Der globale Polizeistaat
betreffende Beamte das Dörfchen, gegen das sich seine Ermittlungen richten, auf keinem Atlas finden - es gibt einen Vorgang mit einem Aktenzeichen in einer deutschen Behörde. Und der bleibt nicht folgenlos. Denn ein Vorgang ist ein Sachverhalt, der zu den kühnsten Maßnahmen berechtigt: So erst wird die Antiterrordatei des Innenministers wirklich global, denn jeder, der nach 129b Böses tut oder in Verdacht steht, Böses zu tun, oder Böses unterstützt oder in Verdacht steht, Böses zu unterstützen, oder Kontakt zu einem hat, der einen, der Böses tut, unterstützt, oder in Verdacht steht …
Wir wissen es jetzt.
»Ein Massenmord von unvorstellbarem Ausmaß«
Was die Polizei genau weiß, aber nicht beweisen kann -
Live-Fernsehen fürs BKA - Karottenbrei im Morgengrauen -
Die Briten nerven - Die Gefährlichkeit von Golfbällen
Dass das Strafrecht nicht zum Kampf gegen den Terrorismus taugt, wird in anderen europäischen Ländern noch drastischer deutlich. Im terrorgeplagten Großbritannien etwa biss sich die Justiz ihre Zähne an Ali Ahmed Khan aus, einem pakistanischenglischen Terroristen. Mutmaßlicher Terrorist, bitte: Alle sind sich sicher, dass er mindestens sieben vollbesetzte Transatlantikflugzeuge auf dem Weg von London Heathrow in die USA explodieren lassen wollte. Ihm verdanken wir, dass wir vor jedem Flug alle Flüssigkeiten, die wir mit an Bord nehmen wollen, in
ein kleines durchsichtiges Plastiktütchen packen und einem Kontrolleur zeigen müssen. Und dennoch ist es bisher keinem Gericht gelungen, ihn zu verurteilen.
Khan ist der innere Feind. Aufgewachsen ist er als Brite unter Briten im Londoner Osten, wo es eine große pakistanische Gemeinde gibt und eine lebendige pakistanische Subkultur aus dem ehemaligen britischen Kolonialreich etabliert ist. »The angry sons« muslimischer Einwanderer, nennt sie der Economist , Scotland Yard hält viele der zornigen jungen Männer für Islamisten. Der britische Geheimdienst interessierte sich für den 25-jährigen Khan, seit dieser vor Jahren mehrfach ins pakistanisch-afghanische Grenzgebiet reiste. Dorthin, wo man jene weltweit berüchtigten Terroristenschmieden findet, in denen angeblich Al Kaida ihre Selbstmordattentäter ausbildet.
Im Juli 2005 sprengten Islamisten in Londons Innenstadt U-Bahnwaggons und einen Bus in die Luft. Und bald darauf meldete sich, von den Ereignissen sensibilisiert, jemand aus der islamischen Einwanderergemeinde bei den Ermittlern, um zu berichten, dass in seiner Nachbarschaft Verdächtiges vorgehe. Möglicherweise sei da noch ein weiterer Anschlag geplant. Geheimdienst und Scotland Yard filzten ihre Listen, glichen ab und kamen zunächst auf rund 1000 Muslime, einige von ihnen britische Konvertiten, denen sie ein weiteres Attentat zutrauen würden. Khan war natürlich auch dabei. Die lange Liste wurde systematisch abgearbeitet: Tatsächlich stießen die Fahnder auf eine ganze Gruppe, die Verbindungen zu Expakistanis im ganzen Land geknüpft hatte, heftig Informationen austauschte und bei näherem Hinsehen ein »ungesundes Interesse« (Polizei) an flüssigem Sprengstoff zeigte. Khan war auch dabei.
Zum Stichwort »flüssiger Sprengstoff« findet jeder Terrorismusexperte in seinen Archiven die Geschichte von Ramzi Yousef. Das ist der Terrorist, der noch heute in Colorado in Isolationshaft sitzt, weil er 1993 den ersten Anschlag auf das World Trade Center in Manhattan ausgeführt hat. Die Bombe, die er damals mit vier Komplizen zündete, kostete sechs Menschen das Leben.
Yousef fuhr rechtzeitig vor der Explosion über den Hudson und beobachtete vom anderen Ufer, wie der Rauch aus den Türmen aufstieg, die damals zu seiner Enttäuschung nicht zusammenstürzten. Zwei Jahre war Yousef hinterher auf der Flucht und hatte genug Zeit, neues Unheil zu stiften. An Bord eines Flugzeugs der Philippine Airlines baute der Terrorist unbeobachtet eine kleine Bombe aus Flüssigsprengstoff, den er in einer Flasche für Kontaktlinsenreiniger verborgen hatte. Als Zünder diente eine Digitaluhr. Die Höllenmaschine versteckte Yousef unter seinem Sitz, bevor er bei einem Zwischenstopp das Flugzeug verließ. Auf dem Weiterflug detonierte der Sprengsatz. Der Pilot konnte die Maschine trotzdem sicher landen - doch die Explosion forderte einen Toten und mehrere Verletzte. Zwei Monate später wurde der Bombenbauer in einem Unterschlupf Osama Bin Ladens verhaftet.
Das Aktenstudium löste in London Großalarm aus. Es war möglich, das hatte
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