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Der Glanzrappe

Der Glanzrappe

Titel: Der Glanzrappe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unknown
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mach dir ein Angebot.«
    »Was hast du?«
    »Ich hab hier in der Mauer ’ n Sack Gold versteckt. Und Silber. Willst du ’ s haben? Wenn du willst, ist es deins, Freund.«
    »Daran hab ich gar nicht gedacht.«
    »Wenn jemand den Schuß gehört hat, kommt sicher ein Feldgendarm vorbei.«
    »Mich wird er nicht kriegen.«
    »Ich hab ’ ne Idee.«
    »Und?«
    »Ich werf die Säcke zu dir rauf.«
    »Nur zu.«
    Die Säcke kamen aus dem Dunkel hochgeflogen, und im Mondlicht konnte er auf dem Boden vor sich ihre schwarzen Umrisse sehen. Als er sich bückte, um sie aufzuheben, kam aus dem Keller ein Schuß. Die Kugel des Fledderers verfehlte ihn um ein gutes Stück, und er drückte sich mit den schweren Säcken wieder gegen die Mauer.
    »Getroffen?«
    »Nein.«
    »Ich mußte es einfach versuchen.«
    »Schon klar.«
    »Tut mir leid, aber er war mein Bruder.«
    »Ich wollte niemandem den Bruder töten.«
    »Na, er war nicht gerade der Hellste.«
    »Er war ein übler Schurke.«
    »Ach, er war schon in Ordnung, aber weißt du, was?«
    »Was?«
    »Ein Stück Scheiße kriegst du einfach nicht aufpoliert. «
    D er Fledderer lachte über seinen Witz und sagte dann: »Und was machen wir jetzt?«
    »Ich denk, ich nehm mir die Pferde und verschwinde.«
    »Da bin ich dir dankbar.«
    »Spar dir deinen Dank.«
    »Dann wart ich noch ein bißchen, bis du weg bist. «
    » Wie du meinst.«
    »He, Junge. Und wenn du jetzt einfach da draußen abwartest, bis ich rauskomme, und mich dann abknallst? «
    » Hab ich nicht dran gedacht. «
    » Junge?«
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    14 ALS ROBEY ZU SEINEM
    s terbenden Vater zurückkam, war der Glanzrappe unruhig und beleidigt. Er streichelte ihn besänftigend, und der Hengst schüttelte den Kopf und schnaubte heftig, als er den Geruch der Pferde der Fledderer an ihm wahrnahm. Den Rotschimmel und die Fuchsstute hatte er an den Mann verkauft, dem der Brunnen gehörte. Er hatte ihn aus dem Bett geholt und ihm gesagt, es wäre gut, wenn er die Pferde ins Hinterland bringen würde, damit sie sich erholen konnten, und der Mann hatte verstanden und ihm die Tiere ohne weitere Fragen abgekauft.
    Er beruhigte den Rappen, streckte sich dann auf der warmen Erde aus und legte den Kopf an die Schulter des Vaters. Er spürte, wie der Vater den Arm hob und mit den Fingern an ihm herumtastete, bis er seinen Gürtel fand und sich einhakte. Schweigend lag er im Arm des Vaters, den eigenen Arm quer über seiner Brust. Er spürte, wie sich der Brustkorb des Vaters hob und senkte, und wünschte ihm, daß ihn der Schlaf übermannen und schmerzlos von hier forttragen würde. Ihm war jetzt klar, wenn er fortging, würde der Vater zurückbleiben.
    Er fragte sich, ob er all das, was er gerade erlebte, in Erinnerung behalten würde. Das Unrecht, das er begangen hatte, die Tage unterwegs, die Suche nach dem Vater. Bei so furchtbaren, so gräßlichen Erinnerungen wie diesen w ar es um so wichtiger, daß er sie wieder vergaß, wenn er es konnte, daß er die Namen und die Gesichter vergaß, das Land und die Dinge auf dem Land, daß er alles vergaß, was er über den Krieg gelernt hatte.
    »Wo warst du?« fragte der Vater, ohne ihm das Gesicht zuzuwenden. Er hatte gedacht, der Vater wäre eingeschlafen, doch dem war nicht so. »Ich war ein Pony und einen Karren suchen«, log er.
    Der Vater gab einen rasselnden Husten tief aus der Kehle von sich. Ein unverkennbarer Geruch umgab ihn, und als er die Augen öffnete, schweifte sein Blick in die Ferne und sein Atem wurde flach. Robey befreite sich aus seiner Umarmung und nahm ihn selbst in die Arme.
    »Eins mußt du wissen, mein Sohn. Was hier passiert ist, hat nichts mit Feindschaft oder Brutalität zu tun.«
    »Ja, Vater«, sagte er. »Ich weiß. Ruh dich jetzt aus.«
    »Das waren keine Verrückten. Das war nicht aus Liebe oder aus Habgier oder aus Dummheit. Hier geht es um wohlerzogene und kluge Menschen. So sind die Menschen. So ist das Leben, mein Sohn.«
    »Ja, Vater«, sagte er, aber er fragte sich, was mit ihm selbst war. Würde er für das, was er getan hatte, geradestehen können? Hatte er nicht aus Stolz und Selbstgerechtigkeit gehandelt?
    »Das ist das Wesen des Menschen, das ist die Welt, und wenn du in ihr leben willst, mußt du wissen, was zu tun ist.«
    »Ja, Vater«, sagte er und dachte, laß die Vergangenheit los. Laß sie ruhen. Sei dein eigener Richter, und überlaß diese Aufgabe nicht einem anderen. Entscheide für dich

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