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Der globale Polizeistaat

Der globale Polizeistaat

Titel: Der globale Polizeistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Darnstädt
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bestünde ein faktischer Zustand der Rechtlosigkeit.« Zum Beleg zitierte der Minister einen Satz des Reichsgerichtsrats Otto Bähr
aus dem 19. Jahrhundert: »Damit der Rechtsstaat zur Wahrheit werde, genügt es nicht, dass das öffentliche Recht durch Gesetze bestimmt sei, sondern es muss auch eine Rechtsprechung geben, welche das Recht für den concreten Fall feststellt und damit für dessen Wiederherstellung, wo es verletzt wird, eine unzweifelhafte Grundlage schafft.«
    Dass ein begeisterter Richter das so sieht, ist verständlich, und es ist ja auch nicht falsch: Die verbindliche Präzisierung der Gesetze durch die Justiz verschärft den Willen des Gesetzgebers für den konkreten Streitfall und stärkt auf diese Weise das Fundament des Rechtsstaates: die Gesetzesbindung der Obrigkeit.
    Doch was macht der deutsche Innenminister daraus? Schäuble: Das Rechtsstaatsgebot »der Durchsetzung des Rechts beschränkt sich nicht auf die Gerichte, sondern erstreckt sich ebenso auf die Exekutive. Die Durchsetzung des Rechts umfasst die Ahndung von Rechtsverstößen und die Wiederherstellung des Rechts durch geordnete und grundrechtlich gemäßigte staatliche Verfolgung und Sanktion.« Dazu gehöre auch, »dass wir die Bedingungen schaffen, die Straftaten verhindern und ihnen schon im Vorfeld vorbeugen«.
    Aber da hat jemand etwas listig durcheinandergebracht: Die Sicherheit der Bürger vor dem Staat und die Sicherheit, die der Staat seinen Bürgern bietet, gehen im »integrierten Ansatz« durcheinander. Das ist der »erweiterte Sicherheitsbegriff«, den sich die Unions-Fraktion des Bundestages in ihrer »Sicherheitsstrategie für Deutschland« per Beschluss im Mai 2008 zu eigen gemacht hat.
    Der »erweiterte Sicherheitsbegriff« zielt auf die Sicherheit des ganzen Staates. Es klingt vernünftig, wenn der Innenminister erklärt: »Unsere Sicherheit ist heute gar nicht mehr durch militärische Bedrohungen im engeren Sinn bedroht. Aber die Sicherheit unserer Energieversorgung oder die Sicherheit unserer kritischen Infrastruktur sollten wir im Blick behalten.« Denn Terroristen zielen, wie wir wissen, nicht auf die Verletzung der Rechtsgüter des Einzelnen, sondern auf die Funktionsfähigkeit
von Staat und Gesellschaft. Einen Schritt weiter: Wenn die staatliche Gewähr von Recht und Ordnung, die innere Sicherheit, zum Rechtsstaatsgebot erhoben wird, dann ist ein terroristischer Angriff ein Angriff auf den Rechtsstaat. Die Verteidigung des Staates gegen Terroristen wird vom Staatsschutz zum Rechtsstaatsschutz. Rechtsstaatlich bedenklich, so die Konsequenz, sind rechtsstaatliche Bedenken gegen allzu viele polizeiliche Eingriffsbefugnisse. Es geht, wie Staatsrechtler Depenheuer sagt, um die »Selbstbehauptung des Rechtsstaates«, wenn man ihn, zu seinem Schutze, nicht allzu eng sieht. Doch der Rechtsstaat kann sich nicht behaupten, sondern nur der Staat, dies aber bitte zumindest nach innen mit rechtsstaatlichen Mitteln. Schäuble aber erklärt es so: »Der Gesetzgeber« dürfe sich aus Gründen der Rechtsstaatlichkeit, der »Verantwortung nicht entziehen, die Voraussetzungen und gesetzlichen Grundlagen zu schaffen«, damit »wir operativ auf der Höhe derjenigen bleiben, die unsere Sicherheit gefährden«. Das Verhältnis des Staates zu den Bürgern hat sich grundlegend geändert: Aus rechtsstaatlich begrenzten polizeilichen Eingriffen in die Grundrechte der Menschen ist, so Schäuble, »ein Wettkampf mit den Gefährdern« geworden. Der »Wettkampf« ist eine neue Kategorie des Polizeirechts. Im Rechtsstaat gibt es keinen Wettkampf. Im Rechtsstaat gibt es Gesetzesanwendung.
    Wettkampf, wird er unter Einsatz von Gewalt ausgetragen, ist Krieg. Und da der »erweiterte Sicherheitsbegriff« Krieg und Frieden nicht mehr trennt, ist es nur konsequent, wenn sich der Staat entsprechend aufstellt. Die Lehre etwa, dass die auswärtigen Beziehungen dem Außenministerium, der Umgang mit den eigenen Bürgern hingegen dem Innenminister zugeordnet sind, ist für Schäuble »altes Denken«. Der deutsche Sicherheitschef hat von Experten das Modell eines »Nationalen Sicherheitsrates« entwickeln lassen 8 , das die Unions-Fraktion bereits abgesegnet hat. Ein Modell der weltweit integrierten Sicherheitspolitik: Das Regierungsgremium unter Vorsitz der Bundeskanzlerin soll die »Wehrhaftigkeit Deutschlands nach außen und nach innen«
sicherstellen: Wartime Power für Angela Merkel? »Organe der inneren und äußeren Sicherheit« - zu deutsch:

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