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Der Glasmaler und die Hure

Der Glasmaler und die Hure

Titel: Der Glasmaler und die Hure Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Wilcke
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auszubrechen.
    »Du lebst«, sagte sie. »Und du bist zurück.«
    Martin deutete auf den Kater. »Wie ich sehe, hast du inzwischen einen Ersatz für mich gefunden.«
    »Einen weit pflegeleichteren Ersatz«, meinte Thea, bevor sie Martin noch einmal in die Arme schloß.
    »Was ist mit Conrad und Katharina? Sind sie wohlauf?« wollte Martin wissen.
    Der Gedanke an Conrad trübte ihre Freude über das Wiedersehen. Martins skeptischer Blick verriet Thea, daß er es ihr ansah, wie es um Conrad stand.
    Sie faßte seine Hand. »Komm. Er wird sich freuen, dich zu sehen.«
     
    Als sie über Conrad gesprochen hatten, war Martin Theas sorgenvolle Miene nicht verborgen geblieben. Sie führte ihn schweigend zum Wagen des Feldschers, und erst als sie das Gefährt mit den Zeltanbauten bereits sehen konnten, sprach Martin die naheliegendste Vermutung aus.
    »Ist er tot, Thea?«
    Sie schüttelte den Kopf, aber er sah es ihr an, daß er mit seiner Befürchtung nicht ganz falsch lag.
    »Conrad ist krank«, sagte sie. »Es steht schlecht um ihn.«
    »Ist es die Gicht, die ihn plagt?«
    »Nein. Die Gicht hat ihm den Winter über zwar so schlimm zugesetzt, daß er an fast keinem Tag mehr seine Hände gebrauchen konnte, aber dann kamen heftige Schmerzen in seinem Bauch hinzu, die ihn völlig entkräftethaben. Er ist kaum noch in der Lage, etwas zu essen. Conrad vermutet, daß ein Geschwür in ihm wächst und ihn dahinsiechen läßt.«
    Thea wollte weitergehen, doch Martin hielt sie zurück. »Hat er mir je verziehen?«
    Sie hob die Schultern. »Ich weiß es nicht. Er hat sich all die Monate geweigert, auch nur ein Wort darüber zu verlieren, was damals im Lazarett vorgefallen ist. Aber ich glaube, er vermißt dich.«
    Thea nahm seine Hand und ermunterte ihn, ihr zu folgen. Sie traten unter das Zeltdach. Conrad lag zusammengekauert unter einer Decke auf einem Strohlager. Martin konnte nur seinen Rücken erkennen. Katharina, die neben ihm hockte, bedachte Martin mit einem kühlen Nicken. Er hatte von Conrads Schwester keine stürmische Begrüßung erwartet, aber vielleicht doch ein wenig mehr Erstaunen über seine Rückkehr.
    Von Conrad ging ein übler Geruch aus. Fliegenschwärme umschwirrten seinen Körper. Einen Moment lang war Martin versucht, ein Tuch vor die Nase zu pressen, aber da die beiden Frauen in der Lage waren, dem Gestank zu trotzen, unterließ er es.
    Er hockte sich neben den Kranken und sprach ihn bei seinem Namen an. Der Feldscher drehte sich stöhnend auf den Rücken. Conrad sah schrecklich aus. Er mußte die Hälfte seines Gewichtes verloren haben. Die Haut, die sich straff über die Wangen spannte, wirkte wie brüchiges Pergament, und sie war so fahl, als hätte man das Haupt des Feldschers mit Mehl bestäubt.
    Conrads Augen fixierten ihn müde. Sein Atem ging rasselnd. Eine Zeitlang starrte er Martin nur an, als wolle er sich davon überzeugen, daß er nicht in einem Fiebertraum gefangen war, dann brachte Conrad mit brüchiger Stimme hervor: »Bist gekommen, um mir beim Sterben zu helfen, he?«
    Martin senkte beschämt den Blick. Hatte die Gram über den Vorfall mit Wenzel Conrad all die Monate lang gequält? Hatte sie womöglich gar das Voranschreiten seiner Krankheit genährt? Martin wußte nichts auf Conrads Häme zu erwidern.
    »Vergiß meine dummen Worte«, zeigte sich der Feldscher einsichtig. Er verzog schmerzhaft das Gesicht. »Mir bleibt wohl nicht mehr die Zeit, um verbittert zu sein.«
    Martin legte seine Hand auf Conrads knochige Finger. »Ich wollte dich niemals enttäuschen.«
    Der Feldscher stützte sich schwerfällig auf die Unterarme und deutete auf einen Weinkrug in seiner Nähe. »Dann enttäusche mich jetzt nicht noch einmal und trink mit mir. Mein Zustand ist nur noch im Suff zu ertragen.«
    Martin schaute kurz zu Katharina und griff erst auf ihr Nicken hin zum Weinkrug. Sie alle waren sich klar darüber, daß der Alkohol Conrad seit langem geschadet hatte, doch in den letzten Tagen seines Lebens würde er ihm helfen, die Schmerzen ein wenig zu lindern.
    Er schenkte den Wein in zwei Pokale ein und reichte einen davon Conrad.
    »Gibt es nichts, was ich für dich tun kann?« fragte Martin.
    Conrad zischte abfällig. »Sprichst du von Heilung? Ich scheiße und pisse seit Wochen Blut und bin zu schwach, um mich ohne Hilfe aufzusetzen.« Er seufzte leise. »Ich sehe den Tod als willkommenen Freund an, Martin.«
    Es war dem Feldscher anzumerken, wieviel Kraft ihn dieses Gespräch kostete. Dennoch zeigte

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