Der glueckliche Manager
getan. Ihr muss eine sinnvoll empfundene Tätigkeit folgen. Daraus kann ich ableiten, dass ich kein übersehbares Rädchen im Getriebe bin, sondern ein wichtiger Teil einer Gemeinschaft und des Arbeitsprozesses. Ich bin also davon überzeugt, dass ich etwas Sinnvolles zum Arbeitsgeschehen beitragen kann.
Das setzt voraus, dass unsere Arbeitsplätze, unsere Aufgaben so angelegt sind, dass jeder ein begreifbares Ergebnis seiner Arbeit erkennen kann. Jeder Mitarbeiter muss verstehen, welchen Einfluss seine Arbeit auf das Gesamtergebnis des Unternehmens, des Bereichs oder der Gruppe hat. Und diese Leistung muss auch anerkannt werden – in Quantität und Qualität. Zuerst von einem selbst und dann natürlich von Kollegen und Vorgesetzten.
Man arbeitet zu recht lieber sinnvoll in einer Gemeinschaft, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen, als einfach nur vor sich hinzuwerkeln. Um solchen Sinn zu stiften, muss aber deutlich gemacht werden, welche Ziele ein Unternehmen hat und was das für alle Beteiligten und Betroffenen bedeutet. Man stellt sich die zugespitzte Frage: Was würde auf der Welt fehlen, wenn es dieses Unternehmen, die Abteilung nicht mehr geben würde? Ich habe kürzlich eine Umfrage gelesen, in der behauptet wird, dass 73 Prozent aller Beschäftigten keine Ahnung von den Zielen ihres Unternehmens haben. Ich hoffe, diese Statistik ist falsch…
Freude an der Arbeit kann im Allgemeinen nur in einer Gemeinschaft entstehen, im »sozialen Umfeld«, das wir in einem Unternehmen finden. Es ist geprägt von einigen ganz einfachen Merkmalen: Befindet man sich neu in einem Unternehmen, kann man schnell vom Umgangston unter den Mitarbeitern auf das gesamte Betriebsklima schließen und natürlich auch auf die Fairness unter den Mitarbeitern und zwischen den Mitarbeitern und den jeweiligen Vorgesetzten und umgekehrt. Der neue Mitarbeiter wird sehr schnell beobachten können, ob über den Chef geschimpft wird oder nicht. Die weiteren positiven Merkmale wären konstruktive Kritik, sachlich fundierte Anerkennung, leistungsgerechte Bezahlung, faires Teamwork, gute Kommunikation und eine gesunde Mischung von Anspannung, Hochspannung und Entspannung.
Es ist in unseren Unternehmen bisher nicht üblich, Freude an der Arbeit als ein offizielles Ziel zu proklamieren. Aber dort, wo es gemacht wird, ist das Betriebsklima augenscheinlich anders. Wichtig ist dabei, dass die Mitarbeiter die versprochene Freude auch einfordern. Mitarbeitergespräche sind dabei sehr hilfreich. Aber warum sollte ein Mitarbeiter eigentlich nicht einfach zu seinem Chef gehen und mehr Freude an seiner Arbeit einfordern? Darauf müsste der Chef nämlich reagieren. Dieser Prozess wäre für ein Unternehmen äußerst sinnvoll.
Als Arbeitgeber kann man auch durch kleine Maßnahmen Freude erzeugen: die Anpassung der Arbeitszeiten an den Rhythmus der öffentlichen Verkehrsbetriebe, die Berücksichtigung spezieller Lebenssituationen (Abendschule, kranke Kinder, Scheidung oder geringere Leistungsfähigkeit im Alter) oder die Veränderung der Arbeitsteilung in der Organisation, so dass jeder das tun kann, wozu er am meisten Talent hat.
Ich habe als Einkaufsleiter eine Motorenfertigung im Süden von Brasilien besucht. In einer riesigen Werkshalle saßen viele junge Frauen an Werkbänken und montierten die kleinen Antriebe. Die ganze Halle durchflutete leise Samba-Musik. Die Frauen wippten teilweise im Takt oder sangen sogar mit. Wer kann bei Samba-Musik schon griesgrämig bleiben? Zur Freude gehört auch die Belohnung. Sie ist der Ausdruck der Freude. Das kann man selbst gestalten.
Ich habe in Pisa eine sehr beeindruckende Miro-Ausstellung gesehen. Dabei hat mich vor allen Dingen ein Zitat von Miro beeindruckt: »Während ich arbeite, vergeht mein Leiden. Das war nicht einfach für mich. Deshalb spendiere ich mir, wenn ich ein Werk fertiggestellt habe, eine kleine Belohnung.« Was war die Belohnung? – Eine Tasse Kaffee und ein Croissant. Eine Belohnung muss nicht groß sein. Sie muss aber eine Anerkennung sein, die man selbst gerne akzeptiert.
Einer meiner Interviewpartner erzählte mir Folgendes: »Immer wenn ich vom Fotografieren zurückkam – mitunter auch mitten in der Nacht – ging ich in die Dunkelkammer und entwickelte die Filme. Denn ich wollte wissen, ob sie gut geworden sind, ob ich keinen Fehler gemacht habe. Und wenn ich dann die Entwicklung so beobachtete, wurde ich entspannt und glücklich. Dann wollte ich mich hinterher belohnen und ging noch
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