Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Reihe freigehalten worden waren, er aber lieber in seinem Zimmer arbeiten wollte. Hätte er es sich kurzfristig anders überlegt, wäre an dem Abend womöglich eine ähnliche Havarie passiert.
Geplant war, beide Konzertsketche in die letzte Sendung einzubauen, aber die Familiensaga um die Hoppenstedts erwies sich als so stark, dass zwei Hoppenstedt-lose Konzertsketche unsere Zuschauer zu sehr vom roten Faden der Sendung abgelenkt hätten, außerdem waren wir zu lang. Schweren Herzens wurde der Flötenkonzert-Sketch aus der Sendung geschmissen. Er ruhte fünf lange Jahre im Archiv von Radio Bremen, bis er anlässlich von Loriots 60. Geburtstag seine verspätete Uraufführung erlebte.
Bei der Dame, die Evelyn Hamann in den beiden Konzertsaal-Szenen spielt, handelt es sich tatsächlich nicht um Frau Hoppenstedt. Und Heinz Meier (mit Vollbart), der eine Reihe vor der Dame sitzt, ist nicht Herr Hoppenstedt. Dem Ehepaar Hoppenstedt begegnen wir zum ersten Mal im darauffolgenden Sketch, der »Jodelschule«.
Es fällt schwer, beim mehrfachen Aufsagen des »Holleri du dödl di« in der »Jodelschule« nicht auf die Schauspieler zu achten, sondern sich einmal die Dekoration genauer anzusehen. Als Loriot und ich den Studiobau des Klassenzimmers sahen, fielen uns sofort die medizinischen Darstellungen des menschlichen Kehlkopfes ins Auge, und wir dachten beide dasselbe. Es sah ziemlich unanständig aus. Nach kurzer Überlegung entschied Loriot aber, dass die Bilder hängen bleiben sollten. Sie nahmen sich neben einem Bild des damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Strauß und dem des Bundespräsidenten Scheel doch recht hübsch aus. Jedem wahren Loriot-Kenner sind sie allerdings ein Hinweis auf die Vorliebe des Meisters für versteckte Zweideutigkeiten. Gerade »Loriot 6« ist voll davon.
Als Opa Hoppenstedt ein Weihnachtsgeschenk für sein Enkelkind einkauft, dessen Geschlecht er nicht kennt, geht es umdie Frage, ob es denn auch ein Zipfelchen habe; im Restaurant streitet man über den letzten Kosakenzipfel, und am Heiligen Abend sieht Opa sich im Fernsehen den (für »Loriot 6« neu gezeichneten) Trickfilm über den sehr vielseitig verwendbaren »Familienbenutzer« an. Der Gipfel jedoch ist Frau Hoppenstedts unter Alkoholeinfluss (»Oberföhringer Vogelspinne« und »Hupfheimer Jungferngärtchen«) missverstandener Saugblaser-Werbespruch: »Es saugt und bläst der Heinzelmann, wo Mutti sonst nur blasen kann!«
Seltsamerweise hat nie ein Kritiker auf die ziemlich eindeutigen Zweideutigkeiten Loriots hingewiesen. Er galt immer als das Musterbeispiel des eben nicht schlüpfrigen Humors, weil seine Späße so seriös daherkamen.
Loriot zu einem Mann ohne Unterleib machen zu wollen täte ihm unrecht. Gewiss, er verabscheute krachend vorgetragene Herrenwitze, aber er liebte zum Beispiel den Spruch »… sagte die Prinzessin zum Matrosen«, der ihm zufolge von alten UFA-Beleuchtern stammte. Das funktionierte dann so: Der eine Beleuchter rief seinem Kollegen, der am Scheinwerfer das Licht reduzieren sollte, zu: »Steck mal noch’n Tüll rein!« – »… sagte die Prinzessin zum Matrosen«, antwortete dann der Kollege.
Neben dem »Du kannst ruhig ›du‹ zu mir sagen«, das ja seinem Dauerthema Duzen und Siezen entsprang, war der Ufa-Spruch einer seiner ständigen Begleiter. Und Loriot war nicht der Einzige, der diesen offensichtlich international verbreiteten Scherz liebte. Vom großen Alfred Hitchcock gibt es, versteckt in den Extras der DVD zu »Blackmail« (»Erpressung«, 1929), die Aufnahme eines Tontests mit Anny Ondra, in der Hitchcock die Ondra vor dem Mikrofon postiert und grinsend zu ihr sagt: »Come here, stand in your place, otherwise it will not come out right, as the girl said to the soldier.«
Warum wir bei dieser Sendung so wenig im Studio gedreht haben – es waren nur das Salamo-Konzert, die Jodelschule und das Spielwarengeschäft –, ist nicht mehr festzustellen. Wahrscheinlich war das Studio für den vorgesehenen Zeitraum von Rudi Carrell und seiner Show »Am laufenden Band« belegt. Der Vorteil des Drehs an Originalschauplätzen war zwar eine größere Authentizität der Dekorationen, der Nachteil hingegen die Notwendigkeit, auf 16mm-Umkehrfilm (dem für die aktuelle Berichterstattung) zu drehen, der den Studiokameras qualitativ deutlich unterlegen war.
Nach dem Dreh der Studiosketche wurde zunächst in Ammerland mit unserer bewährten Offline-Technik geschnitten. Als wir zurück nach Bremen
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