Der Glasmaler und die Hure
rasenden Wut der Männer verschont zu bleiben. Letztendlich hatten sie es aber nur auf unseren Vater abgesehen. Im Morgengrauen zogen sie davon, ohne uns ein Haar zu krümmen.
An diesem Morgen legte ich für mich das Versprechen ab, daß ich niemals solch ein Ende erleiden wollte. Mit den Ersparnissen meines Vaters überzeugte ich einen fahrenden Chirurgen, Katharina und mich aufzunehmen und mir die wahren Künste der Medizin zu lehren. Er brachte mir all das bei, was ich nun an dich weitergeben kann, und weihte mich zudem in die Geheimnisse der Kräuter ein, die Mutter Natur uns offenbart, um viele Krankheiten und Beschwerden auf sanfte Weise zu lindern.
Nach meiner Lehrzeit zog ich mit meinem eigenen Wagen als Wundchirurg durch das Land. Ich heiratete und wurde Vater eines Sohnes, doch die Pest nahm mir Frau und Kind, ohne daß ich mit meinem Wissen etwas dagegen ausrichten konnte. Trotzdem möchte ich behaupten, daß meine Hände vielen Menschen die Schmerzen genommen und nicht wenigen auch das Leben gerettet haben.«
Conrad holte aus einer Tasche seines Wamses ein Skalpellhervor, betrachtete es wehmütig und reichte es dann Martin.
»Das soll ab heute dir gehören.«
»Ich kann das nicht annehmen.« Martin wußte, daß sich dieses Skalpell seit mehr als drei Jahrzehnten in Conrads Besitz befand. Der Feldscher hatte ihm das an einem der ersten Tage seiner Ausbildung anvertraut.
»Unsinn«, meinte Conrad. »Du wirst es gebrauchen können.«
»Warum?«
»Ist es dir denn noch nicht aufgefallen?« Conrad deutete auf eine entlegene Anhöhe, wo eine Schwadron Reiter ein Manöver abhielt. »Die Soldaten feilen ihre Waffen, gießen Unmengen an Munition und werden von ihren Offizieren gedrillt, als wären sie erst gestern zum Heer gestoßen.«
»Willst du sagen …?«
Conrad nickte. »Es ist soweit. Diese Armee bereitet sich auf ihre erste große Schlacht vor. Es wird nur noch wenige Tage dauern, bis dieser Krieg eine entscheidende Wendung erhält.« Er nahm Martins Hand und drückte dessen Finger um den Griff des Skalpells. »Du wirst schon bald bis zu den Knöcheln im Blut waten. Zwischen den zerfetzten und zuckenden Leibern wird es sich zeigen, ob du das Zeug zu einem Chirurgen hast.«
Auf dem Höhepunkt seiner Lust stöhnte Paulus Roming so laut auf, als wäre ihm ein Messer ins Herz gestoßen worden. Thea drückte ihn rasch von sich, aber es war zu spät. Er hatte sich bereits in ihr ergossen.
Keuchend stopfte er sein Glied zurück in die Hose und schnürte den Latz zu. Thea brachte das Unterkleid in Ordnung und putzte ihre Schenkel ab, an denen der Rest seines Samens klebte. Es drängte sie danach, sich zu waschen, aber sie würde damit warten, bis sie zu Conrads Wagen zurückgekehrt war.
»Warte hier«, sagte Paulus und verschwand kurz. Wenig später kehrte er mit einem geschnürten Stoffbündel zurück und drückte es Thea in die Hand. Der Inhalt fühlte sich weich an, und durch den Leinenstoff konnte sie eine schwache Wärme spüren.
»Rindsleber. Ganz frisch«, beantwortete Paulus ihre unausgesprochene Frage und rieb sich grinsend den beleibten Bauch.
In den vergangenen Wochen hatte er sie häufig zu sich bestellt. Paulus Roming übte das Fleischerhandwerk aus und entlohnte Theas Dienste großzügig mit Würsten, Pökelfleisch, schmackhafter Sülze oder Innereien. Für die Menge an Fleisch, die sie von ihm erhielt, ertrug Thea gerne das Unbehagen, von ihm genommen zu werden. Doch es bereitete ihr keine Freude, bei Paulus zu liegen. Sein fetter, stark behaarter Körper schwitzte arg, und auch sein Gesicht mit den wässerigen Froschaugen und fauligen Zahnstümpfen war nicht unbedingt ansehnlich. Glücklicherweise dauerte der Beischlaf mit ihm niemals allzu lang. Er war immer sehr erregt, nahm sie zumeist im Stehen und erlangte oft schon nach wenigen Stößen seine Befriedigung.
Thea dankte ihm für die Leber und ging. Ihr war aufgefallen, daß in Paulus’ Blick häufig eine gewisse Traurigkeit auszumachen war, wenn sie sein Zelt verließ. Ob er sich gar in sie verliebt hatte? Sie schmunzelte bei diesem Gedanken.
Als sie Conrads Quartier erreichte, traf sie nur Katharina an. Nicht ohne Stolz überreichte sie ihr das Bündel. Es bedeutete stets eine Genugtuung für Thea, das Leben ihrer kleinen Gemeinschaft mit diesen Geschenken ein wenig angenehmer zu gestalten. Sie wurden nicht an jedem Tag satt, oft nahmen sie nur ein karges Mahl zu sich, das zumeist aus einer dünnen Gemüsesuppe und einem
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