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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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Guillaume Rym: „Hm! Von dem hustenden König habe ich genug! Ich sah Karl von Burgund betrunken; er war aber nicht so boshaft wie der kranke Ludwig XI.“
    „Meister Jacques“, erwiderte Rym, „der Wein wirkt nicht so grausam bei Königen wie Medizin.“

46. Der kleine Schuh
    Als Gringoire die Bastille verließ, rannte er so schnell wie ein scheues Pferd die Straße St. Antoine hinab. An der Porte Baudoyer lief er geradewegs auf das steinerne Kreuz zu, das mitten auf dem Platz errichtet war, als habe er im Dunkel die Gestalt eines schwarzgekleideten und mit einer Kapuze verhüllten Menschen erkannt, der auf den Stufen des Kreuzes saß. „Seid Ihr’s, Meister?“ fragte Gringoire. Die schwarze Gestalt erhob sich. „Tod und Hölle! Ihr laßt mich hier kochen, Gringoire. Der Nachtwächter auf dem Turm St. Gervais hat schon zwei Uhr morgens ausgerufen.“ – „Oh“, erwiderte Gringoire, „meine Schuld ist das nicht; sondern es liegt ganz allein an der Scharwache des Königs. Ich bin nur mit Not entwischt und gewiß dazu vorherbestimmt, immer nahe daran zu sein, gehängt zu werden.“ – „Du verfehlst alles; schnell! Das Losungswort!“ – „Denkt Euch, Meister, ich sah den König und komme von ihm. Er trägt wollene Hosen. Ein wahres Abenteuer!“ – „Oh du Spinnrocken von Worten! Weißt du das Losungswort der Landstreicher?“ – „Ja, seid unbesorgt: Kleine Flamme beim Spiel.“ – „Gut, sonst könnten wir nicht in die Kirche kommen, die Landstreicher versperren die Straßen. Glücklicherweise, scheint es, fanden sie Widerstand. Wir kommen wohl noch zur rechten Zeit.“ – „Ja, Meister. Wie können wir aber in Notre-Dame eindringen?“ – „Ich habe den Schlüssel zu den Türmen.“ – „Und wie kommen wir hinaus?“ – „Hinter dem Kloster führt eine kleine Tür zum Terrain und von da zum Fluß. Ich habe den Schlüssel bei mir und habe heute morgen einen Kahn dort angebunden.“ –„Beinahe wäre ich gehängt worden.“ – „Komm schnell.“
    Beide gingen mit großen Schritten zur Stadt hinab.
    Vielleicht erinnert sich noch der Leser der kritischen Lage, in der wir Quasimodo verließen. Der tapfere Taube hatte, wenn auch nicht den Mut, doch alle Hoffnung verloren, die Zigeunerin zu retten (denn an sich selbst dachte er nicht). Verzweifelnd lief er auf der Galerie hin und her. Notre-Dame war nahe daran, von den Landstreichern erstürmt zu werden. Plötzlich vernahm man starken Pferdegalopp in den benachbarten Straßen; man sah eine lange Reihe Fackeln und eine dichte Kolonne von Reitern, die mit verhängten Zügeln und gesenkten Lanzen einhersprengten. Wie ein Orkan drang auf den Platz das Wutgeschrei: „Frankreich! Frankreich! Nieder mit den Bürgern! Chateaupers zum Angriff! Prévoté, Prévoté!“
    Die Landstreicher wandten sich auf einmal um. Quasimodo, der nichts hörte, sah die blanken Degen, Fackeln, Lanzenspitzen, und erkannte an der Spitze der Reiter den Hauptmann Phoebus von Chateaupers; er sah die Verwirrung der Landstreicher, die Furcht der einen, Bestürzung bei den Tapfersten, und fand durch diese unerwartete Hilfe so viel Kraft, daß er die vordersten der Stürmenden, die mit den Knien schon über das Geländer sprangen, hinabstürzen konnte.
    Die Truppen des Königs waren eingetroffen. Die Landstreicher fochten tapfer und verteidigten sich als Verzweifelte. In der Flanke und im Rücken angegriffen, zugleich Belagerer und Belagerte, wurden sie gegen die Kirche gedrängt. Das Gemetzel war furchtbar. Die Reiter des Königs, in deren Mitte Phoebus von Chateaupers tapfer focht, gaben keinen Pardon. Die schlechtbewaffneten Landstreicher schäumten und bissen. Sie stürzten sich auf den Rücken, den Bug der Pferde, klammerten sich an wie Katzen, mit Zähnen und Nägeln, Händen und Füßen. Andere schlugen den Reitern ihre Fackeln ins Gesicht und verbrannten ihnen die Augen. Andere stießen mit Haken nach dem Halse der Reiter oder schossen. Die gefallenen Reiter wurden zerfetzt. Man bemerkte einen der Landstreicher, der mit breiter, strahlender Sichel die Füße der Rosse mähte. Er war furchtbar, sang in näselndem Ton ein Lied und führte fortwährend die Sichel. Mit jedem Schlage warf er zerschnittene Glieder um sich. So drang er in das dichteste Reitergewühl mit der ruhigen Langsamkeit und dem regelmäßigen Atemholen des Schnitters, der ein Feld abmäht. Endlich streckte ein Büchsenschuß auch ihn zu Boden. Es war Clopin Trouillefou.
    Unterdes wurden die Fenster

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