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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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jeder andere«, sagte der zweite Soldat. Dann klappte er sein Taschenmesser auf und schlitzte Robey s Taschen auf.
    »Er hat nichts«, meinte der erste Soldat voller Ungeduld, endlich abgelöst zu werden, der Verantwortung für den Gefangenen längst überdrüssig.
    Sie beschlossen, daß er vielleicht doch nicht so etwas Besonderes war, wie sie gedacht hatten, aber die Jacke war verdächtig, und bewaffnet war er auch, deshalb sollte er dem Major vorgeführt werden. Der zweite Soldat befahl Robey , die Hände auf den Rücken zu legen, band ihm dann mit einer Schnur die Handgelenke zusammen und verdrillte sie mit einem Holzstöckchen fester. Der erste Soldat deutete nun mit dem Bajonett hinunter zur Stadt, wo Fackeln brannten und die Straßen hell erleuchtet und von Wagen gesäumt waren.
    Bergab zu gehen war eine Qual mit dem geschwollenen Fußgelenk, das er jetzt wieder bewegen mußte. Er stolperte über Grasbüschel, und der Soldat, der mitging, stieß ihn erst und half ihm dann wieder, als könnte er sich nicht recht entscheiden, wie er ihn behandeln sollte.
    Schließlich erreichten sie die Stadt, und als sie durch die engen Straßen gingen, wurden Vorhänge zurückgezogen, und aus den kleinen Rechtecken der Sprossenfenster drang mattes gelbes Licht. Überall sah man Soldaten und Wagen, die abgestellt waren, um die Seitenwege und Gassen zu blockieren. Auch an den Kreuzungen waren Soldaten postiert. Sie gingen auf und ab, redeten miteinander oder hockten am Boden, zum Schutz vor dem Regen in Ölzeug gehüllt.
    Stallburschen und Rollkutscher saßen inmitten des Durcheinanders von Handwagen und umgekippten Karren, deren Deichseln hoch in die Luft ragten. Sie aßen Kekse mit Käse und kratzten Sardinendosen mit den Fingern aus, die sie dann sauber leckten, um sich eine Zigarette anzuzünden. Ein stattliches Mastschwein, dessen Blut aus der durchgeschnittenen Kehle aufs Pflaster strömte , wurde mit einer Axt zu Fall gebracht und mitten auf der Straße geschlachtet, und ein Dutzend Messer wühlten in seinem Fleisch. Soldaten stocherten auf der Suche nach Silbergeschirr, Goldmünzen und Schmuck mit ihren Bajonetten in Gemüsegärten herum. Viele von ihnen unterhielten sich in Sprachen, die er noch nie gehört hatte, und keiner schien sich an dem tobenden Chaos zu stören. Heute nacht war es diese Stadt, vor ein paar Tagen war es eine andere gewesen und bald würde wieder eine andere drankommen, und immer war es dasselbe.
    In einem Garten sah er im unheimlichen Licht einer Öllampe Soldaten, die geknebelt waren und mit den Handgelenken an einen Ast gefesselt.
    »Trunkenbolde«, erklärte ihm der Soldat, ohne daß er ihn gefragt hätte.
    Ein Schrei aus einer Gasse ließ sie stoppen, und als sie in die Richtung schauten, sahen sie, wie eine Horde Soldaten einem Dienstmädchen die Röcke hob, um nachzuschauen, ob sie Schmuck oder Geld ihrer Herrin darunter versteckt hatte. Als sie nichts fanden, ließen sie sie trotzdem nicht in Ruhe, sondern begannen mit ihren Klappmessern die Rockfalten aufzuschlitzen.
    »Das ist noch nichts für dich«, sagte der Soldat und schob ihn weiter.
    Ständig kamen neue Kavalleristen an, sattelten ihre schweißnassen Pferde ab, rammten ihre Bajonette in den Boden und banden die Pferde daran fest. Der Soldat ließ ihn anhalten, drückte ihm sein Gewehr in die Hand und stützte sich auf seine Schulter, um sich ein paar Steinchen aus dem Schuh zu holen. Neben ihnen flog ein Fensterladen auf, und eine Frau streckte den Kopf heraus, füllte m it ihrem langen Haar die Fensteröffnung aus. An der hölzernen Treppe am Seiteneingang des Hauses drängten sich Soldaten. Vor der geschlossenen Tür saß ein Wachposten, der sich damit vergnügte, seinen Hut in die Luft zu werfen und wieder aufzufangen. Ein Soldat meinte lachend zu einem anderen, nach dieser Nacht werde es in der Stadt wohl keine alten Jungfern mehr geben. Straßenhändler gingen zwischen den Soldaten umher o der standen vor den Haustüren Schlange und boten den Frauen Schreibpapier, Nähzeug, Süßigkeiten und Tabak an. Pulks von Fuhrleuten liefen unruhig auf und ab und vertrieben sich das lange Warten mit Rauchen, und die Zugpferde warteten ebenfalls unruhig im Geschirr. Vor ihnen zischten Laternen, die ihren Lichtkegel in den kalten Nieselregen warfen, auf Stapel von Holz und Fässer mit Nägeln und Hufeisen. Säcke voll Hafer, Kartoffeln und Mehl waren bereits auf die Wagen verladen. In Lattenkisten drängten sich Enten, Hühner und Puten

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