schmerzte stark, und bald war Robey von Straßenstaub bedeckt und hatte Blasen an den Füßen.
    Er folgte weiter dem Bahngleis, bis der Abend ein bläuliches Zwielicht über das Land legte und er in der Ferne die Spitze eines Kirchturms und dann die schwachen Lichter einer Stadt entdeckte. Er kletterte eine grasbewachsene Böschung hoch und traf auf einen Bohlenweg, der parallel zu den Gleisen verlief. Die Stadt, jetzt in Reichweite, schimmerte ihm unter der Decke der Nacht trübe entgegen. Er ging auf dem Bohlenweg weiter, und nach einer Weile löste sich an einem Schuh die Sohle ein Stück und schlappte bei jedem Schritt. Irgendwie spürte er, daß er einen wichtigen Ort erreichen würde, egal wie düster die Aussichten waren. Er spürte es in der Luft, auf der Haut und auch in seinem Kopf, der sich langsam erholte. Er wußte, daß er ein neues Pferd brauchte.
    Weiter hinten drängten sich sanfte Hügel, die in steile Berge übergingen, mit grünen Inseln von Weideland dazwischen. In der Luft hing die feuchte Kühle eines flachen Flusses, und in der Ferne, zwischen den grünen Inseln und den Bergen, war ein dunkler Waldstreifen zu sehen. Hier wurde das Land von wohlhabenden Bauern bestellt, und die Farmen bestanden aus niedrigen roten oder grauen Steingebäuden. Quer zum Weg verliefen Kalkadern, die sich zu Knoten verdickten, und er sah dünne Spalten, aus denen das Wasser artesischer Quellen an die Erdoberfläche sickerte. Er dachte, wie leicht es doch sein mußte, diesen fruchtbaren Boden zu bearbeiten. Ein warmer Regen hatte eingesetzt und fiel auf das trockene Land, und dann filterte er aus dem Dunkel den harten Klang rhythmischer Hufschläge, die sich auf dem Bohlenweg näherten.
    Er verließ den Weg und lief auf dem weichen Boden am Rand weiter, stolperte über tiefe Furchen und gelangte dann durch ein Brombeerdickicht in den Halbschatten eines kleinen grauen Hauses. Zwei dunkle Reiter fegten durch die Dämmerung, dann kam die Kavallerie, immer zwei Reiter, dicht an ihm vorbei, und dann wurden die Holzbohlen von schweren eisenbereiften Rädern erschüttert, und eine Kutsche mit einem Gespann schweißnaßer Pferde kam angerumpelt.
    Es war eine offene Kutsche mit Vierergespann, die Sitzbänke quer von Tür zu Tür, auf denen neun Männer in blauen Uniformen saßen, und dahinter folgte eine weitere Kutsche und dann noch zehn. Sofort zog er seine Jacke aus und kehrte die blaue Seite nach außen. Planwagen schlossen sich den Kutschen an, noch mehr Kavallerie und eine Batterie berittene Artillerie. Er kletterte die steile, von Kiefern verdunkelte felsige Böschung weiter hinauf.
    Dort nahm er den Geruch von Rauch wahr, und ganz oben angekommen sah er vor sich die Stadt liegen, mit einem Fluß, der eine weite Schleife zog und zweimal von Eisenbahngleisen überquert wurde, die Robey im ersten Schleier der Nacht entgegenschimmerten. Er sah Lokomotivschuppen, Wassertürme und Kohlebansen. Unbefestigte Landstraßen, die sich auf die Stadt zuschlängelten und dann in schnurgerade Bohlenwege mündeten. Aus allen Richtungen strebten Kutschen und Soldaten in die Stadt, gespenstische schwarze Schemen vor dem

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