Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
Vom Netzwerk:
verständlich ist. Also, wenn die Keimzelle unserer Gesellschaft, das ist die Ehe, wenn die Keimzelle schon nicht funktioniert, wie soll dann der ganze Rest funktionieren?« Loriot hat sich über das Lob des jungen Kollegen sehr gefreut.
    Wenn es um zeitgenössische Kollegen ging, war Loriot in seinen öffentlichen Äußerungen immer sehr zurückhaltend. Nichts lag ihm ferner, als öffentlich Zensuren zu verteilen, dennoch urteilte er sehr genau über das, was ihm im Fernsehen neudeutsch als »Comedy« begegnete. In den aktuellen Comedians sah er große Talentpotentiale. Er fand jedoch, dass die Menge an Sketchen, die in kürzester Zeit produziert werden mussten, dazu führte, dass zu viele davon nicht genügend komisch waren. »Das sind doch alles nur gespielte Witze«, war sein Haupteinwand. Er selber hat in der Regel seinen Sketchen die Schlusspointe verweigert, vielleicht war das eins seiner Geheimnisse. In seinen Drehbüchern findet sich kaum ein Satz, der mit einem Punkt endet. Seine Neigung, Sätze in der Luft hängen zu lassen, drückte er gern durch drei Punkte aus …
    Loriots deutsche Comedy-Favoriten waren Anke Engelke,die er für außerordentlich begabt hielt, Bastian Pastewka, Hape Kerkeling, Piet Klocke, Helge Schneider, Harald Schmidt und Olli Dittrich, dessen »Dittsche« er bewunderte, nicht zuletzt wegen Dittrichs Improvisationstalent, das ihm selbst vollkommen fehlte. Bully Herbig mochte er persönlich sehr, und er hatte Spaß an dessen meisterhaften Parodien und großen Entertainer-Qualitäten.
    Ein Sonderfall war Mario Barth. Erstaunt nahm Vicco wahr, dass jemand in der Lage war, als Komiker das Berliner Olympiastadion zu füllen und das Publikum zum Kreischen zu bringen. Wir sahen uns die Stadionaufzeichnung zusammen an, und Viccos Analyse war messerscharf. Er sagte, dass Barths Geheimnis nicht dessen Witze seien, sondern seine Fähigkeit, suggestiv direkten Kontakt zum Publikum herzustellen, Tempo und Rhythmus hochzuhalten und auf diese Weise eine gemeinsame Stimmung zu erzeugen, in der Barth schlussendlich alles sagen konnte und in jedem Fall gelacht wurde. Die Pointen allein rechtfertigten die Lacher in der Regel nicht. Es war vielmehr Barths Fähigkeit, die Zuschauer in seinen Bann zu ziehen, die Loriot faszinierte und die ihm als Leistung durchaus Respekt abnötigte.
    Eine späte Entdeckung war für ihn wie für mich der leider in Vergessenheit geratene, wunderbar absurde Hörfunkhumorist Heino Jaeger, der erst in den letzten Jahren wieder in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde und dessen größter Fan Olli Dittrich ist.
    Natürlich liebte Vicco auch die großen Hollywood-Komödien von Billy Wilder bis Blake Edwards. Er amüsierte sich sehr über eine Szene in Edwards »Ten – die Traumfrau«, in der eine uralte Hausangestellte nach dem Servieren eines Teetabletts versehentlich pupst und der Hund dafür geschlagen wird.
    Danny Kaye gehörte zu seinen Lieblingen. »The Secret Life of Walter Mitty« (»Das Doppelleben des Herrn Mitty«, nach einer Story von dem von Loriot hochverehrten James Thurber) und »The Court Jester« (»Der Hofnarr« mit der wahnsinnig komischen Szene »Der Becher mit dem Fächer«) haben wir immer wieder zusammen angesehen, ebenso wie viele Musical-Komödien mit Fred Astaire.
    Jerry Lewis war ihm in vielem zu laut und zu grotesk, also »zu komisch«, dennoch hegte er für einige seiner Szenen eine uneingeschränkte Bewunderung. In »The Patsy« (»Der Wunderknabe«) stößt Lewis während einer Gesangsstunde versehentlich an mehrere kostbare Vasen. An der in Peinlichkeit verpackten Eleganz, mit der Lewis die Vasen auffängt, kurz bevor sie am Boden zerschellen, konnte Loriot sich kaum sattsehen. Noch mehr liebte er die »Hut-Szene« in »The Ladies Man« (»Zu heiß gebadet«). Lewis spielt hier das tollpatschige Faktotum in einer Pension für junge Schauspielerinnen in Hollywood. Als ein bedrohlicher Gangster (Buddy Lester) auftaucht, um eine der jungen Schauspielerinnen zum Dinner abzuholen, setzt sich Lewis versehentlich auf dessen Hut. Der Gangster bleibt ruhig und fordert Lewis auf, ihm den zerknautschten Hut wieder aufzusetzen. Das vollkommen unbewegliche Gesicht von Buddy Lester, während Lewis dessen Hut – beim Versuch, ihn zu richten – auf seinem Kopf immer mehr zerstört, ist unvergleichlich. Ich glaube, Vicco hielt die »Hut-Szene« für eine der komischsten Filmszenen überhaupt, vermutlich weil sie seinem komisch-tragischen Prinzip – jemand

Weitere Kostenlose Bücher