Der Glucksbringer
dem Bett hervor. Drückte mit dem Daumen den Deckel auf und präsentierte Linda einen Diamantring, der in einem weißen Satinpolster steckte. Breit grinsend meinte er mit rauer, kehliger Stimme: »Willst du mich heiraten?«
Damit hatte Linda nun wahrlich nicht gerechnet. Sie war völlig perplex. Ein Sturm der Emotionen ging über sie hinweg. Seine Worte echoten in ihren Ohren, der dämmrige Raum schien sich mit einem Mal vor ihren Augen zu drehen. Was sollte sie darauf bloß antworten? Ja, ich will? Ich bekenne mich zu dir und heirate dich? Heirat, das bedeutete letztlich Abhängigkeit und Übernahme
von Verantwortung. Ooohh... Welches Teufelchen hatte ihn denn da geritten? Sie konnte nicht mehr klar denken, ihre grauen Zellen gerieten ins Chaos. Wie kam er plötzlich auf das Thema Heiraten? Sie schlug die Augen nieder, spähte heimlich durch ihre dichten Wimpern hindurch zu ihm. Und stellte fest, dass er gespannt wie ein Flitzebogen auf ihre Reaktion wartete. Seine selbstbewusst-zuversichtliche Miene suggerierte ihr, dass er felsenfest mit einem Ja rechnete.
Ach, du lieber Himmel, was sollte sie ihm jetzt bloß antworten? Über Heiraten, Ehe und Kinderkriegen hatten sie nie gesprochen – das war ein Tabuthema gewesen. Eine Flut von Fragen stürmte unvermittelt mit brutaler Härte auf sie ein. Hatte er etwa Bedenken, dass sie nach seiner Abreise mit einem anderen Typen anbandeln könnte? Nach dem Motto: Aus den Augen, aus dem Sinn? Oder wollte er alphamännchengleich sein Terrain abstecken, damit andere Männer die Finger von ihr ließen? Und wieso fragte er sie das jetzt, wenige Tage bevor er den Abflug machte? Als wollte er ihr förmlich das Messer auf die Brust setzen! Linda fühlte sich offen gestanden nicht besonders wohl in ihrer Haut.
»Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Damit hatte ich nicht gerechnet«, antwortete sie unschlüssig, nachdem sich ihre erste Bestürzung gelegt hatte.
»Sicher, es kommt ein bisschen überstürzt. Wir haben bisher noch nie anklingen lassen, ob wir eine engere Bindung eingehen wollen, aber«, er grinste von Neuem, »einmal ist immer das erste Mal. Und ich finde, der Zeitpunkt ist goldrichtig.« Er senkte seine blauen Augen beschwörend in ihre. »Und?«
»O Tony, ich werde die Frage weder mit Ja noch mit Nein beantworten. Es ist... ich brauche einfach Zeit
zum Nachdenken.« Ihr war klar, dass sie ihn mit dieser Antwort verletzte. Trotzdem wollte sie kein Blatt vor den Mund nehmen und ehrlich sein, in ihrer beider Interesse. Sie mochte Tony sehr, vielleicht war sie sogar in ihn verliebt – sie war sich einfach unsicher, wie tief sie für ihn empfand. Eines wusste sie jedoch: Sie war nicht scharf auf eine Ehe, für diese Bis-dass-der-Todeuch-scheidet-Geschichte. Das kam überhaupt nicht in die Tüte.
Er geriet sofort in die Defensive. »Die Frage ist doch nicht schwer zu beantworten, Linda. Entweder willst du mich heiraten oder du willst nicht.« Weiterhin die geöffnete Schachtel in der Hand haltend, ließ er nach einem langen Blick zu Linda den Deckel zuschnappen und schob sie wieder unter das Bett. »Keine Antwort ist auch eine Antwort.« Er raufte sich die Haare. »Dass ich darauf nicht gleich gekommen bin. Du und deine verdammte Unabhängigkeit. Die bedeutet dir mehr als ich.« Mit einer Mischung aus Ärger und Verletztheit presste er die Lippen zu einer schmalen Linie aufeinander. »Es war ein großer Fehler, dass ich überhaupt gefragt habe, das sehe ich jetzt ein. Ich dachte, du bist reif genug für die Ehe, aber da hab ich mich offenbar getäuscht. Du willst dich nicht binden, sondern lediglich dein Vergnügen haben. Ich kann dir nur den einen guten Rat geben, Linda: Werd endlich erwachsen. Aber«, er stockte und fuhr dann fort: »Glaub ja nicht, dass ich so lange warte.«
»Wie meinst du das?« Bittere Tränen glitzerten in Lindas Augenwinkeln. Tony wollte ihr bewusst wehtun, so kannte sie ihn gar nicht.
»Ganz offensichtlich haben wir beide unterschiedliche Ziele und Lebensperspektiven. Unter diesen Umständen
halte ich es für besser, wenn wir uns trennen.« Seine Stimme klang tonlos und kontrolliert.
Sie blinzelte die Tränen zurück, weil sie es kaum fassen konnte, was er da vorschlug. »Soll das heißen, du willst, dass wir Schluss machen?« Ihre Wangen brannten plötzlich vor Empörung. Dieser gemeine Schuft! Wollte er ihr etwa Schuldgefühle machen, indem er sie dafür abstrafte, dass sie aufrichtig zu ihm gewesen war? »Es mag durchaus sein, dass es
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