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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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ihn, damit er etwas weicher lag.
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    13 ALS SEIN VATER SCHLIEF ,
    zog es ihn wie magisch dorthin, wo er den nächsten Raubzug der Fledderer auf die toten und sterbenden Soldaten vermutete. Er kannte die Stelle gut, diese merkwürdige Ansammlung runder Felsbrocken unter einer Anhöhe, von der ein Bach herabstürzte, sich durch die Steine zwängte und weiter hinüber zu den Obstplantagen flo ß. Hier hatte er dem Fotografen geholfen, die Leichen in Position zu bringen, und ihnen dann das Gewehr an die Schulter gelehnt, als wären sie eben erst erschossen worden.
    Er schlich sich fort und lief zu diesem tiefen Felsengewirr, weit weg von der Stadt und den Lazaretten. Der Boden war karg und zerklüftet, die Gesteinsbrocken sahen aus, als hätte irgend jemand sie hierher geschleudert, wo sie nun in seltsamen Positionen verharrten. Einige wirkten wie hingestreut, andere wie aus dem Boden gewachsen, und bei wieder anderen war völlig unverständlich, wie sie hier gelandet sein mochten. Tagelang war der Bach hier blutrot vorbeigeflossen, und noch immer war er nicht klar, sondern braun und trüb.
    Es war unmöglich, in diesem steinigen Boden jemanden zu begraben, und auch die Lazarettzelte waren zu weit entfernt, außerdem stammten die Toten hier alle aus dem Süden und lagen deshalb noch genauso auf dem Schlachtfeld, wie sie gefallen waren. Die wenigen Überlebenden hatte man unter eine Plane auf Stroh gebettet. Sie wurden von barmherzigen Frauen und ihren Kindern versorgt, die tagsüber aus der Stadt herkamen und vor Einbruch der Dunkelheit wieder nach Hause gingen.
    Er schlich geräuschlos zu dieser Stelle und hielt oberhalb davon im Schatten eines großen Steinbrockens inne. In dem Gewirr von Felsen und schwarzen Bäumen konnte er die Fledderer nicht ausmachen. Aus dem Boden stieg weißer Dampf und trieb in zerrissenen Schwaden über das Gelände.
    Er ging immer zehn Schritte, blieb dann stehen und lauschte. Er schlich weiter, lauschte wieder, und dann hörte er einen schwachen, klagenden Ruf, fast wie von einem Käuzchen, doch das war es nicht. Er sah einen Lichtschein und duckte sich, preßte sich flach auf den feuchten, modrigen Waldboden. Von hinten kam ein zweiter Lichtkegel, glitt über die Stelle, an der er eben noch gestanden hatte, zeigte hinab in eine Schlucht und kletterte dann hinunter. Robey sah, wie das Licht im Gleichklang mit einem dahinrennenden Menschen auf und ab hüpfte, und er prägte sich das Gelände ein, bevor wieder alles im Dunkel zwischen den Bäumen verschwand.
    Der hüpfende Lichtschein stieg tiefer hinab in die Schlucht und verschmolz dort mit einem zweiten Lichtkegel.
    »Verdammt«, stieß eine wütende Stimme hervor.
    »Was ist los?«
    »Der Scheißkerl hat mich in die Hand gebissen.«
    »Einen Schlag auf den Kopf, und er ist tot.«
    Es folgte eine kurze Pause, dann hörte er einen dumpfen Schlag und ein Knacken, als träfe ein flacher Gegenstand auf einen Schädel. Er kroch langsam auf die beiden zu und befand sich plötzlich am Rand der beiden Lichtkegel, die von den Köpfen der Fledderer ausgingen und sich auf einen Offizier konzentrierten, der zusammengekrümmt vor ihren Füßen lag.
    »Ist er hin?« fragte der eine.
    »Woher soll ich das wissen?« gab der andere zurück. Er hatte in einer Hand ein Beil, die andere preßte er sich an die Lippen.
    »Was ist denn los?«
    »Hab doch gesagt, der Scheißkerl hat mich gebissen.«
    »Los, mach schon«, sagte der eine. »Wir müssen hier weg.«
    »Ich mach, verdammt noch mal, was ich will.«
    Der eine beugte sich über den Offizier, fuhr ihm mit zwei Fingern in die Nasenlöcher und riß ihm den Kopf so weit zurück, daß der Mund weit offenstand und vom gelben Licht der Stirnlampe überflutet wurde. Dann ließ er los, und der Offizier krümmte sich mit einem Stöhnen zusammen.
    »Also«, sagte der eine, »ich war dir sehr dankbar, wenn du ihm jetzt die Goldplatte da rausnehmen könntest.«
    Der andere setzte das Beil an der Wange des Offiziers an, um an die Goldplatte im Kiefer zu gelangen, an der eine Reihe falscher Zähne befestigt war. Er schwang das Beil hoch über den Kopf und ließ es durch das gelbe Licht hinabzucken. Mit einem Hieb durchschlug er die Wange, trennte den Unter- vom Oberkiefer, und der Mund des Soldaten war ein offener, blutiger Schlund.
    »Übler Schurke, der da.«
    »Jetzt soll er noch mal zubeißen«, sagte der eine.
    »Der beißt keinen mehr«, meinte der andere. Er langte

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