Der Glucksbringer
ihr rau ins Ohr. »Hier.« Er packte ihre Hand, drückte sie lüstern auf seinen Penis. »Siehst du? Also, was hältst du von’ner heißen Nummer, Süße? Für gewöhnlich geh ich nich öfter als dreimal mit’ner Maus aus, wenn sie bis dahin nich von selbst drauf kommt. Wir hatten schon fünf Dates.«
Seine brutale Umklammerung, die Alkoholfahne und die Unverblümtheit, mit der er Sex von ihr verlangte, erfüllten sie mit tiefem Ekel. »Lass mich los, du abscheulicher Klammeraffe!«, schrie sie. Und spürte seine Hände gleich widerwärtigen Tentakeln: Sie fummelten an ihren Brüsten, schoben ihren Rock hoch, derweil seine Lippen sich hungrig an ihren festsaugten. »Hör auf damit, Gary!« Als er ihre Aufforderung ignorierte, tat sie das einzig Vernünftige. Sie holte mit der Hand aus und verpasste ihm eine schallende Ohrfeige.
»Verdammt! Spinnst du eigentlich?«
Männer wie Gary hatten erhebliche Probleme damit, Niederlagen wegzustecken. Bevor er also durchdrehte – und das würde er zweifellos -, schnappte sie sich ihre Handtasche, die im Fußraum lag, fand den Türgriff, drückte die Autotür auf und sprang aus dem Wagen. Blitzartig stürmte sie die Auffahrt hoch.
»Verdammtes Weibsstück!«, brüllte er ihr durch die heruntergekurbelte Scheibe hinterher.
Ihr Herz raste, als sie den Schlüssel ins Schloss steckte,
die Haustür aufdrückte und hastig hinter sich zuwarf. Sie lehnte sich dagegen, schloss die Augen und atmete mehrmals tief durch. Die Sache mit Gary Swift war für sie gelaufen. Ein für alle Mal abgehakt. Er war ein Loser wie die anderen Typen, mit denen sie in den letzten Monaten Dates gehabt hatte. Dabei versuchte sie doch bloß fortwährend, Tony zu vergessen und die Erkenntnis, wie gut sie zusammengepasst hatten. Schöner Mist! Sie blinzelte bittere Tränen fort, drückte das Rückgrat durch und stapfte die Treppe hinauf. Zum Teufel mit diesen Scheißtypen! Sie waren es einfach nicht wert, dass man sich über sie ärgerte. Linda nahm sich fest vor, Dates zukünftig ganz locker zu nehmen. Männer gab es schließlich wie Sand am Meer. Da brauchte man mit keinem mehr als einmal auszugehen – es sei denn, er hatte das gewisse Extra.
Melanie und Linda saßen bei den Westaways am Küchentisch und suchten die besten Schmuckentwürfe aus. Der Teilnahmeschluss für den Wettbewerb war in zwei Wochen. Folglich mussten die Einsendungen spätestens am dritten September in Paris sein, einen Tag nach Lindas dreiundzwanzigstem Geburtstag.
Die Topasbrosche, Lindas ursprüngliche Inspirationsquelle, stand in ihrer Samtschachtel auf dem Tisch. Sie hatte Melanie die Geschichte der Brosche erzählt: wer sie entworfen hatte, wie sie verloren gegangen und wieder aufgetaucht war und was die Inschrift bedeutete. Zu ihrer Verblüffung hatte Melanie sich darüber kein bisschen lustig gemacht. Vermutlich weil sie aus Osteuropa stammte und als kleines Mädchen von ihrer Großmutter Geschichten über die übersinnlichen Fähigkeiten der Zigeuner erzählt bekommen hatte.
»Du solltest deine Entwürfe mit einem Label versehen«, riet Melanie ihr. »Irgendetwas Wohlklingendes, Unverwechselbares, damit jeder merkt, dass es sich um was richtig Kultiges handelt.«
»Daran hab ich noch gar nicht gedacht.« Melanie hatte Recht, die Kollektion sollte einen unverwechselbaren Namen bekommen. »Wie wäre es mit Gypsy-Kollektion ?« Melanie zog eine Grimasse. »Oder True-Love-Kollektion ?«
»Klingt schon besser, aber...«
»Okay, was ist mit Rosemary-Kollektion ? Schließlich wäre die Topasbrosche ohne die angenommene Prophezeiung bloß eine stinknormale Brosche.«
» Die Rosemary-Kollektion . Das hat was, zumal du die Kollektion für sämtliche Sternzeichen fertigen kannst, indem du den entsprechenden Schmuckstein des Monats verwendest. Das kann der Verkaufshit werden, vorausgesetzt, du findest einen eingeführten Juwelier, der Interesse an den Vermarktungsrechten hat.«
»Ganz schön clever.« Linda strahlte sie über den Tisch hinweg an. »Weißt du, Gary Swift ist zwar ein Kotzbrocken, trotzdem bin ich im Nachhinein froh, dass er mich mit auf diese Party genommen hat. Sonst hätten wir uns nämlich nie kennen gelernt. Wenn ich damit groß rauskomme, lade ich dich in eins der angesagten Restaurants ein, ganz ohne Quatsch. Okay?«
Melanie grinste und schob die Zeichnungen zurück in die Mappe. »Ich nehm dich beim Wort, Linda.«
Linda machte ihr Examen, schrieb Tony eine Weihnachtskarte und besuchte am
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