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Der Glasmaler und die Hure

Der Glasmaler und die Hure

Titel: Der Glasmaler und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Weder er noch Thea hatten es für nötig erachtet, sie ins Vertrauen zu ziehen, doch nun geriet auch Katharinas Leben in Gefahr, und darum war es wohl an der Zeit, ihr eine Erklärung zu geben.
    »Wir haben die Männer gefunden, die meine Frau getötet haben«, sagte Martin. »Sie befinden sich hier im Lager.«
    »Haben die Thea so zugerichtet?«
    Martin nickte. »Thea hat einen von ihnen niedergestochen. Der andere wird nun nichts unversucht lassen, um uns zu finden. Ich muß ihm zuvorkommen, bevor er uns aufspürt.«
    »Unsinn. Wenn dieser Mann wirklich so gefährlich ist, sollten wir uns davonmachen. Wir alle zusammen.«
    »Es muß ein Ende haben«, widersprach Martin. »Katha rina ,ich will, daß du hier alles zusammenräumst und dich mit Thea nach Leipzig begibst. Wenn es Gottes Wille ist, werde ich in ein paar Tagen zu euch stoßen.«
    Katharina zog ein unwirsches Gesicht. »Du Narr! Man sollte dich an diesem Wagen festbinden, bis du wieder zu Verstand gekommen bist.«
    Er lächelte. »Ich glaube fast, du sorgst dich um mich.«
    »Ich sorge mich vor allem um Thea«, entgegnete sie schroff und trat an ihm vorbei. »Es wird Zeit, das Blut von ihrem Körper zu waschen.«
    Martin schaute Katharina einen Moment lang nach, dann widmete er sich wieder seiner Pistole. Nachdem die Waffe schußbereit war, sattelte er Eris und legte der Stute das Zaumzeug an. Als er dies erledigt hatte, sah er, daß Thea aus dem Zelt trat und auf ihn zukam. In ihrem Gesicht klebte kein Blut mehr. Sie trug saubere Kleidung, ging aber noch immer leicht gebückt und hatte eine Hand auf ihren Unterleib gelegt.
    »Glaubst du, du könntest dich einfach so davonstehlen?« Thea baute sich vor ihm auf und musterte die Waffe, die hinter ihm im Sattelholster steckte. Trotz ihrer Beulen und Schrammen wirkte sie so entschlossen und aufgebracht wie selten zuvor.
    »Thea, ich …«
    »Du könntest getötet werden.«
    »Ich werde vorsichtig sein.«
    Thea schüttelte den Kopf. »Wir werden gegenseitig aufeinander achtgeben. Ich könnte es nicht ertragen, auf dich zu warten, in der Sorge, daß Rupert dich überrumpelt haben könnte.«
    »Was soll das heißen?«
    »Das heißt, daß ich mit dir kommen werde.«
    Er verzog das Gesicht. »Du wirst mit Katharina in Leipzig auf mich warten. Dort seid ihr sicher.«
    »Sicher fühle ich mich nur in deiner Nähe.« Thea kamauf ihn zu und schaute ihm fest in die Augen. »Rupert hat mich geschändet, und er wollte mich töten. Ich habe zuvor nie recht verstanden, warum du so besessen von dem Gedanken warst, ihm das Leben zu nehmen. doch nun weiß ich, daß ich den Schmerz, den er mir zugefügt hat, nur ertragen kann, wenn ich mit meinen eigenen Augen seine Leiche gesehen habe.«
    Martin zögerte. Er wollte Thea in Sicherheit wissen, aber durfte er ihrem Wunsch widersprechen?
    Er seufzte, faßte sie um die Hüfte und hob sie auf den Rücken des Pferdes.
    »Es bleibt dabei«, rief er Katharina zu. »Schaff den Wagen nach Leipzig.«
    »Ihr biedert euch dem Tod an«, entgegnete Katharina und schüttete Wasser auf das Herdfeuer. Dann trat sie auf ihn und Thea zu und meinte: »Ich werde in Leipzig eine Kerze für euch entzünden.«
    »Danke, Katharina.« Martin stieg in den Sattel und trat Eris sanft in die Rippen.
     
    Während des holprigen Rittes über steinige Wege und durch das Unterholz des Waldes krallte Thea ihre Hände in Martins Wams und hoffte, daß ihm ihr gepreßtes Stöhnen verborgen blieb. Ihr Unterleib schmerzte bei jedem Hufschlag, als würde ein Schmiedehammer auf sie einprügeln. Thea schossen Tränen in die Augen, die sie fortwischte, indem sie ihr Gesicht an Martins Schulter rieb. Es tat gut, ihn so nah bei sich zu spüren, seine Stimme zu hören, wenn er wissen wollte, ob sie sich noch auf dem richtigen Weg befanden.
    Sie passierten eine Anhöhe, von der aus sie in der Ferne flatternde Banner und dünne Rauchsäulen erkennen konnten. Es mußte sich um das Lager der Kaiserlichen handeln, das etwas mehr als eine Meile von ihnen entfernt lag. Sie hielten sich im Niemandsland zwischen den Frontlinienauf. An diesem Ort würden morgen die beiden Armeen aufeinandertreffen, doch auch schon heute drohte ihnen hier Gefahr, denn Martin äußerte die Vermutung, daß gewiß Patrouillen beider Seiten zwischen den Bäumen herumstreiften.
    Nach einer Weile erreichten sie die Lichtung, von der aus sie die Windmühle sehen konnten, in die Thea von Rupert und Berthold verschleppt worden war. Das schiefe, aus Bruchstein

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