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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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vorüberziehen. Der Zug war glänzend und das Pflaster ertönte unter ihm.
    „Warum betrachtet Ihr so den Offizier?“ sprach Gringoire zum Archidiakonus. – „Ich glaube ihn zu kennen.“ – „Wie heißt er?“ – „Phoebus von Chateaupers, wie ich glaube.“ – „Phoebus! Ein sonderbarer Name! Es gibt einen Phoebus, Graf von Foir. Auch erinnere ich mich, ein Mädchen gekannt zu haben, das nur beim Namen Phoebus schwur.“ – „Kommt“, sprach der Priester, „ich muß Euch etwas sagen.“
    Nachdem die Reiter vorübergezogen waren, durchbebte einige Aufregung die eisige Hülle des Archidiakonus. Er ging; Gringoire folgte ihm. Denn wie jeder, der mit diesem Manne von überlegenem Geiste einmal in Berührung gekommen war, war er gewohnt, ihm zu gehorchen. Schweigend gelangten sie an die ziemlich einsame Straße der Bernardiner. Dom Claude stand hier still.
    „Meister, was habt Ihr mir zu sagen?“ fragte Gringoire. – „Findet Ihr nicht“, erwiderte der Archidiakonus mit dem Ausdruck des tiefsten Nachsinnens, „daß das Kleid jener Reiter schöner ist als Eures und meines?“
    Gringoire schüttelte jedoch den Kopf. „Meiner Treu, ich liebe mein gelb-rotes Wams mehr als diese Schuppen von Eisen und Stahl.“ – „Also Gringoire, Ihr habt diese schönen Kerle im Kriegskleide nie beneidet?“ – „Weshalb, Herr Archidiakonus? Um ihre Disziplin, ihre Stärke, ihre Rüstung? Philosophie und Unabhängigkeit in Lumpen ist mehr wert. Ich will lieber ein Fliegenflügel als ein Löwenkopf sein.“ – „Sonderbar“, sprach der Priester mit finsterem Antlitz, „ein schönes Kleid ist doch schön!“
    „Peter Gringoire“, fuhr der Archidiakonus fort, „was habt Ihr mit der kleinen Zigeunerin, der Tänzerin, angefangen?“ – „Ihr meint die Esmeralda? Nun, Ihr wechselt sehr plötzlich den Gegenstand des Gesprächs.“ – „War sie nicht Eure Frau?“ – „Ja, vermittels des zerbrochenen Kruges. – Wir hatten vier Jahre zusammen zu leben. Beiläufig gesagt“, fügte Gringoire mit halb scherzender Miene hinzu, indem er den Archidiakonus ins Gesicht sah, „Ihr denkt noch immer daran?“ – „Ihr nicht mehr?“ – „Selten. Mir liegen so viele Dinge im Kopf. Gott, wie schön war doch die Ziege!“ – „Hat Euch die Zigeunerin nicht das Leben gerettet?“ – „Wahrhaftig! Ja.“ – „Nun, was ist aus ihr geworden, was habt Ihr mit ihr angefangen?“ – „Ich kann’s Euch nicht sagen. Man hat sie, glaube ich, gehenkt.“ – „So?“ – „Ich weiß es nicht gewiß. Als ich sah, es ging ans Henken, habe ich mich aus dem Spiel gezogen.“ – „Weiter wißt Ihr nichts?“ – „Wartet. Ja; ich hörte, sie habe sich in die Kirche Notre-Dame geflüchtet und sei dort in Sicherheit. Mir ist dies sehr lieb. Ich habe nicht entdecken können, ob die Ziege sich auch hat retten können. Weiter weiß ich nichts.“ – „Ich will Euch noch Näheres sagen“, sprach Dom Claude, und seine bis dahin langsame, fast dumpfe Stimme ward plötzlich donnernd. „Ja, sie hat sich in die Kirche Notre-Dame geflüchtet. Aber die Gerechtigkeit wird sie in drei Tagen dort herausholen, um sie auf dem Grèveplatz zu henken. So befiehlt es ein Parlamentsbeschluß.“ – „Das tut mir leid“, sprach Gringoire.
    Der Priester war in einem Augenblick kalt und ruhig geworden.
    „Wer zum Teufel“, fuhr der Dichter fort, „hat sich das Vergnügen gemacht, einen Beschluß der Wiederverhaftung nachzusuchen? Konnte man nicht das Parlament in Ruhe lassen? Was ist daran gelegen, ob ein armes Mädchen unter den Schwibbögen der Kirche neben Schwalbennestern Schutz sucht? – „In der Welt gibt es Teufel“, erwiderte der Archidiakonus. – „Das ist verteufelt eingerichtet“, bemerkte Gringoire.
    Nach einer Pause begann der Archidiakonus aufs neue: „Sie rettete Euch das Leben.“ – „Ja, bei meinen Freunden, den Landstreichern. Beinah hätten sie mich gehenkt. Jetzt würde es ihnen leid tun.“ – „Ihr wollt nichts für sie tun?“ – „Oh ja, Dom Claude, ich lade mir da aber eine schlimme Angelegenheit auf den Hals.“ – „Was ist daran gelegen!“ – „So? Was ist daran gelegen? Wahrhaftig, Meister, Ihr seid gutmütig. Ich habe zwei große Werke angefangen.“ – Der Priester schlug sich vor die Stirn. Ungeachtet seiner scheinbaren Ruhe enthüllte von Zeit zu Zeit eine heftige Bewegung seine inneren Zuckungen. – „Wie kann man sie retten?“
    Gringoire antwortete: „Ich, Meister, würde

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