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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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Stimme, dann wandte er das Haupt und stürzte unter lautem Schluchzen die Treppe hinab.
    Als er auf den Platz trat, sah er nur ein schönes Pferd, das am Tore des Hauses Gondelaurier angebunden war. Der Hauptmann war schon eingetreten. Esmeralda befand sich noch immer auf demselben Platze in derselben Stellung. Er gab ihr ein trauriges Zeichen mit dem Kopfe; dann lehnte er sich an einen Stein der Vorhalle, entschlossen, zu warten, bis der Hauptmann wieder herauskäme. Im Hause Gondelaurier ward ein Fest gegeben, wie dergleichen dem Hochzeitstage vorauszugehen pflegt. Quasimodo sah viele Leute hineingehen, aber niemand herauskommen. Von Zeit zu Zeit sah er auf das Dach. Die Zigeunerin regte sich ebensowenig wie er. Ein Stallknecht band das Pferd los und führte es in den Stall. So verging der Tag. Quasimodo lehnte sich auf den Stein. Esmeralda kniete auf dem Dache, und Phoebus lag ohne Zweifel zu den Füßen der Fleur-de-Lys.
    Endlich brach die Nacht an. Sie war dunkel. Quasimodo heftete vergebens den Blick auf Esmeralda; in der Dämmerung sah er nur etwas Weißes, bald aber gar nichts mehr. Alles erlosch und wurde schwarz.
    Dann sah Quasimodo, wie die Fassade des Hauses von oben bis unten erleuchtet ward, und wie bald nacheinander die übrigen Fenster des Platzes von Licht erglänzten. Auch sah er, wie sie nacheinander wieder erloschen, denn er blieb den ganzen Abend hindurch auf seinem Posten. Der Offizier kam nicht heraus. Als die letzten Vorübergehenden heimgekehrt waren, als die Fenster aller Häuser dunkel wurden, blieb Quasimodo ganz allein in der Finsternis. Damals war der Vorplatz von Notre-Dame noch nicht erleuchtet. Die Fenster des Hauses Gondelaurier blieben aber auch nach Mitternacht hell. Quasimodo sah unbeweglich und aufmerksam vor den buntfarbigen Scheiben ein Gedränge von lebhaften, tanzenden Schatten vorüberfliegen. Wäre er nicht taub gewesen, hätte er, je mehr Paris in Schlaf versank, den Lärm des Festes, der Musik und des Lachens im Innern des Hauses Gondelaurier desto deutlicher vernehmen können. Gegen ein Uhr morgens begannen die Gäste sich zu entfernen. Quasimodo, in Finsternis gehüllt, sah sie alle unter der durch Fackeln erleuchteten Halle vorübergehen. In keinem erkannte er den Hauptmann.
    Er war voll trauriger Gedanken, bisweilen blickte er in die Luft, wie jemand, der sich langweilt. Schwarze, zerrissene Wolken hingen wie Hängematten von Flor auf dem gestirnten Boden des Himmels. Da sah er, wie plötzlich die Fenstertür des Balkons, dessen Geländer über seinem Kopfe emporragte, sich öffnete. Durch die dünne Glastür traten zwei Personen; leise ward sie geschlossen; jene waren ein Mann und ein Mädchen. Und mit Mühe konnte Quasimodo in dem Manne den Hauptmann und in dem Mädchen dieselbe Dame erkennen, die den Offizier vom Balkon herab so freundlich begrüßte, wie er am Morgen gesehen hatte. Der Platz war dunkel, und ein doppelter Karmoisin-Vorhang, der hinter der Tür im Augenblick hinabgesunken war, wie sie sich schloß, ließ das Licht des Zimmers auf den Balkon nicht eindringen.
    Der junge Mann und das Mädchen, so weit unser Tauber es beurteilen konnte, schienen sich einem sehr zärtlichen Gespräche hinzugeben. Das Mädchen schien dem Offizier erlaubt zu haben, seinen Arm zu ihrem Gürtel zu machen, und sträubte sich nur sanft gegen einen Kuß. Die Unterredung der beiden ward immer lebhafter. Die junge Dame schien den Offizier anzuflehen, um nicht weiter zu bitten. Da öffnete sich plötzlich die Tür des Balkons und eine alte Dame kam zum Vorschein. Die Schöne schien verlegen, der Offizier sah verdrießlich aus, und alle drei traten ins Zimmer zurück.
    Bald darauf schnaubte ein Roß unter der Halle, und der glänzende Offizier ging, in seinen Nachtmantel gehüllt, schnell an Quasimodo vorüber. Der Glöckner ließ ihn um die Straßenecke reiten, lief dann mit der Schnelligkeit eines Affen hinter ihm her und rief: „He, Herr Hauptmann!“
    Der Hauptmann hielt sein Roß an. „Was will der Schuft?“ sprach er, da er eine Art von Krüppel keuchend hinter sich herrennen sah.
    Quasimodo erreichte ihn und griff keck in den Zügel seines Pferdes mit den Worten: „Folgt mir, Herr Hauptmann! Jemand will Euch sprechen.“
    „Mahoms Horn!“ murmelte Phoebus, „dich häßlichen, zerzausten Vogel habe ich schon irgendwo gesehen. Holla, Meister, willst du den Zügel meines Pferdes loslassen?“
    „Herr Hauptmann“, antwortete der Taube, „fragt Ihr mich nicht, wen ich

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