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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Lukschy
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ist übel, ich mache weiter.« Dazu kam es nie! Drei AIDS-Galas habe ich im Smoking, mit dem Buch in der Hand in der Seitenbühne verbracht. Ich durfte Vicco schnell mal die Haare kämmen und ihm Fussel von der Schulter bürsten. Er stöhnte mitleiderregend, aber dann ging er wie ein junger Gott auf die Bühne.
    Die Arbeit im Vorfeld war das Schönste. Stunden hat er mit mir gearbeitet. Satz für Satz. »Da musst du eine Pause machen und in den Zuschauerraum gucken, das gibt einen Lacher.« Drei- bis viermal am Tag rief er an, weil ihm noch etwas Wichtiges eingefallen war. Manchmal war es nur die Aussprache der Namen fremdsprachiger Sänger.
    Ich habe seine Genauigkeit geliebt und viel von ihm gelernt! Ein bewundernswerter Könner.
    ✍
    Otto Sander und Loriot zu Gast in der Giesebrechtstraße
    Außerdem musste Romi regelmäßig Händchen halten. Als sie zu einer Vorstellung nicht kommen konnte, bat sie mich, ihren Mann hinter die Bühne zu begleiten und das Händchenhalten zu übernehmen. Sehr lebendig in Erinnerung sind mir acht jungmädchenhaft kichernde Walküren, die in der Kulisse standen und ihre Abendkleider zurechtzupften, bevor sie zu ihrem fulminanten Oktett auf die Bühne der Deutschen Oper ausritten.
    Loriot war durch die AIDS-Galas in der Deutschen Oper Berlin derart beliebt, dass er als einziger Künstler gleichzeitig Ehrenmitglied des Hauses und des Orchesters wurde. Er selbst beschrieb diese künstlerische Verbindung so: »Auch das so liebenswürdige Orchester der Deutschen Oper Berlin, dem anzugehören ich die Freude habe, gewährte eine fruchtbare Zusammenarbeit, als ich versprach, weder zu singen noch zu geigen.«
    2007 besuchten wir im Haus in der Bismarckstraße gemeinsam eine Probe von Leoncavallos »Pagliacci« und Mascagnis »Cavalleria rusticana«. Als wir den nur spärlich besetzten Zuschauerraum betraten, erkannte ein Orchestermusiker vom Graben aus Loriot. Sogleich klopften alle Streicher mit ihren Bögen an ihre Pulte, eine Ehre, die sonst nur Dirigenten und Solisten nach einem besonders gelungenen Konzert zuteil wird.
    Klaus Schultz regte noch ein weiteres Projekt mit Loriot an, Bernsteins »Candide«. Leonard Bernstein hatte 1956 die Operette nach Voltaires »Candide oder der Optimismus« komponiert. Das Stück wird mittlerweile wieder öfter szenisch aufgeführt, galt aber seit seiner glücklosen Uraufführung im Prinzip als unspielbar.
    Bernstein selbst hat »Candide« auf CD aufgenommen, es gibt die filmische Dokumentation einer konzertanten Aufführung in London. Davon abgesehen lag »Candide« – außer der hinreißenden Koloraturarie »Glitter and Be Gay« – in einem Dornröschenschlaf, bis Loriot das Stück, zumindest für Deutschland, wachküsste. Er verfasste Texte, die die komplizierte Handlung verständlich machten und die Musiknummern miteinander verbanden. Das Ganze wurde unter der musikalischen Leitung des Bernstein-Schülers David Stahl konzertant im Münchner Prinzregententheater uraufgeführt. Die »Regie«, also die minimalistische Personenführung der Sänger, lag in Loriots bewährten Händen. Und wie alles, was Loriot anpackte, wurde auch »Candide« ein großer Erfolg. So groß, dass die Aufführung vielerorts gastierte und anlässlich seines 80. Geburtstages eine Festvorstellung im Prinzregententheater stattfand, die glücklicherweise vom Fernsehen mitgeschnitten wurde.
    Typisch Loriot: Wo sich andere an ihrem Ehrentag zurücklehnen und sich feiern und beschenken lassen, steht er auf der Bühne und beschenkt sein Publikum.

Komik & Kollegen
    In unsere »arbeitslosen« Jahre fielen, wie gesagt, Loriots Theater- und Operninszenierungen. In Aachen brachte er auf Bitten des Intendanten Klaus Schultz seine Sketche mit dem dortigen Schauspielensemble auf die Bühne.
    Dem Ensemble gehörte der junge Heinrich Schafmeister an, mit dem ich Jahre später viel drehte. Wir sprachen oft über Loriot und über das, was wir beide von ihm gelernt hatten. Heinrich erzählte mir unter anderem, dass Loriot ihm ganz deutlich – wie bei einer Zeichentrickfigur – Mundbewegungen vormachte, die abwechselnd ein »I« und ein »O« formten. Mit Sätzen, in denen »I« und »O« vorkamen, konnte man komische mimische Effekte erzielen.

☞ GEGENSCHUSS HEINRICH SCHAFMEISTER ☜
    Das ging in die Hose.
    Es war Donnerstag, der 17. Oktober 1985, auf der Probebühne des Aachener Theaters. Probe »Der Astronaut«.
    Der Interviewer Schmoller gerät ins Stottern »Herr W … W … Wieland …

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