Der globale Polizeistaat
eines jeden, der in den Verdacht gerät, dem Terror zu dienen, also zum Feind zu gehören - er vernichtet auch jegliche Überprüfbarkeit des Verdachts. Denn im Krieg bedarf es keiner tatsächlichen Voraussetzungen für Maßnahmen gegen Menschen - allein die Zugehörigkeit zum Feind genügt sogar zum Töten. Die Zugehörigkeit zum Feind aber wird im Krieg gegen den Terror ebenfalls unüberprüfbar: Die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung erweist sich weder durch Uniform noch durch Mitgliedsausweise. Das Gericht, so weit es überhaupt etwas zu sagen hat, ist mangels subsumtionsfähiger Eingriffsermächtigungen zur Rechtsanwendung gar nicht in der Lage. Ob jemand feindlicher Kämpfer ist, weiß letztlich nur die CIA. Deren erfolterte Beschuldigungen, so versichert der BND-Chef Ernst Uhrlau, werden in Deutschland »nicht im Strafverfahren« verwendet, wohl aber im Krieg gegen den Terror: Deutschland habe von solchen Geständnissen »unter dem Gesichtspunkt der Abwehr und der Strukturaufklärung der Netzwerke profitiert«. 7
Das ist genau die doppelte Moral des Professors Pawlik: Was sich in einem rechtsstaatlichen Strafverfahren verbietet, rechtfertigt sich ohne Weiteres, wenn man Bürger zu Feinden erklärt, die Gefahrenabwehr zum »Krieg«. Die Rede von »Gefährdern« klingt so rechtsstaatlich harmlos. Was dahintersteckt, zeigt sich nun ganz offen: Die unbegrenzte Ermächtigung des Staates, Krieg gegen seine Bürger zu führen. Feindliche Kämpfer sind zumindest nach den US-Grundsätzen auch Journalisten, die durch unbotmäßige Heimlichtuerei den Krieg gegen den Terror behindern. 8 Da ist es nur konsequent, wenn im neuen BKA-Gesetz das Ausspionieren dieser Feinde ebenso erlaubt ist. Da auch sie sich außerhalb der Gemeinschaft der Menschenrechts-Träger
befinden, brauchen sie sich nicht zu wundern, wenn ihre redaktionsinterne Kommunikation wie im Fall K. von den Jungs im Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum rein präventiv gegengelesen wird.
»Selbstverschuldete Rettungsbefragung«
Die strafbare Absicht - Ein Grundrecht auf Sicherheit - Warum
nicht foltern? - Der Punkt ist gekommen - Umso schlimmer
für das Grundgesetz - Wolfgang Schäuble hat recht behalten
Es nutzt gar nichts, sich über Michael Pawlik zu empören. Der Wissenschaftler denkt nur mit Stringenz zu Ende, was im Krieg gegen den Terrorismus von anderen, weit vorsichtigeren Kämpfern angedacht und vorbereitet worden ist. Wie der Rechtsstaat unter der Maske des biedermännischen Strafrechts (allein der Titel »Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz« müsste jeden Bürger schlaflos machen) den Paradigmenwechsel zum Kriegsstaat vollzieht, führt der Strafrechtsprofessor ja eindringlich vor: Dass die Bundesjustizministerin verkündet, sie werde künftig das »Aufnehmen oder Unterhalten von Beziehungen zu einer terroristischen Organisation« unter Strafe stellen, »wenn dies in der Absicht geschieht, sich in der Begehung von Anschlägen unterweisen zu lassen«, ist das eine Illustration des Befundes, dass der Staat nicht Tätern, sondern Feinden hinterherjagt. Wenn die Ministerin dies als eine »Feinjustierung unseres strafrechtlichen Instrumentariums« erklärt 9 , versucht sie, ihre Bürger nicht nur für rechtlos, sondern auch noch für dumm zu verkaufen.
Viele Politiker machen sich gar nicht mehr die Mühe solcher Camouflage. Dass man die Mittel des Krieges anwenden müsse, um im Land mit dem Terror fertig zu werden, ist nicht nur die Auffassung Wolfgang Schäubles, es ist mittlerweile geradezu Koalitionskonsens. Brigitte Zypries’ Parteifreund, der SPD-Innensprecher Dieter Wiefelspütz, publiziert kühne Thesen 10 ,
die auf der Einsicht beruhen: »Eine Bekämpfung ausschließlich mit den Mitteln des Strafrechts, der Polizei und der Justiz ist nicht mehr angemessen und ausreichend.« Notfalls müsse die Bundeswehr ran: »Entscheidend ist, dass die Unversehrtheit des eigenen Hoheitsgebietes und seiner Bürger geschützt wird und polizeiliches Handeln erkennbar nicht für die Gefahrenabwehr ausreicht.« Der Einsatz gegen den Terror schließe auch ein, »Tötungshandlungen vorzunehmen, die nicht gegen geltendes Kriegsvölkerrecht verstoßen«.
Wiefelspütz geht weiter: Es folge aus der Verfassung geradezu die Pflicht des Staates, seine Bürger mit allen Mitteln, notfalls auch kriegerischen, vor der unheimlichen Bedrohung zu schützen: »Diese Schutzpflicht«, schreibt der Rechtspolitiker, »ist umfassend. Sie gebietet dem Staat,
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