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Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame

Titel: Der Glöckner von Nôtre Dame - Hugo, V: Glöckner von Nôtre Dame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Victor Hugo , Pößneck GGP Media GmbH
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Er wartete schon eine Viertelstunde, und diese schien ihm ein Jahrhundert. Plötzlich hörte er die Leiterstufen knarren. Jemand stieg die Treppe hinan. Es öffnete sich die Falltür und Licht erschien. In der wurmstichigen Tür des Loches war eine ziemlich große Ritze, dort legte er sein Antlitz fest an. So konnte er deutlich alles sehen, was in der Kammer vorging. Die Alte mit dem Katzengesicht erschien zuerst an der Falltür, dann Phoebus, der seinen Schnurrbart drehte, und endlich die schöne, anmutige Gestalt der Esmeralda. Der Priester sah sie gleich einer blendenden Erscheinung aus dem Boden emporsteigen. Er zitterte, Dunkel deckte seine Augen, alles schien ihm zu brausen und sich zu drehen; er sah und hörte nichts mehr.
    Als er wieder zur Besinnung kam, saß Phoebus mit Esmeralda allein auf einem hölzernen Koffer. Daneben stand die Lampe, die den Archidiakonus die beiden jugendlichen Gestalten und hinten in der Dachstube ein elendes Bett erkennen ließ. Das junge Mädchen glühte, zitterte. Ihre langen, gesenkten Wimpern beschatteten Purpurwangen. Der Offizier, zu dem sie nicht wagte die Augen aufzuschlagen, strahlte in Heiterkeit. Mit entzückend linkischem Wesen zeichnete sie zusammenhängende Figuren mit der Fingerspitze auf den Deckel des Koffers und sah auf ihren Finger. Ihre Füße sah man nicht; denn die Ziege hatte sich über sie gelegt.
    „Ach“, sprach das Mädchen, ohne die Augen aufzuschlagen, „Herr Phoebus, verachtet mich nicht. Ich fühle, daß ich nicht recht tue.“ – „Ich dich verachten, schönes Kind! Ich dich verachten!“ erwiderte der Hauptmann mit hoher, vornehmer Miene; „Gottes Kopf, warum?“ – „Weil ich Euch folgte.“ – „Hierin, Schöne, verstehen wir uns nicht. Ich sollte Euch nicht verachten, sondern Euch hassen.
    Das Mädchen fing an, ihn erschreckt zu betrachten. – „Mich hassen?“ – „Weil Ihr Euch so lange bitten ließt.“ – „Ach … ich brach ein Gelübde. – Ich werde meine Eltern nicht wiederfinden. Das Amulett verlor seine Kraft. Aber was tut’s? Was brauche ich jetzt Vater und Mutter?“ So sprechend, heftete sie auf den Hauptmann ihre großen, von Freude und Zärtlichkeit feuchten Augen. – „Der Teufel soll mich holen, wenn ich Euch verstehe!“ rief Phoebus aus. Esmeralda schwieg einen Augenblick; dann entfloß eine Träne ihren Augen; ein Seufzer entstieg ihrer Brust, und sie sprach: „Ach! Gnädiger Herr, wie heiß liebe ich Euch!“
    Das Mädchen war von solchem Duft der Keuschheit, von solchem Zauber der Tugend umgeben, daß sich Phoebus nicht ganz behaglich fühlte. Dies Wort aber machte ihn kühn. Er schlang seinen Arm entzückt um die Hüften der Zigeunerin; denn er hatte nur die Gelegenheit erwartet. Der Priester sah dies und prüfte mit dem Finger die Spitze eines Dolches, den er im Busen verborgen hielt.
    „Phoebus“, fuhr die Zigeunerin fort, indem sie sanft die festen Hände des Hauptmanns von ihrem Gürtel löste. „Ihr seid gut, edelmütig, schön. Ihr rettetet mich, ein armes Zigeunerkind. Schon lange träumte ich von einem Offizier, der mir das Leben retten sollte, lange noch bevor ich Euch kannte. Mein Traum hatte eine schöne Uniform, wie Ihr, ein stolzes Antlitz, einen Degen. Ihr heißt Phoebus, und das ist ein schöner Name. Ich liebe Euern Namen, ich liebe Euern Degen. Zieht ihn, Phoebus, daß ich ihn sehe.“
    „Du bist ein Kind“, sprach Phoebus lächelnd und zog den Degen aus der Scheide. Die Zigeunerin betrachtete den Griff, die Klinge und untersuchte mit liebenswürdiger Neugier die Chiffre der Garde. Dann senkte sie den Degen mit den Worten: „Du bist der Degen eines Tapferen. Ich liebe meinen Hauptmann.“
    Phoebus benutzte auch diese Gelegenheit, auf ihren schönen, gebogenen Nacken einen Kuß zu drücken, worauf das Mädchen, rot wie eine Kirsche, sich aufrichtete. Der Priester knirschte im Dunkeln mit den Zähnen.
    „Phoebus“, begann die Zigeunerin aufs neue, „laßt mich mit Euch sprechen. Geht doch, daß ich Eure Sporen klingen höre. Wie schön seid Ihr doch!“
    Der Hauptmann stand auf, ihren Wunsch zu erfüllen, schmälte jedoch mit selbstzufriedenem Lächeln: „Du bist ein Kind! – Beiläufig gesagt, Liebe, hast du mich im Staatskleide gesehn?“ – „Ach nein!“ – „Oh, das ist schön!“ Dann setzte sich Phoebus wieder zu ihr, aber noch näher als früher. „Höre, meine Teure …!“
    Die Zigeunerin schlug ihm leise mit der schönen Hand auf den Mund, voll lieblicher,

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