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Der Glaspavillon

Titel: Der Glaspavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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wo sie gewohnt hat?«
    Auster lächelte. »Eigentlich ist es ein besonders schlaues Versteck! Die meisten Mörder vergraben ihre Leichen nicht sehr geschickt. Abgelegenes Gebüsch oder sumpfiges Gelände scheint auf den ersten Blick zwar geeignet, aber meist ist an derartigen Orten wenig los, und es fällt sofort auf, daß jemand dort gebuddelt hat. In einem Garten dagegen wird ständig umgegraben.«
    »Aber in einem Garten sind doch dauernd Menschen in der Nähe«, wandte ich ein.
    »Das ist richtig«, sagte sie, schien aber mit mir nicht über Theorien diskutieren zu wollen. »Also, falls Ihnen irgend etwas einfällt, das wichtig sein könnte, melden Sie sich bitte bei uns.«
    Sie blickte auf ihre Uhr und fragte nach dem nächsten Pub. Gleich am Ende der Straße, erklärte ich ihr, und sie lud mich ein, sie zum Essen zu begleiten. Obwohl ich Pubs hasse und auch nicht hungrig war, willigte ich ein, auf einen Drink mitzukommen. Turnbull wollte vor dem Termin auf der Isle of Dogs noch in die Oxford Street.
    Also gingen Helen und ich allein die Straße hinunter zum
    ›Globe Arms‹. Sie bestellte sich ein Bier und eine Lasagne, während ich mich mit einem Tomatensaft und einer Zigarette begnügte. Helen – wie ich sie nun nannte –
    gefiel mir zusehends besser. Sie erzählte von sich, ihrem Leben als Kriminalbeamtin, den Sitten in der Kantine und von ihrem Mann, der als Filialleiter beim Supermarkt Sainsbury in Shropshire arbeitete. Als sie nach meiner Scheidung fragte, antwortete ich ausweichend. Kurz bevor wir gehen mußten, kam ich noch einmal auf den Fall zu sprechen: »Es ist doch bestimmt zu spät. Sie werden sicher nichts herausfinden können.«
    »Wir haben ein paar Anhaltspunkte, aber es wird nicht einfach sein.«
    »Sieht so aus, als hätten Sie schlechte Karten.«
    »Das Gefühl habe ich auch. Andererseits scheinen die Martellos eine recht interessante Familie zu sein.«

    Helen gab mir ihre Visitenkarte und schrieb ihre Durch-wahl noch dazu. Als wir uns auf der Highgate Road voneinander verabschiedeten, bat ich sie, sich bei ihrem nächsten Besuch in London bei mir zu melden. Sie versprach es. Ist es möglich, daß ich mich mit einer Polizistin anfreunde?

    »Findest du nicht, es ist an der Zeit, das Rauchen wieder aufzugeben?«
    Kim saß mir gegenüber. Eine flackernde Kerze warf Schatten auf ihr blasses, schmales Gesicht. Sie spießte einen Bissen Schwertfisch auf die Gabel und spülte ihn mit einem Schluck Wein hinunter.
    »Auf wieviel bringst du es mittlerweile? Dreißig pro Tag?«
    Ich hatte fertig gegessen, oder besser gesagt, mein Essen annähernd unberührt beiseite geschoben und blies nun zufrieden den blauen Rauch über den Tisch mit den Essensresten. Ich winkte dem italienischen Ober und deutete auf die leere Weinflasche.
    »Noch mal das gleiche, bitte.«
    Ich klopfte die Asche in den Aschenbecher.
    »Hoffentlich mehr als dreißig. Ich höre bald wieder damit auf. Ehrlich. Das Problem ist nur, daß ich so gerne rauche. Mir wird nicht schlecht oder sonstwas.«
    Der Ober brachte eine neue Flasche und entkorkte sie.
    »Ich habe schon mehrmals aufgehört. Ohne Schwierigkeiten. Ich schaffe es wieder.«
    »Gestern habe ich mir die Untersuchungsergebnisse einer Frau angesehen, die ich vor kurzem zum Röntgen des Thorax geschickt hatte. Sie leidet an chronischem Husten und Schmerzen in der Brust. In einem Jahr wird sie tot sein. Vierundvierzig, drei Kinder im Teenager-alter.«
    »Hör auf.«
    »Und geht es mit deinem Wohnheim voran?«
    »Hör auf.«
    Es ging nicht voran. Bisher gab es weiter nichts als ein Baugrundstück auf einem Blatt Papier, eine Besprechung im Büro, ein paar Gespräche in den verschiedenen Abteilungen und einen Tagesordnungspunkt bei der Planungsabteilung. Auf Dutzenden großformatiger Blätter Millimeterpapier hatte ich meine Vorschläge festgehalten und mit spitzem Stift geometrische Zeichnungen angefertigt, Kästchen für Kästchen. Ich wartete nur auf das Startzeichen. Mittlerweile hieß es, man müsse die Sache noch mit Leuten aus der Region besprechen. Das Ganze gefiel mir gar nicht.
    »Gut, vergiß das Wohnheim«, sagte Kim. »Reden wir von dir. Was treibst du so, jetzt, wo du allein bist?«
    Ich genehmigte mir eine weitere Zigarette und schenkte mir noch ein Glas Wein ein.
    »Ich bin eine faule, alleinstehende Frau geworden«, erklärte ich. »Bei Abendeinladungen werde ich immer öfter neben irgendeinen frisch geschiedenen Gast gesetzt.
    Passiert dir das auch

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