Der Glucksbringer
ein wenig hart klingt, Tony, aber das ist meine ehrliche Meinung zu dem Thema. Und was machst du? Du benimmst dich wie ein verzogener Bengel, der seinen Willen nicht bekommt und deshalb schmollend abzieht.«
»Das sehe ich anders. Ich hab dir eine Frage gestellt, die mir auf der Seele brennt, und mir eine niederschmetternde Antwort eingefangen. Also, was soll’s? Oder siehst du einen Sinn darin, eine... ähm... Beziehung aufrechtzuerhalten, nachdem wir beide unsere unterschiedlichen Erwartungshaltungen klargemacht haben?«
»Ja, aber...« Ihr versagte die Stimme. Was sollte sie ihm auch antworten? Sie wusste nur, dass es ihr schwerfallen würde, zu gehen und ihn dann nie mehr wiederzusehen. »Das alles tut mir sehr leid«, sagte sie matt.
Er zog die Schultern hoch und ließ sie frustriert wieder sinken, biss die Kiefer zusammen. »Es muss dir nicht leidtun. Vergiss es. Ich will kein Mitgefühl von dir.« Er atmete tief durch. »Du gehst jetzt besser.«
»Wie du willst, Tony.«
»Ich denke, es ist das Beste für uns beide«, brachte er mit zusammengekniffenen Lippen heraus. Er stand auf und glitt durch den Vorhang in den Wohnbereich, ließ sie allein auf dem Bett zurück.
Mit fahrigen Bewegungen stieg sie in ihre Sachen. Nachdem sie ihre Augen ein letztes Mal wehmütig durch das ihr inzwischen vertraute Zimmer hatte schweifen lassen, nahm sie ihre Tasche und ging. Schloss behutsam die Apartmenttür hinter sich.
Linda hatte nicht die Spur einer Ahnung, wie sie an jenem Abend nach Hause gekommen war. Irgendwann später lag sie in ihrem eigenen Bett und grübelte. Sobald sie an die schmerzvolle Abschiedsszene dachte, hämmerte ihr Herz gegen ihren Rippenbogen. Wenn sie die Augen schloss, sah sie im Geiste Tonys Gesicht vor sich. Seinen niedergeschlagenen Blick, die Enttäuschung, die sich in seinen Zügen abzeichnete. Das mit dem Heiratsantrag hatte er sich vorher bestimmt reiflich überlegt. Es schien ihm ein Herzensanliegen, den nächsten Schritt zu wagen und sich dauerhaft zu ihrer Beziehung zu bekennen. Und was hatte sie getan? Sie hatte ihn gnadenlos abblitzen lassen. Die Erkenntnis lag erdrückend wie ein Mühlstein auf ihrer Brust. Aber was hätte sie denn tun sollen? Lügen. Ja sagen, obwohl sie Nein meinte – oder bestenfalls ein diplomatisches Noch-nicht ? Während sie sich brütend auf dem Laken wälzte, erkannte sie wie vom Blitz getroffen die Tragweite ihrer Entscheidung: Sie hatte Tony endgültig verloren. Ihre Lippen bebten unkontrolliert, derweil die Tränen unaufhaltsam über ihre Wangen strömten. Grundgütiger, sie wies es weit von sich, aber in Wahrheit wollte sie nur eins, und das war – nun, was denn?
Na ja, jedenfalls wusste sie, was sie nicht wollte. Mist, jetzt bekam sie zu allem Überfluss auch noch Kopfweh. Sie drehte sich auf die Seite, presste die Stirn auf das kühle Kissen. Schließlich sank sie in einen tiefen, traumlosen Schlaf.
13
H i, du machst ja ein Gesicht wie zehn Tage Regenwetter! Immer noch traurig wegen Tony?«, rief Alison unbekümmert und fläzte sich neben Linda, die im Schneidersitz auf der Wiese vor ihrer Fakultät saß.
»Hi! Nein, mir geht’s blendend«, erwiderte Linda eine Spur zu hastig.
»Du siehst aber gar nicht so aus«, stellte Alison messerscharf fest. »Was du brauchst, ist eine heiße Fete. Und ich weiß auch, wo heute Abend richtig was abgeht. Natürlich nur, wenn du Bock hast.«
Linda nötigte sich ein müdes Lächeln ab. »Ich glaub eher nicht. Momentan bin ich nicht in Partylaune.« Sie sah bestimmt zum zehnten Mal auf ihre Armbanduhr. Sein Flug würde in wenigen Augenblicken starten – mit dem Ziel Italien. Es hatte sie wahnsinnig viel Überwindung gekostet, nicht mehr bei ihm anzurufen. Sie hätte ihn gern zum Flughafen gebracht, ihm Lebewohl gesagt und viel Erfolg bei seinem Auslandsstudium gewünscht. Nach einer längeren Debatte mit ihren Eltern hatte sie die Idee jedoch verworfen. Sie hatten an jenem Abend in seinem Apartment einen sauberen Schlussstrich unter ihre Beziehung gezogen, und daran sollte sie nicht mehr rütteln.
Das Leben ging einfach weiter, philosophierte sie für sich, ganz egal, ob glücklich oder unglücklich. Warum nicht das Beste daraus machen und sich amüsieren? Schließlich war sie nicht ewig jung. Hastig ruderte sie zurück. »Okay, okay, wo steigt denn diese heiße Fete?«, wollte sie wissen.
»In Coogee, bei Perry King. Ich hol dich um acht ab.
Okay?«, schlug Alison vor und strahlte, als Linda zustimmend
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