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Der Glasmaler und die Hure

Der Glasmaler und die Hure

Titel: Der Glasmaler und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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Kanten hartem Brot bestand.
    Doch heute würden ihre Mägen nicht knurren, wenn sie sich schlafen legten.
    Katharina nahm das Fleisch entgegen, roch daran und zog eine mürrische Miene.
    »Leber«, sagte Thea. »Von einem frisch geschlachteten Rind.«
    »Die hat dir wohl dieser fette Metzger mit auf den Weg gegeben?« vermutete Katharina.
    »Ganz recht.«
    Katharina verzog das Gesicht. »Der Lohn der Sünde. Es stinkt nach Fleischeslust.«
    »Du brauchst es ja nicht zu essen.«
    Thea streckte die Hände aus und bedeutete Katharina, ihr die Leber zurückzugeben, doch der Hunger ließ Conrads Schwester in ihrer Meinung schwanken. Sie schnupperte noch einmal an der Leber und meinte dann: »Vielleicht werde ich heute über deine Verfehlungen hinwegsehen.«
    »Mir soll es recht sein«, sagte Thea erleichtert. Es geschah nicht zum ersten Mal, daß Katharina ihre Meinung änderte, wenn sie dem Reiz einer schmackhaften Mahlzeit erlag.
    Thea erinnerte sich daran, daß sie noch etwas Wichtiges zu erledigen hatte. Sie füllte Wasser in eine Zinkschale, griff nach einem sauberen Lappen und zog sich in Conrads Zelt zurück. Hier raffte sie ihre Kleider über die Hüfte und wusch gründlich ihr Geschlecht aus. Es ärgerte sie, daß sie nicht schnell genug reagiert hatte. Sie hätte sich Paulus entziehen müssen, bevor er sich ergoß.
    Zu ihrer Überraschung betrat Conrad das Zelt, hielt kurz inne und musterte sie dann mit einem gefälligen Grinsen. Thea drehte sich zur Seite und wandte ihm ihr Hinterteil zu.
    »Starre mich nicht so an, sonst fallen dir noch die Augen aus dem Gesicht.«
    Conrad wandte den Blick nicht ab. »Du läßt es zu, daßich zwischen deinen Beinen liege, aber nun darf ich nicht zusehen, wie du den Samen aus deiner Spalte wäscht. So schamvoll habe ich dich nicht in Erinnerung.«
    Thea zischte abfällig. »Die Blicke eines Mannes können bohrender sein als die Rute zwischen seinen Beinen.«
    »Und die Zunge eines Weibes schärfer als eine Handvoll Pfefferkörner.«
    »Wenn du das meinst …«
    »Natürlich. Bedenke, daß ich mein ganzes Leben an der Seite von Katharina verbracht habe.«
    »Wie wahr.« Sie lachte leise.
    Der Feldscher kratzte sich am Kopf und schaute zu Boden, doch ihr entging nicht, daß seine Augen noch immer verstohlen in ihre Richtung lugten.
    »Wie macht sich dein Schüler?« fragte sie.
    »Meine Ausführungen lenken ihn von seinem Kummer ab. Ich habe Martin inzwischen mit so vielen Aufgaben betraut, daß er kaum noch Zeit hat, sich den Kopf über die Vergangenheit zu zerbrechen. Mittlerweile glaube ich auch, daß ihm das Chirurgenhandwerk eine gewisse Erfüllung bringt. Es scheint ihm Freude zu bereiten.«
    Auch Thea war aufgefallen, daß Martin in Conrads Gesellschaft regelrecht aufblühte. Zwar verhielt er sich noch immer recht still und wortkarg, doch sie glaubte fest daran, daß er den tiefsten Schmerz inzwischen überwunden hatte. Die Erinnerungen an die Ereignisse von Magdeburg würden sich nicht auslöschen lassen, Martin konnte aber lernen, mit der Trauer umzugehen und neue Freude am Leben zu finden.
    »Um Martin sorge ich mich nicht so sehr«, meinte Conrad. »Um ehrlich zu sein, bereitest du mir weitaus mehr Kummer.«
    Sie runzelte die Stirn. »Ich? Aus welchem Grund?«
    »Schau dich an! Du versuchst den Schmutz aus dir herauszuwaschen, aber es ist gut möglich, daß du schonwieder geschwängert worden bist. Mit jedem Abort setzt du dein Leben aufs Spiel. Zudem verbreitet sich die Syphillis unter den Männern und den Dirnen in den vergangenen Wochen wie die Maden in einem faulen Stück Fleisch.«
    »Das sagt ein Mann, der bereits mehr als ein Dutzend Mal meine Dienste in Anspruch genommen hat, wenn es ihn zwischen den Beinen juckte. Es sind erst vier Tage vergangen, seit ich hier stand und deinen Samen aus mir herausschrubbte.«
    Conrad trat auf Thea zu. »Gott helfe mir, ich bin schwach. Ja, ich bin ein Sklave meiner Gelüste. Aber ich mag dich, Thea, und mir liegt viel an deinem Wohlergehen. Du hast deinen Körper verkauft, um bei uns leben zu dürfen und damit es Martin gutgeht. Doch inzwischen geht er mir so fleißig zur Hand, daß ich euch beide nicht mehr missen möchte. Du brauchst uns nichts mehr zu geben, also besteht auch keine Notwendigkeit mehr, dich an die Männer zu verkaufen.«
    Seine Worte ärgerten sie. Woher nahm sich Conrad das Recht, über ihr Leben bestimmen zu wollen? Er war weder ihr Vater noch ihr Ehemann.
    »Ich verdinge mich seit vielen Jahren als

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