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Der globale Polizeistaat

Der globale Polizeistaat

Titel: Der globale Polizeistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Darnstädt
Vom Netzwerk:
von Kämpfern, die einer Bürgerkriegsarmee vergleichbar organisierte Gewalt ausübt. Der gefürchtete transnationale Terrorismus besteht vielmehr aus einem Netzwerk, das heißt kleinen, lose verknüpften Grüppchen, die überall in der Welt verstreut sind und vermutlich ohne zentrales Kommando agieren. Im Herbst 2008 wurde eine Studie von Wissenschaftlern der Universitäten Yale und Cambridge bekannt, die gerade den Netzwerkterrorismus für weniger gefährlich hält als allgemein angenommen, weil die Netzwerkstruktur nicht nur Vorteile, sondern auch große Nachteile bringe und die Terroristen darum zentralen staatlichen Sicherheitsorganisationen unterlegen seien. 21
    Dass es ein wichtiger Unterschied ist, ob ein kriegerischer Kampf gegen eine kriegerisch organisierte Truppe von offen agierenden Gewalttätern wie etwa die Hisbollah geführt wird oder ob ein Staat sich außerhalb der offenen Schlacht einen einzelnen, oft ahnungslosen Terrorismusverdächtigen als »Gefährder« mit einer Rakete herauspickt und tötet, wird sogar im kriegerischen Israel anerkannt: Der israelische Oberste Gerichtshof 22 verlangte, dass beim »Targeting«, dem gezielten Töten von Terroristen per Fernlenkwaffen, ein Minimum an Menschenrechten auch dann zu beachten sei, wenn der ungleiche »Kampf« außerhalb des Regelungsbereichs der eigenen Rechtsordnung stattfindet: Wenn immer möglich, sei darum die Festnahme eines gefährlichen
Terroristen seiner Tötung vorzuziehen, denn auch dieser habe ein Menschenrecht auf Leben.
    Es gibt, fassen wir zusammen, auch im Kampf gegen Terroristen einen Bereich, der nur mit Mühe den Vorstellungen von Krieg zuzuordnen ist - und dennoch als Angelegenheit der inneren Sicherheit nicht angemessen zu behandeln ist. Es ist der Clinton-Konflikt.
    Bis zu diesem Punkt kommen sie irgendwie alle - von verschiedenen Standpunkten her: Schäuble, der diesen Befund zum Anlass nimmt, die Grenzen von innerer und äußerer Sicherheit für obsolet zu erklären. Pawlik 23 und Depenheuer 24 , die das Problem lösen wollen, indem sie das Recht der inneren Sicherheit um ein kriegsrechtliches Kapitel erweitern, Kreß 25 , indem er sehr differenziert ein skrupulöses Kriegsrecht auch für diesen Grenzbereich erwägt. Alle Lösungen haben sich als mehr oder weniger problematisch, manche gar als ruinös für den Rechtsstaat erwiesen.
    Doch was ist die Alternative? Was soll Barack Obama, der gleich bei Amtsantritt versprochen hat, den Krieg gegen den Terror in den Rahmen »amerikanischer Ideale« zurückzuführen, denn nun tun mit dem Clinton-Problem? Soll er Bin Laden laufen lassen? Auf eine günstige Gelegenheit warten, ihn mithilfe seiner Kollegin Angela Merkel auf dem Frankfurter Flughafen abzufangen? Wer solche Vorschläge macht, braucht wirklich gute Nerven. Denn schon wenn dieses Buch erscheint, könnte der Autor durch katastrophale Ereignisse widerlegt sein.
    Was also machen wir, um den Frieden zu retten vor dem Terrorismus - und vor denen, die alle Grenzen niederreißen, um Krieg gegen den Terrorismus führen zu können? Was tun zur Befriedung jenes Stückchens Niemandsland zwischen innerer und äußerer Sicherheit? Unser Ausflug in die Geschichte des Krieges war ausführlich genug, um zu wissen, wie es gehen könnte: Frieden durch Recht.

Viertes Kapitel
    Die Geschichte geht weiter
    Vom Wasunger Krieg (1746) bis zur Amerikanischen Unabhängigkeitserklärung (1776) waren es nur ein paar Jahre. Die Gründungsväter der amerikanischen Weltmacht jedenfalls haben aufgebaut auf den Ideen der Staatsdenker jenes alten Europas: Thomas Hobbes und John Locke. Und die amerikanische Revolution, spotteten spätere Generationen, war ohnehin von Rechtsanwälten gemacht, nicht von Politikern. 25 von 56 Unterzeichnern der Unabhängigkeitserklärung waren Rechtsanwälte, und als die Verfassung ein paar Jahre später die Unabhängigkeit von der Krone staatsrechtlich besiegelte, schwärmte der damals auch in der alten Welt geschätzte politische Kolumnist Thomas Paine: »Das Recht ist jetzt König.«
    Frieden durch Recht: Der neue Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Vorbild: Abraham Lincoln, hat sich auf der Suche nach einer besseren Ordnung auf den Weg in die Geschichte gemacht - da wird er irgendwann unausweichlich bei der großen Idee ankommen, die 1776 aus Europa nach Amerika übersprang. Dem Präsidenten, ehemals Staatsrechtsprofessor in Chicago, kann nicht entgangen sein, welche Rolle das Reichskammergericht einst für die

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