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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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Sprachkomik ein genaueres Gespür als Loriot. Wenn die Sprache sich in einen bürokratischen Luftraum begibt und sich von ihrem Inhalt und ihrem Sprecher loszulösen beginnt, dann sind wir in Loriots Welt. Zu seinen bevorzugten Forschungsobjekten gehörten deshalb auch Technokraten-Kauderwelsch und die Sprache der Politiker.
    Im Sketch »Feuerwehr« erklärt Heinz Meier (als Feuerwehrmann) seinem Kollegen Heiner Schmidt (als Brandopfer) in aller Seelenruhe die technischen Vorzüge der neuen Feuerwehrspritze ›H. S. zwo‹ »mit Enthärter für kalkhaltiges Wasser und Zusatz für Möbelpflege«, während sich die Gattin des Brandopfers noch im brennenden Haus befindet. Die nächtliche Straßenszene wurde übrigens komplett imStudio gedreht, das brennende Haus war etwa einen Meter hoch.
    Schon in »Cartoon« hatte Loriot eine meisterhaft dadaistische Bundestagsrede vorgelegt. In »Loriot 3« war es die Gesprächsrunde »Der Wähler fragt«. Während die Politiker sich in hohlen Floskeln ergingen, wurden die Zuschauer Zeugen der Geburt eines weiteren Stars: Opa Hoppenstedt.
    Opa Hoppenstedt trat tatsächlich schon in der dritten Sendung auf, obwohl er – und der Rest seiner Familie – erst drei Sendungen später eine zentrale Rolle spielte. Dass der liebenswerte Alte nicht schon früher wieder auftrat, lag vermutlich an der »Schrumpelmaske«, die man Loriot verpasste, um ihn älter aussehen zu lassen. Die Maske bestand aus einer Flüssigkeit, die großflächig auf das Gesicht aufgetragen wurde, sich beim Trocknen zusammenzog und die Haut darunter in Falten warf. Loriot war ein Mensch, der selten klagte. Leid versuchte er mit Humor zu nehmen. Die wenigen Male, die ich ihn habe jammern hören, waren immer in Zusammenhang mit der verhassten Schrumpelmaske: »Ihr könnt euch nicht vorstellen, wie das juckt …« Er konnte es kaum erwarten, sie wieder loszuwerden.
    Letztlich erwies sich der marschmusikverrückte Opa aber als so wichtig für die Familie Hoppenstedt, dass Loriot sich bei seiner letzten Sendung erneut breitschlagen ließ, sich verschrumpeln zu lassen.
    Zwischen den beiden Sendungen scheint Opa Hoppenstedt allerdings erheblich gewachsen zu sein. Als »der Wähler« in der Runde der Politiker schaffte er es kaum, über den Moderationstisch hinwegzuschauen. Loriot war es wichtig, dass der Mann klein war und zwischen den ihn umgebenden Volksvertretern quasi versank. Da Loriot für die Rolle eigentlich zu groß gewachsen war, ließ er den Moderationstisch vorn verkleiden und bat die Ausstattung um einen extra niedrigen Stuhl. Man suchte in den Büros, fand aber nichts. Da kam unser Kameramann auf eine Idee: »Warten Sie, Herr von Bülow, ich glaube, oben in der Regie stehen so Stühle, wie Sie sie suchen. Ich hol Ihnen rasch einen runter …« Der arme Mann merkte nicht, was er gesagt hatte, und verließ das Studio.
    Nicht nur die Schrumpelmaske, auch die Maske für das Interview mit dem »Filmmonster« war für Loriot eine Qual. Zunächst wurde ihm die Nasenspitze mit einem Stück Tesafilm hochgebunden und an die Stirn geklebt. Dann kam über diese fragile Konstruktion eine künstlich modellierte Nase, die nur mühsam hielt und ihm jegliches Mienenspiel verbot. Er durfte, und das fiel ihm sichtlich schwer, nicht einmal lachen. In »Ein König in New York« von Charlie Chaplin gibt es eine Szene, wo der bis zur Unkenntlichkeit geliftete alte König, der sich nach New York ins Exil geflüchtet hat, eine Theatervorstellung mit einer albernen Clownsnummer besucht. Er ist von seinem Schönheitschirurgen angewiesen worden, unter keinen Umständen zu lachen, damit seine frischen Operationsnähte nicht gleich wieder aufreißen. Das misslingt. Als er spontan über die Clowns lachen muss, reißen alle Nähte – und Chaplin sieht endlich wieder so aus, wie wir ihn kennen. Loriot ging es ähnlich. Jeder, der ihn sah, brach in Gelächter über die groteske Maske aus, nur das Monster selbst durfte keine Regung zeigen.
    Im Mund des Filmmonsters steckten Zähne, die extra für diesen Sketch von einem Zahnarzt angefertigt worden waren. Die Monsterzähne haben später nie wieder Verwendung gefunden. Öfter verwendet wurden die sogenannten »Löwenthal-Zähne«, die noch aus »Cartoon«-Zeiten stammten – von seiner Parodie des damaligen Leiters des »ZDF-Magazins«, des konservativen Fernsehjournalisten Gerhard Löwenthal. Loriot trägt sie in »Zimmerverwüstung«, »Die Nudel«, »Das ist Ihr Leben«, »Das Galadiner«,

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