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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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Chateaupers, Euch zu dienen, meine Schöne“, erwiderte der Offizier sich aufrichtend. – „Ich dank’ Euch“, sagte die Zigeunerin; und während der Kapitän seinen burgundischen Schnurrbart in die Höhe drehte, schlüpfte sie wie ein Pfeil, der zu Boden sinkt, vom Pferde herunter und entfloh. Ein Blitz konnte nicht schneller entschwinden.
    „Bei des Papstes Nabel“, rief der Hauptmann, indem er Quasimodos Riemen enger schnüren ließ, „das Mädel hätte ich lieber behalten als den hier.“
    „Was ist zu machen, Herr Hauptmann?“ sagte ein Reiter, „die Grasmücke ist davongeflogen, die Fledermaus geblieben.“
    Gringoire, von seinem Sturz betäubt, war auf dem Pflaster vor dem Bilde der heiligen Jungfrau liegen geblieben. Allmählich kam er wieder zur Besinnung. Ein lebhafter Eindruck der Kälte an dem Teile seines Körpers, der mit dem Pflaster in Berührung kam, weckte ihn plötzlich auf und brachte ihn vollends zur Besinnung. „Woher die Kälte“, fuhr er auf. Da bemerkte er, daß er in der Mitte eines Rinnsteines lag. „Der Teufel von buckligem Zyklopen!“ brummte er zwischen den Zähnen und wollte aufstehen; allein zu sehr betäubt und zerschlagen mußte er auf dem Platze bleiben. Übrigens hatte er noch die Hand frei; darum ergab er sich in sein Schicksal und hielt sich die Nase zu.
    „Der Pariser Kot“, dachte er, „stinkt ganz eigentümlich; er muß viel flüchtiges und salpetriges Salz enthalten. Übrigens ist dies die Meinung der Hermetiker …“
    Das Wort Hermetiker rief plötzlich bei ihm wieder den Gedanken an den Archidiakonus Claude Frollo hervor. Er erinnerte sich an den heftigen Auftritt, den er soeben, ob auch undeutlich, erblickt hatte, wie die Zigeunerin mit zwei Männern rang, wie Quasimodo einen Gefährten hatte; und die düstere, stolze Gestalt des Archidiakonus fuhr undeutlich durch sein Gedächtnis. Sonderbar, dachte er, und begann auf dieser Grundlage ein phantastisches Gebäude von Hypothesen, ein philosophisches Kartenhaus, zu errichten. Dann kehrte er plötzlich zur Wirklichkeit zurück. – „Oh, mich friert!“ rief er aus.
    Eine Gruppe von Kindern, von kleinen barfüßigen Wilden, die zu jeder Zeit das Pflaster von Paris unter dem Namen Straßenjungen betreten, lief auf den Kreuzweg zu, wo Gringoire ruhte, lachte, schrie und kümmerte sich durchaus nicht um den Schlaf des Nachbarn. Sie schleppten einen mißgestalteten Sack; schon der Lärm ihrer Holzschuhe hätte einen Toten auferweckt. Gringoire war es noch nicht ganz, und er erhob sich zur Hälfte.
    „Juchhe! Juchhe!“ riefen sie aus voller Kehle, „Eustache Moubon, der alte Eisenhändler an der Straßenecke ist gestorben. Hier haben wir seinen Strohsack und wollen damit ein Freudenfeuer machen! Heute ist ein flamländisch Fest.“
    Und den Strohsack warfen sie gerade auf Gringoire, dem sie sich, ohne ihn zu sehen, nahten. Zugleich nahm einer von ihnen eine Handvoll Stroh, um es an der Lampe der heiligen Jungfrau anzuzünden.
    „Gottes Tod!“ murmelte Gringoire, „hier wird es mir zuletzt zu heiß werden!“
    Der Augenblick war höchst kritisch. Gringoire war nahe daran, zwischen Wasser und Feuer in die Mitte zu geraten. Da machte er eine übernatürliche Kraftanstrengung, wie ein Falschmünzer, den man braten will und der zu entwischen sucht. Er stand auf, warf den Strohmann zwischen die Straßenjungen und entfloh.
    „Heilige Jungfrau!“ riefen die Knaben, „der Eisenhändler geht um!“ und auch sie flohen. Der Strohsack blieb Herr des Schlachtfeldes. Belleforêt, der Vater Lejuge und Corrozet versichern, daß er von der Geistlichkeit des Stadtquartiers am nächsten Tage fortgenommen und mit großem Pomp zum Schatz der Kirche Sainte-Opportune getragen wurde, wo der Sakristan bis 1789 ein recht hübsches Einkommen von dem großen Wunder der heiligen Jungfrau an der Ecke der Rue Mauconseil zog, die allein durch ihre Gegenwart in der denkwürdigen Nacht vom sechsten und den siebenten Januar 1482 den verstorbenen Eustache Moubon durch Beschwörung austrieb, der als er starb, um den Teufel zu prellen, seine Seele boshafterweise im Strohsack versteckt hatte.

11. Der zerbrochene Krug
    Nachdem unser Dichter einige Zeit mit aller Kraft seiner Beine gelaufen war, ohne zu wissen wohin, wobei er nicht selten seinen Kopf an die Straßenecken stieß, in manchen Rinnstein trat, in manches enge und manches Sackgäßchen geriet, manchen Kreuzweg durchlief, blieb er plötzlich stehen, und zwar anfangs, weil er außer

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