Der Glanzrappe
bist, von mir unterzeichnet«, sagte der Major.
»So einen Brief hatte ich schon mal«, meinte Robev, »und er hat mir nicht viel genützt.«
»Mehr kann ich leider nicht für dich tun«, meinte der Major, und auf seinen Wink trat der junge Offizier mit der Dokumentenmappe näher, öffnete sie und zog ein weißes Blatt Papier, einen Federhalter und ein Tintenfäßchen heraus. Dann hielt er dem Major die Mappe als Schreibunterlage hin, und der tauchte den Federhalter ein und legte in schwungvoller Handschrift Robey s Angelegenheiten und sein Verhältnis zu dem Glanzrappen dar. Gelegentlich quoll zuviel Tinte aus der Feder. Dann fluchte er leise und hob die Hände, damit ein Helfer Löschpapier auf das Blatt drückte.
»Nur noch einen Moment, mein Sohn«, sagte der Major, den Blick beim Schreiben auf die Ledermappe gerichtet. »Du kannst dich bald wieder auf den Weg machen.«
Während sie noch immer am Feuer saßen, führte die Dame des Hauses einen Mann und eine Frau herein. Sie sagte, draußen habe heftiger Regen eingesetzt und das Kaminzimmer sei voll, ob der Major denn damit einverstanden wäre, diesen Raum mit den Neuankömmlingen zu teilen, und er stimmte zu.
»Braucht mein Hühnchen noch lange?« fragte er und schrieb weiter.
»Bei dem Wetter zieht der Herd nicht richtig«, erklärte die Dame, da sei das Feuer ganz unberechenbar, aber es war klar, daß sie sein Abendessen völlig vergessen hatte.
Sie ließ den Mann und die Frau an der Tür Platz nehmen, wo sie traurig und schweigsam verharrten. Die Beine des Mannes waren bloß, und er trug ein großes Bündel auf dem Rücken. Die Frau hielt ein Kind von einem Jahr in eine Decke gewickelt, und die Kleine schien den Major milde zu stimmen. Er war wohl selbst ein liebevoller Vater, und Robey konnte nur vermuten, daß er seine Kinder schon lange nicht mehr gesehen hatte.
Das Baby lag still und friedlich in den Armen der Frau, die in einem fort leise auf es einredete und immer wieder seinen Namen nannte. Beide waren naß, und sie froren, und hungrig sahen sie auch aus. Der Major ließ einen Krug heißen Apfelwein kommen und fing eine Unterhaltung mit ihnen an. Dabei schrieb er weiter an dem Brief für Robey .
Der Mann stand sofort auf, als ihn der Major ansprach. Er erzählte, daß er von Beruf Weber sei und seine Frau die Urenkelin von Reverend Lamb, dem früheren Pfarrer von Baskenridge. Ihr Haus war abgebrannt, und sie waren unterwegs nach Westen, um den Kämpfen zu entgehen.
»Ihr habt einen langen Weg hinter euch«, meinte der Major.
»Ja, Sir.«
»Und eure Tochter heißt Emily?« fragte der Major mit einem Blick auf die Uhr, die er nun wieder in der Hand hielt, während der junge Offizier den Geleitbrief für Robey zusammenfaltete und in einen Umschlag steckte.
»Jawohl, Sir«, antwortete der Weber.
»Ein schöner Name«, sagte der Major. »Ich habe auch eine Emily.«
»Gott segne sie«, sagte die Frau.
»Der Satan interessiert sich ja vor allem für die Frauen«, meinte der Major mit einem übertriebenen Augenzwinkern.
Dann zog er seine Geldbörse hervor, gab der Frau einen Silberdollar und sagte, der sei für die Kleine, was die Eltern mit großer Dankbarkeit erfüllte. Er rief das Hausmädchen und ordnete an, ihnen Kaffee, Brot, Butter und Honig zu bringen, falls etwas davon da sei. Dann ging er quer durchs Zimmer und zog die Vorhänge zurück, kniete sich mit einem Bein aufs Fensterbrett und schaute hinaus auf die Straße.
»Warum kämpfst du nicht als Soldat für dein Land?« fragte er den Weber, den Blick noch immer nach draußen gerichtet.
»Sie wollen mich nicht.«
»Warum nicht?«
»Ich hab ein schwarzes Herz.«
»Um Gottes willen«, murmelte ein Wachposten und ließ den Gewehrkolben auf den Boden knallen.
»Woran merkt man, daß jemand ein schwarzes Herz hat?« fragte der Major ohne großes Interesse, und als Antwort ertönte das klagende Pfeifen eines näher kommenden Zuges.
»Er ist nicht ganz richtig im Kopf«, sagte die Frau mit Panik in der Stimme.
Dann ertönte ein weiteres langes Pfeifen und das laute Zischen von Abdampf. Die Männer im Raum erwachten plötzlich zu neuem Leben. Gleich darauf hallte das Echo von den umgebenden Hügeln wider, und als wäre ein Vulkan ausgebrochen, zogen dicke Rußwolken durch die Nacht, während der Zug schwungvoll die letzte Steigung nahm und in die Stadt einfuhr.
Im selben Augenblick flog die Eingangstür auf, und ein Soldat rief in den langen Flur: »Der Zug kommt! «
D onnernder
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