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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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ging sofort zurück zu seinem Vater, mit dem er seit der letzten Nacht nicht mehr gesprochen hatte.
     
    »ÜBERALL HIER«, sagte er stirnrunzelnd zu seinem Vater, »sind Neger, die die Offiziere begraben.«
    »Sie sind mit ihnen in den Krieg gezogen«, sagte der Vater.
    »Fast alle weinen. Manche sind alt, manche jung, aber alle vergießen Tränen.«
    Robey hielt seinem Vater die Feldflasche an die Lippen, und das Wasser rann ihm in den offenen Mund, bis er fast erstickt wäre und es ihm aus Augen und Nase wieder herauslief. Er unterdrückte den Hustenanfall, und sein ganzer Körper verkrampfte sich, doch dann fing er sich wieder. Robey wischte ihm die Schweißperlen von Gesicht und Hals und die Tränen aus den Augenwinkeln und gab ihm noch einmal zu trinken.
    »Und wer weint am meisten?« fragte der Vater.
    »Ich würde sagen, es hält sich die Waage.«
    »Es ist schlimm, wenn einer stirbt, den man liebt. Sie waren wie Brüder für die Männer, die dafür gestorben sind, daß sie weiter Sklaven bleiben. Wie kann man so was verstehen?«
    »Ich hab einen gefragt: Wo willst du denn hin, wenn du in diese Richtung gehst? Er ist nach Süden gegangen, obwohl er genausogut hätte nach Norden gehen können.«
    »Und was hat er geantwortet?«
    »Er hat gesagt, er muß zurück dahin, wo er lebt, wo sein Zuhause ist. Ich hab gefragt, warum, und er hat gesagt, ich muß ihnen sagen, was hier passiert ist. Ich muß es seiner Mutter sagen. Da hab ich ihm etwas Brot gegeben, und er hat gesagt, er heißt Moses. Er schien ein guter Kerl zu sein.«
    »Er war ein Sklave.«
    »Er hat gesagt, er war der Sklave eines Hauptmanns, der tödlich verwundet wurde und noch nicht mal zweiundzwanzig war. Er hat ihn dahinten unter einem Apfelbaum begraben. Er hat gesagt, nach dem Krieg kommt er wieder und holt ihn heim. Ich hab gefragt, warum er das tun will.«
    »Und was hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt, seine Mutter wird es wollen.«
    »Du bist noch so jung und hast schon soviel Schreckliches gesehen«, sagte sein Vater und gab ein rasselndes Husten von sich.
    Robey nahm die Hand des Vaters und drückte sie fest, um ihn zu beruhigen, er spürte, mit wieviel Kraft sein Händedruck erwidert wurde. Er erzählte ihm nicht, was er auf dem Weg hierher gesehen hatte: die eingefangenen, aneinandergeketteten Sklaven, die wie eine Viehherde nach Süden getrieben wurden, die Sklavenjäger in ihren grellbunten Kleidern, mit ihrem Federschmuck und den Kaltblütern, deren schwere Hufe wie Krebse im Sand scharrten, und den zusammengerollten Peitschen, die an den Sätteln baumelten.
    »Ich hab heute ein paar Leuten geholfen, und sie haben mir ein bißchen Geld gegeben.«
    »Wofür?«
    »Dahinten bei den Felsen. Sie haben Fotos von den Toten gemacht und mich gebeten, ihnen zu helfen, und das hab ich gemacht.«
    »Was hast du gemacht?«
    »Ihnen geholfen, die Toten dahin zu tragen, wo sie sie haben wollten für ihre Fotos.«
    »Das war gut, daß du ihnen geholfen hast«, sagte der Vater mit solcher Müdigkeit in der Stimme, daß Robey wußte, das Gespräch würde bald beendet sein.
    »Ich hab die Fledderer wieder gesehen. Das nimmt kein gutes Ende, wenn die so weitermachen.«
    »Halt dich von denen fern«, sagte der Vater, und sein Händedruck gab Robey zu verstehen, wie ernst er es meinte. Er erwiderte den Druck mit gleicher Kraft. So blieben sie sitzen, bis der Griff des Vaters schwächer wurde und er seine Hand losließ.
    Dann sprach ihn der Vater mit seinem Namen an und fragte: » Robey , glaubst du, du kannst es schaffen?«
    Es war, als hätten diese Worte einen Schleier gelüftet. In diesem Moment waren ihrer beider Leben im Gleichklang, und die Frage des Vaters brachte sie dazu, Furcht und Hoffnungslosigkeit hinter sich zu lassen und sich der Zukunft zuzuwenden. Ein lehrender Vater und ein lernender Sohn, zeitlos in ihrem Sein. Der Vater, der im Sohn weiterlebt, wie es der Großvater und der Vater vor ihm getan hatten, bis zurück zum allerersten Menschen. Das Leben des Vaters, das sich dem Ende nähert, und das Leben des Sohnes, das weitergeht, und, wie immer, nur das Unbekannte wertet den einen Daseinszustand höher als den anderen.
    »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagte er, »aber ich fühle, daß ich etwas tun muß.«
    »Du mußt selbst darauf kommen«, sagte sein Vater. »Ich bin nicht mehr da, um dir zu helfen.«
    »Ja, Vater«, sagte er. Dann drehte er ihn sanft auf die Seite und schob noch ein paar Briefe der Toten von Gettys b urg unter

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