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Der globale Polizeistaat

Der globale Polizeistaat

Titel: Der globale Polizeistaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Darnstädt
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Militär und Polizei - sollen »miteinander verzahnt« werden. »Optimales Krisenmanagement« weltweit soll am deutschen Polizeiföderalismus nicht scheitern: Das Oberkommando der Wehrhaftigkeit soll »eine adäquate Koordination zwischen Bund, Ländern und Gemeinden sicherstellen« und »nichtstaatliche Organisationen« einbinden. Optimal und adäquat, eingebunden und verzahnt: Solche Wörter haben sie in Amerika nicht. Da wird die Verfassung, wie wir sahen, mit Karacho gebrochen. In Deutschland wird selbst der Ausnahmezustand in gepflegtem Bürokratendeutsch verhängt.
    Das neue Deutsch prägt das neue Denken. Rainer Griesbaum, der stellvertretende Generalbundesanwalt, trat im September 2008 auf dem Deutschen Juristentag vors Publikum und forderte im Kampf gegen den Terrorismus »pragmatische, am Rechtsstaatsprinzip orientierte Lösungen«. 9 Rainer Griesbaum ist Staatsanwalt und als solcher nicht »am Rechtsstaatsprinzip orientiert«, sondern durch die Strafprozessordnung auf den Rechtsstaat und alle Gesetze, die ihn ausmachen, verpflichtet. Alles andere ist Rechtsbeugung und wird bestraft. Er hat nicht »pragmatisch«, sondern nach dem Legalitätsprinzip zu handeln, das ihn als Strafverfolger verpflichtet, unabhängig von Überlegungen der Opportunität verdammt noch mal zu tun, was im Gesetz steht.
    Wenn also ein so hoher Staatsanwalt so etwas sagt, macht das neugierig. Meint er, er möchte seinen Beruf nicht mehr ausüben? Möchte er eine andere Rechtsordnung? Er möchte einen anderen Staat: Deutschland, erklärte Griesbaum weiter, solle als Teil eines »Gesamtsystems« begriffen werden, und zwar besonders, wenn aus »pragmatischen Gründen« die rechtsstaatlichen Essentials der deutschen Strafprozessordnung nicht eingehalten werden können. Die »starren Entscheidungsschablonen« des deutschen Strafprozessrechts bei der Verwendung von unrechtmäßig - etwa durch Folter oder List - erhobenen Beweisen seien zu eng, wenn
es etwa um ausländische Zeugenaussagen zweifelhafter Herkunft gehe. Auch solche Informationen, die außerhalb der Reichweite des deutschen Grundgesetzes erhoben worden seien, dürfe man nicht »völlig ausblenden«, sie sollten im Einzelfall verwendbar sein, um etwa Ermittlungen wegen eines bevorstehen Anschlages einzuleiten.
    Wie weit reicht das integrierte »Gesamtsystem« der deutschen Strafverfolger? Bis in die Foltergefängnisse der CIA?
    Der Versuch, die Verfolgung des Feindes in Formen des Rechts zu kleiden, stößt auf außerordentliche Schwierigkeiten. Wir haben erfahren, dass sich Feinde vom Schlage eines Eric Breininger den herkömmlichen Kriterien des Polizeirechts und des Strafrechts entziehen. Ein Recht, das die angemessene Reaktion des Staates auf »Gefährder« wie reisende Islamisten steuert, kann sich nicht an realen Ereignissen, an einer Tatsachengrundlage, orientieren. Die Bedrohung durch den Terror ist zeitlos, ortlos, irreal. Die Behörden können sich nur an eines halten: an Personen, die ihnen irgendwie verdächtig und darum dem Feind zugehörig scheinen. Die Strategen der integrierten Sicherheit bekämpfen nicht mehr gefährliche Situationen oder Straftaten - sie bekämpfen Menschen. Dazu brauchen sie Eingriffsbefugnisse, die es ihnen erlauben, Menschen, ob Staatsbürger oder Ausländer, als »gefährlich« zu bezeichnen. Anders als im Strafrecht, wo ein Täter - und auch dies nur ausnahmsweise - als »gefährlich« eingestuft werden darf, wenn er schon mindestens einmal eine entsprechende Straftat begangen hat, geht es bei der Terrorbekämpfung darum, Personen herauszufinden, die noch nichts getan haben, jedenfalls nichts Terroristisches. Es kann sogar darum gehen, Personen zu fixieren, die nicht mal etwas Auffälliges getan haben - sogenannte Schläfer. Im Extremfall kann es darum gehen, in die Gedanken und die geheimen Wünsche, ins Allerintimste vorzudringen, um eine Person als »gefährlich« auszuzeichnen. Für die Zugehörigkeit zum Feindeslager genügt es ja oft schon, mit dem Feind zu sympathisieren, vielleicht unauffällig Umgang mit Sympathisanten zu haben.

    Personenbezogenes statt fallbezogenes Polizeirecht kann Rechtsfolgen nicht in sinnvoller Weise an objektiv überprüfbare Voraussetzungen knüpfen. So ist es zwar möglich, staatliche Maßnahmen gegen jede Person anzuordnen, die nicht ehelich geboren oder kleiner als 150 Zentimeter ist. Das wären klare, aber sinnlose - und oft auch unmenschliche Gesetze. Andererseits ist es nicht möglich, ein Gesetz zu

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