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Der Glaspavillon

Titel: Der Glaspavillon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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die Veranstaltung morgen abend in der Kunstakademie. Sie gehört zu ihrer Reihe über ›zornige alte Männer‹. Alan Martello im Gespräch mit Lizzie Judd. Weißt du, das ist die Frau, die sich mit dem Buch Sitting Uncomfortably einen Namen gemacht hat, einer Attacke auf C. S. Lewis und Roald Dahl und andere Kinderbuchautoren. Damit hat sie das Interesse der Presse auf sich gezogen. Sie hat Haare auf den Zähnen. Und in diesem Fall springt der Fisch von allein ins Netz, um sich erschießen zu lassen.«
    »Gehst du auch hin?«
    »Selbstverständlich. Es ist wie ein Stierkampf, stimmt’s?
    Man sagt, so was sollte man mindestens einmal im Leben gesehen haben. Ich weiß nicht, ob Alan als ritterlicher Gentleman auftritt oder als unerschrockener Verfechter unliebsamer Wahrheiten, aber egal, welche Maske er aufsetzt, es wird garantiert eine Katastrophe.«
    »Mach dir keine Sorgen, Jane, die Leute werden sich auf alle Fälle gut amüsieren. Eine Art neuzeitliche Bärenhatz.
    Genau das, was Alan liebt.«
    »Für die Schwiegertochter des Bären wird es wahrscheinlich nicht sonderlich lustig.«
    Während ich den Tintenfisch zubereitete, erfuhr ich, daß Kim einen Mann kennengelernt hatte. Er hieß Andreas, war Musiker, sechs Jahre jünger als sie, klein, gut aussehend und sentimental. Ihre erste Verabredung hatte sich über ein ganzes Wochenende erstreckt und nur deshalb ein Ende gefunden, weil Kim ihre Hausbesuche nicht länger aufschieben konnte und deshalb aus dem Bett steigen mußte. Ich hatte Kim schon immer um ihr Sexualleben beneidet; es war so abwechslungsreich und aufregend – schon allein die Anzahl ihrer ständig wechselnden Partner! Eine ihrer bemerkenswertesten Qualitäten als Freundin bestand darin, daß sie stets bereit war, über das zu reden, was sie mit diesen Männern im Bett machte. Leider hatte ich sehr wenig dagegenzuhalten.
    Jetzt wagte ich die vorsichtige Frage, ob es denn etwas Ernstes werden könnte, aber Kim winkte nur ab – wie immer.
    »Vermißt du Claud?« fragte sie, während wir uns an Käse gütlich taten.
    Was sollte ich darauf antworten? Zum Glück wußte ich, daß Kim mir meine Verwirrung nicht vorwerfen würde.
    »Ich vermisse einen Teil meines Lebens, aber das ist alles passé. Ich möchte mich aus dieser alten Vertrautheit lösen. Manchmal erschrecke ich über das, was ich getan habe, aber irgendwie finde ich es auch spannend.« Einen Augenblick mußte ich innehalten, um meine Gedanken zu ordnen. »Ich spüre, daß sich in meinem Leben etwas Großes ereignen wird, aber momentan ist meine Umgebung noch nicht die richtige dafür. Hin und wieder wünsche ich mir beinahe, ich könnte mich der Polizei an die Fersen heften und bei den Ermittlungen mitmachen.
    Als müßte ich meinen Beitrag leisten bei der Suche nach der Wahrheit über Natalies Tod. Ich muß unbedingt wissen, wie sie gestorben ist.«
    »Aber es war doch bestimmt ihr ehemaliger Freund, oder nicht?«
    »Du meinst Luke?«
    »Ja, und die Polizei hat ihn sich auch vorgenommen.«
    »Man hat ihm ein paar Fragen gestellt.«
    »Na bitte. Luke hat Natalie geschwängert, die beiden haben sich gestritten, und er hat sie umgebracht, vielleicht aus Versehen. Und sie dann vergraben.«
    »Im Garten von Alan und Martha. Direkt neben dem Haus.«
    »Wenn man jemanden ermordet hat, handelt man nicht unbedingt logisch. Hab ich dir noch nie von meinem Patienten erzählt, der seine Frau umgebracht hat? Er hat die Leiche zerstückelt und in Einzelteilen an alle möglichen Filialen der Barclays Bank verschickt, überall auf der ganzen Welt.«
    »Das klingt ziemlich gerissen.«
    »Wenn man davon absieht, daß er seine Adresse auf die Zollerklärung geschrieben hat.«
    »Warum hat er das getan?«
    »Sein Psychiater meint, er wollte erwischt werden.«
    »Ist das eine wahre Geschichte?«
    »Na klar. Jedenfalls leuchtet mir nicht ein, weshalb das Argument, daß er unvernünftig gehandelt hat, Luke als Täter weniger verdächtig machen sollte als andere. Irgend jemand hat die Leiche schließlich dort begraben.«
    »Ja«, räumte ich ein. »Deswegen sind wir ja alle auch weniger verdächtig.«

    Es wird gern behauptet, wenn man öffentliche Einrichtungen wieder einführte, würde das Heerscharen von Schaulustigen auf den Plan rufen. Der Saal in der Kunstakademie war bis auf den letzten Platz gefüllt, größtenteils mit jüngeren Leuten. Vorn wurden Fernseh-kameras aufgebaut, und ein großer Mann mit einer runden Nickelbrille à la Bert Brecht wanderte

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