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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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»Mutters Klavier« und »Kosakenzipfel«, die zahnprothetische Investition hatte sich also ausgezahlt.
    Die Löwenthal-Zähne veränderten Loriots Gesicht nur unwesentlich. Der Mund wurde ganz leicht schief, und je nachdem, wie stark er selber den Mund der Figur verzog, wurde der Effekt der Zähne verstärkt oder vermindert. Außerdem gab es noch ein Paar Hasenzähne zum Aufstecken, die aber nur bei »An der Opernkasse« und der »Rindsroulade« Verwendung fanden. Die Hasenzähne waren schlicht zu grotesk, als dass sie wahrhaft komisch gewesen wären. Loriot scheute sich vor solchen allzu drastischen Mitteln.
    Deutlich wird dies am letzten Sketch der dritten Sendung, der die »Belachung« von Fernsehprogrammen auf die Schippe nimmt. »Die Sahnetorte« ist ein Blick hinter die Kulissen des Fernsehens. Gezeigt werden die Dreharbeiten zu einer Komödie, bei der permanent Lacher eingespielt werden, »… damit der Zuschauer die Szene richtig versteht, haben wir doch unser Gelächter vom Band. Er weiß sofort, wann’s komisch ist und wann nicht.«
    Loriot war ein großer Gegner dieser künstlichen Lacher, die leider immer noch zum Repertoire von Sitcoms und Sketchsendungen gehören. In dem Zusammenhang äußerte er einmal den Gedanken, genauso gut könne man ja auch auf die Idee verfallen, traurige oder tragische Sendungen und Filme zu »beweinen«.
    Am Ende der »Sahnetorte« fliegt die Torte durch eine papierne Studiowand und landet auf dem Kopf von Loriot, der auf dem Moderationssofa sitzt. Auch hier hätte man schnell und grob vorgehen und den Moderator einfach mit Sahne zukleckern können. Nicht so Loriot. Die Präparation der Torte auf seinem Kopf wuchs sich zu einer kunstvollen Performance aus. Wir brauchten etwa eine Stunde, um die Sahne und die kleinen Maraschino-Kirschen, in mehreren Lagen und durch Mullbinden gestützt, auf dem Kopf des Meisters zu drapieren. Glücklicherweise war irgendjemand in der Bildregie (ich war unten im Studio vor Ort) so geistesgegenwärtig, die Präparation der Tortenhaube mitzufilmen. Sie ist als Dokument erhalten und in Ausschnitten auf DVD veröffentlicht. Auch hier galt: Komisch wird es nur, wenn es nicht zu komisch ist.
    Regiebesprechung mit Evelyn Hamann und dem Filmmonster
    An manchen Tagen waren wir besonders schnell. Da wir nicht wussten, ob es Probleme mit der Maske geben würde, waren für das »Filmmonster« zwei komplette Drehtage angesetzt. Ab halb sieben saß Loriot in der Maske. Als wir dann gegen neun Uhr endlich ins Studio kamen, ging es ruck zuck. Evelyn war auf ihre Rolle als Interviewerin eines Promi-Magazins wie immer bestens vorbereitet, und Loriot hatte wenig Lust, in der Maske des Monsters mehr Zeit als irgend nötig zu verbringen. Mehr als alles andere aber schreckte ihn die Vorstellung, mit hochgeklebter juckender Nase in der Kantine des Senders zu sitzen und Mittag essen zu müssen.
    Um elf Uhr war der Sketch abgedreht, ein weiteres Ersatzprogramm stand nicht auf der Dispo, also hatten wir anderthalb Tage frei. Loriot riss sich glücklich die Nasenplastik und den Tesafilm vom Gesicht, ließ sich schnell abschminken, denn wir wollten das frühe Drehende nutzen, um ausgiebig bei »Grashoff« einzukehren. An den folgenden Tag erinnere ich mich nicht mehr …

Grashoff
    Seit der dritten Sendung wohnten wir nicht mehr sendernah am Stadtrand in Oyten, sondern gegenüber dem Bremer Hauptbahnhof im gutbürgerlichen Hotel »Columbus«. Für das Leben in der Stadt nahmen wir den Verzicht auf Tischtennisplatte und Swimmingpool in Kauf. Dass Loriot gern gut aß, erwähnte ich bereits. Die späten 1970er Jahre waren die Zeit der »Nouvelle Cuisine«. Nachdem die Deutschen ihre Wirtschaft erfolgreich wiederaufgebaut hatten und die Turbulenzen der 68er Jahre langsam abklangen, entdeckte man die Lust an der feinen Küche.
    Loriot war aber alles andere als ein abgehobener Gourmet. Er liebte die einfache italienische Küche und ging ebenso gern chinesisch essen. Unweit unseres Hotels gab es einen kleinen Chinesen, zu dem wir oft abends gingen. Es war ein Familienbetrieb. Während wir dort aßen, saßen am Nebentisch die Kinder der chinesischen Inhaber und machten ihre Schularbeiten, eine ausgesprochen familiäre Atmosphäre, die wir beide sehr genossen.
    Das kulinarische Mekka Bremens hingegen war das Bistro von »Grashoff«, einem traditionellen Bremer Feinkostgeschäft in der Sögestraße. Im Vorderraum fand der Verkauf statt, das Ziel unserer Wünsche aber war der

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