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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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barocken Architekten erfreute, die im Stadtbild bis heute zu lesen sind und auf die unser Lieblingsreiseführer hinzuweisen nicht müde wurde. Vor allem hatten es Loriot (und mir) die architektonischen Spielereien angetan: Der in das Straßenpflaster eingelassene kleine runde Marmorkreis »Centro del colonnato« auf dem Platz vor der Peterskirche, von dem aus betrachtet die vier Bernini’schen Säulenreihen scheinbar zu einer werden; die 1638 gebaute Perspektive von Borromini im Palazzo Spada, bei der durch eine optische Täuschung eine sechzig Zentimeter große Marmorstatue lebensgroß erscheint; das Schlüsselloch im Tor der Malteser-Ritter auf dem Aventin, durch das man, von einer Hecke im Garten perfekt symmetrisch eingerahmt, in der Ferne die Peterskuppel sieht.
    Spazierengehen mit Loriot in Rom hieß, unablässig seinen beziehungsweise Hülsens amüsanten Anekdoten zu lauschen. Als wir die von Raffael mit Fresken ausgemalte Villa Farnesina in Trastevere betraten, zeigte Loriot auf die Kohlezeichnung in einer der Lünetten der Loggia der Galatea: »Damit wollte Michelangelo seinen Konkurrenten Raffael überraschen. In einer Mittagspause, in der Raffael gerade nicht da war, schlich sich Michelangelo in die Villa, stieg auf das Gerüst und griff sich ein Stück Kohle. Als Raffael vom Essen zurückkam und die Zeichnung sah, rief er aus: ›Das war Michelangelos Hand!‹« In der Basilika Santa Maria Maggiore haben wir uns, Hülsens Rat folgend, zwar nicht auf den Fußboden, aber doch auf die Kirchenbänke gelegt, um in Ruhe die gewaltige Decke zu betrachten, die mit dem ersten Gold verziert ist, das Kolumbus aus Amerika mitgebracht hatte. Auf der Piazza Navona freute sich Loriot über Berninis Brunnenfigur, die voller Abscheu und Angst die Hände in Richtung der gegenüberliegenden Kirchenfassade ausstreckt, weil die Kirche von Berninis Konkurrenten Borromini gebaut worden war und in Berninis Augen nicht nur scheußlich war, sondern zudemden Eindruck erweckte, jederzeit auf den Betrachter einzustürzen. Kamen wir am Schildkrötenbrunnen (Fontana delle Tartarughe) auf der Piazza Mattei vorbei, klärte uns Loriot darüber auf, dass die Schildkröten erst später hinzugefügt wurden, als Rechtfertigung für die übertrieben ausladend geratenen Gesten der daruntersitzenden Jünglinge. In der kleinen Kirche San Carlo alle Quattro Fontane ließ er uns erst dieses barocke Juwel mit seiner meisterhaften ovalen Kuppel genüsslich betrachten und bemerkte dann staunend: »Und jetzt muss man sich vorstellen, dass der Grundriss dieser ganzen Kirche kleiner ist als der eines einzelnen Kuppelpfeilers des Petersdoms …« In der Kirche Sant’Igniazio hingegen amüsierte ihn, dass den Bauherren das Geld für die Kuppel ausgegangen war und sie deshalb als Ersatz eine perspektivisch verzerrte Kuppel an die flache Decke malen ließen, die nur von einem Punkt im Kirchenschiff aus täuschend echt aussieht. Am meisten aber liebte er die kleine Piazza vor der Kirche, die wie eine Theaterkulisse mit Auftrittsgassen zu beiden Seiten gebaut war.
    Zwei Besuche bei Berninis kleinem Elefanten vor der Kirche Santa Maria sopra Minerva, dem man als Rom-Besucher zu Beginn und zum Abschied jeder Reise seine Reverenz zu erweisen hatte, gehörten selbstverständlich auch dazu.
    Mit meiner Familie habe ich in den folgenden Jahren Italien ausgiebig bereist. Jede dieser Reisen wäre um vieles ärmer gewesen, wenn uns nicht Loriots Anregungen, Tipps und geradezu im Befehlston vorgetragene Vorschläge – »da müsst ihr hin!« – begleitet hätten.

Ausflug II – Bayreuth
    »Wagner ist wohl der große, einer der großen Revolutionäre auf dem Gebiet der Musik, keine Frage. Und alles, was man gegen ihn zu sagen hat, hat damit dann eben nichts zu tun, und wer behauptet, das hätte alles miteinander was zu tun, der lügt« (Loriot 1979 in »3 nach 9«).
    Nach meinem Kurztrip nach Rom schnitten wir »Loriot 3« zuende. Die Sendung war ein überwältigender Erfolg, die »Nudel« in aller Munde und Evelyn Hamann ein Star.
    Bevor wir uns an die Vorbereitungen für die nächste Sendung machten, fanden wie jedes Jahr die Bayreuther Festspiele statt. Einige Jahre zuvor hatte Loriot, um endlich Karten dafür zu bekommen, einen scherzhaften Drohbrief an Wolfgang Wagner, den Leiter des Festivals, geschrieben. Es seien da vor circa hundert Jahren zwischen den Familien Wagner und Bülow gewisse Dinge vorgefallen, und er würde nicht zögern, alle pikanten Details

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