Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Trees« schrieb. Im Restaurant des bewusst einfachen Luxushotels in Form eines alten Gasthofs gab es kleineZucchini, die im eigenen Garten angebaut und lauwarm mit Olivenöl und Zitrone serviert wurden. Die Erinnerung an ihren Geschmack habe ich bis heute auf der Zunge.
Zum Abschluss gingen wir ins alte Teatro La Fenice, lange vor dem verheerenden Brand von 1996, und sahen »Les Martyrs« von Donizetti. Die Aufführung riss uns nur wenig mit, aber in einem der prunkvollsten Opernhäuser Italiens zu sitzen war allein ein Erlebnis. Ein Detail der Aufführung ist mir noch lebhaft in Erinnerung. Das Orchester schien unterbesetzt zu sein, deshalb wechselte ein Musiker unablässig sein Instrument. Mal strich er den Kontrabass, mal blies er Posaune. Ob dieses ungewöhnliche Verfahren Loriot wohl später zu seinem Ehegespräch »Geigen und Trompeten« inspiriert hat?
Mittags in der »Locanda Montin«
Loriot 6
Direkt nach unser Rückkehr aus Venedig erreichte uns ein Brief des Bremer Programmdirektors Dieter Ertel an alle Mitwirkenden der letzten Sendung: »Auf der heutigen Schaltkonferenz der Programmdirektoren wurde unserer Sendung ›Loriot 5‹ großes Lob gespendet. Die Kollegen sprachen von einer ›wunderbaren Sendung‹, die einen ›Freudentaumel‹ ausgelöst habe. Selten oder nie hat die Programmkonferenz ihre Anerkennung zu einer Sendung so enthusiastisch formuliert wie in diesem Fall.« Nach so viel Lob machten wir uns bester Stimmung an »Loriot 6«.
Da die Musik außerhalb unserer Arbeit eine so große Rolle spielte, lag es nahe, sie auch in mehreren Konzertsaal-Sketchen in den Fokus zu rücken. Für den Eröffnungssketch der sechsten Sendung, das »Salamo-Konzert«, und für das »Flötenkonzert« wurde im Atelier ein kompletter Konzertsaal aufgebaut samt Bühne mit Konzertflügel und vollbesetztem Zuschauerraum. Es war dies einer der teuersten Drehtage aller unserer Sendungen.
Im »Salamo-Konzert« ging es um die kläglichen Versuche des Gewinners eines Preisausschreibens, aus unzusammenhängenden Silben einen Werbespruch für »Salamo Bratfett« zusammenzusetzen: »Oh – mo – ne – la – Sa – mit – los – Fett – brat … oder so ähnlich.« Die Preise Nummer 50 bis 100 waren je eine Eintrittskarte für eine kulturelle Veranstaltung.
Wir suchten nach einem Klavierstück, das einerseits vom Geschehen im Zuschauerraum nicht ablenken durfte, andererseits aber auch der dramatischen Steigerung gegen Ende desSketches kompositorisch Rechnung trug. Zudem musste das Stück exakt auf die Länge des Sketches getimet sein.
Sowohl Loriot als auch ich scheuten uns, ein Werk von Schubert, Beethoven oder Brahms so zu verstümmeln, dass es zeitlich passte. Meine diesbezügliche Empfindlichkeit vergällt mir bis heute so manchen Film, in dem Regisseure völlig ungeniert die großen Klassiker verhunzen. Wir probierten viele Musiken am Schneidetisch aus, aber nichts wollte passen. Der einzige Ausweg war, ein eigenes Stück aufzunehmen.
So begaben wir uns, mit Loriots »Nagra«, einem professionellen Tonbandgerät, bewaffnet, zu seinen Freunden Johano Strasser und Franziska Sperr, bei denen zuhause ein gut gestimmter Flügel stand. Ich setzte mich mit einer Stoppuhr an das Instrument und begann zu improvisieren. Da ich den Ablauf des Sketches genau im Kopf hatte, wusste ich, an welchen Stellen die Musik dahinplätschern musste und wo ein Akzent vonnöten war. Wir nahmen mehrere Takes auf und legten die improvisierte Musik am Schneidetisch an. Nach einigen Musikschnitten, in diesem Fall war das ja erlaubt, passte es.
Der Pianist, der auf der Bühne unseres Auditoriums zu meiner Musik pantomimisch die Finger bewegte, war – wer sonst – Herr Pannek. Es war das einzige Mal in seinem Leben, dass er im Frack an einem Konzertflügel saß.
Da der Sender nun schon mal einen mit Komparsen voll besetzten Konzertsaal spendiert hatte, hatte sich Loriot noch einen weiteren Sketch, das »Flötenkonzert«, ausgedacht, in dem die Zuschauer kurz vor Beginn des Konzerts auf freigebliebene bessere Plätze nachrücken und so unter den Blicken des Flötisten (Loriot), der von der Bühne aus mit zunehmender Fassungslosigkeit zuschaut, ein großes Durcheinander auslösen. Als sich alle umgesetzt haben, kommen die Inhaber der guten Plätze verspätet hinzu. Alle müssen auf ihre alten Plätze zurück, das Chaos ist perfekt. Die Idee dafür ist Loriot in Elmau gekommen, wo ihm für ein Kammerkonzert zweiStühle in der ersten
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