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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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hintere Teil des Ladens, die »Dégustation«. Bedauerlicherweise hatte das Bistro mit seinen wenigen Tischen abends nicht geöffnet, da es keine offizielle Lizenz als Restaurant besaß. Wenn wir vor Ladenschluss nochdort essen wollten, mussten wir uns beeilen. Nicht selten kam es vor, dass wir ab Mittag das Drehtempo etwas anzogen, um von Grashoffs Köstlichkeiten noch etwas abzubekommen.
    Insofern kam uns der frühe Drehschluss beim »Filmmonster« sehr entgegen. Wir konnten schon mittags im Bistro einfallen und blieben bis zum Abend.
    »Grashoff« hätte an sich drei Sterne im Guide Michelin bekommen müssen, kam aber wegen seines fehlenden Restaurantstatus nicht in die Wertung. Durch unsere regelmäßigen Besuche, zeitweilig waren wir täglich dort, gehörten wir bald zum Inventar. Wir durften bei verschlossener Eingangstür (Ladenschlussgesetz!) länger bleiben und genossen die kulinarischen Köstlichkeiten sowie Weine, Champagner und alte Cognacs in vollen Zügen. An einigen Tagen halfen wir aus Dankbarkeit für die längere Öffnung sogar beim Abwaschen der Gläser.
    Loriot und der Autor helfen beim Gläserspülen
    Einem Gerücht zufolge soll der Hauptgrund dafür, dass Loriot alle Angebote größerer Fernsehanstalten ausschlug und seine Sendungen bei Radio Bremen machte, »Grashoff« gewesen sein. Ein anderes Gerücht besagt, dass er seine komplette Gage in das Bistro getragen habe. Er hat in der Tat nicht eineinziges Mal zugelassen, dass irgendjemand anders die Rechnung übernahm. Und »Grashoff« war nicht gerade billig. Irgendwann bezahlte Loriot mit einem Scheck und zeichnete darauf eines seiner Nasenmännchen. Der Scheck wurde nie eingelöst. Er hängt noch heute gerahmt im Bistro – das inzwischen (mit Restaurantlizenz) an den Contrescarpe umgezogen ist – neben Fotos von unseren Feinschmeckerausflügen und unserem Arbeitseinsatz als Tellerwäscher.
    Außer für seine exquisite Küche war »Grashoff« bundesweit für seine Marmeladen berühmt. Nichts gegen die Marmeladen im Frühstücksraum des Hotels »Columbus«, aber mit Grashoffs »Blutorange mit Whiskey« konnten sie nicht ernsthaft konkurrieren. Wir hatten deshalb im Hotel unser eigenes kleines Depot von Grashoffs süßen Spezialitäten. Der Frühstückskellner servierte uns jeden Morgen mit leicht säuerlicher Miene die drei bis vier Gläser auf einem Silbertablett. Nach Beendigung der jeweiligen Produktionsphasen fuhren Loriot und ich, von Jürgen Schmidt, dem Inhaber von »Grashoff«, reich mit Konfitüren beschenkt, zurück nach Ammerland und Berlin.
    Eines Tages luden uns Jürgen Schmidt und Familie zu sich nachhause ein. Unsere Vorfreude kannte keine Grenzen. Wenn die Küche im Bistro schon so sensationell war, wie grandios musste sie erst beim Chef des Etablissements zuhause sein. Als wir ankamen, wurden wir in die Wohnküche gebeten, in der außer einem Klavier, an dem ich zur Freude unserer Gastgeber kurz spielte, auch ein großer italienischer Pizzaofen stand. Herr Schmidt erklärte uns, dass er nichts so sehr liebe wie die ganz einfache italienische Küche. Kurz, es gab selbstgemachte (köstliche) Pizza.
    Auf etwas gehobenerem kulinarischen Niveau fand dann die anschließende Wein- und Cognacverkostung statt. Herr Schmidt ging in seinen Keller und holte zunächst eine Flasche Rheinwein aus den dreißiger Jahren nach oben. Mit der Bemerkung, dass dies eine absolute Rarität sei und nur noch auf Auktionen zu bekommen, öffnete er die Flasche. Er stellte selbstverständlich sofort fest, dass der Wein längst umgekippt war, aber das störte ihn wenig. Wie ein Opernfreund, der das Timbre seines alternden Lieblingssängers oder seiner Lieblingssängerin noch einmal hören möchte, auch wenn die Künstler besser nicht mehr singen sollten, kostete er den Wein. Und tatsächlich, auch Loriot und ich ahnten, dass das einmal ein ganz großer Wein gewesen sein musste. Wir machten die seltsame Erfahrung einer önologischen Antiquität. Danach ging Schmidt erneut in den Keller und brachte Berge von kostbarsten alten Cognacs mit. Cognac war seine heimliche Leidenschaft, er wusste alles darüber und hat uns sein Wissen sehr schmackhaft vermittelt. Das Ende des Abend liegt im Dunkeln, aber irgendwie haben wir wohl in unser Hotel zurückgefunden …
    Der Schnitt der dritten Sendung fand im März 1977 wieder in Ammerland statt. Unsere Cutterassistentin war diesmal Claudia Zamek, eine junge Grafikerin, die unter anderem als Koloristin in den

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