Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Witzeerzähler und -sammler. Die Musikerwitze, die Peter Riegelbauer, Kontrabassist und Orchestervorstand bei den Berliner Philharmonikern, erzählte, entzückten den Präsidenten ganz besonders.
Zwei Tage später bekam Riegelbauer einen Brief vom Bundespräsidialamt, er möge doch so freundlich sein, die erzählten Witze, vor allem die Bratscherwitze (gewissermaßen die Ostfriesen des Orchesters), für den Herrn Bundespräsidenten aufzuschreiben und ans Schloss Bellevue zu schicken. Unter anderem diesen: »Ein Bratscher bekommt Besuch von einem Freund. Die Frau des Bratschers öffnet die Tür, der Freund sieht, wie der Bratscher seinen Sohn verprügelt. ›Was hat er denn gemacht?‹, fragt der Gast besorgt die Frau. ›Er hat eine Saite an der Bratsche verstimmt, und er will nicht verraten, welche …‹« Vicco und Romi kannten Riegelbauer und seine Frau Majella Stockhausen vom Scharoun-Ensemble her, mit dem Loriot oft und gern seine Version des »Karnevals der Tiere« aufgeführthatte. Seit dem Abend im Bellevue verbindet auch uns mit den beiden eine enge Freundschaft, die Vicco gestiftet hat.
2005 fand endlich in der Berliner Philharmonie eine Aufführung von Loriots/Bernsteins »Candide« statt. Das Deutsche Symphonie-Orchester (DSO) brillierte unter David Stahl, der Saal tobte. Nach dem Konzert gab es ein Diner in der Französischen Botschaft am Pariser Platz. Unser gemeinsamer Freund, der Anwalt und Kunstförderer Peter Raue, brachte einen launigen Toast aus: »Eine Aufführung von Bernsteins und Loriots ›Candide‹ nach Voltaire in der französischen Botschaft zu feiern ist in etwa so, als würde man sich in Paris nach einer Aufführung von Jules Massenets ›Werther‹ in der deutschen Botschaft versammeln, nur weil der Oper Goethes Roman zugrunde liegt.« Loriots Tischdame war Angela Merkel, er war entzückt von ihrem Charme.
Als Loriot einen Nachfolger für seine Moderation der AIDS-Gala in der Deutschen Oper suchte, fragte er mich um meine Meinung. Uns wurde ziemlich schnell klar, dass Max Raabe der ideale Kandidat dafür war. In den ersten Jahren stand Vicco Max Raabe noch zur Seite. Es war höchst amüsant, die beiden zu beobachten, wie sie gemeinsam an Loriots Moderationstexten arbeiteten: Raabe: »Die Handlung von Verdis Oper ›I due Foscari‹ konzentriert sich auf einen gewissen Jacopo, Sohn reicher Eltern, der wegen fahrlässiger …« – Loriot: »Langsamer, langsamer. Sohn – reicher – Eltern …« – Raabe: »Sohn – reicher – Eltern, der wegen fahrlässiger Tötung einsitzt.« – Loriot: »Das ›einsitzt‹, das ›t-z‹ noch deutlicher: ›einsit-z-t!«. – Raabe: »Einsit-z-t.« – Loriot: »Richtig!«
Loriot kämpfte mit jedem Sprecher seiner Texte unerbittlich und dennoch humorvoll um eine überdeutliche Artikulation. Max Raabe musste, als Loriot ihm die Texte vorsprach, breit grinsen.
Nicht weniger amüsant war ein Besuch mit Loriot und seiner Frau Romi bei Max Raabe zuhause. Zur großen Freudemeines Freundes stimmte Raabe mit seinem ebenfalls anwesenden Pianisten Christoph Israel ein paar alte Schlager an, Loriot war, wieder einmal, glücklich.
Loriot zu Gast bei Max Raabe
Ein halbes Jahr später lud Max Raabe uns zur Premiere einer seiner Tourneen in den Berliner Admiralspalast ein. Vicco zögerte, weil er befürchtete, der reichlich anwesenden Presse nicht entgehen zu können. Also wurde vereinbart, dass wir das Haus durch einen Seiteneingang betreten sollten. Als der Wagen hielt, war es dann doch der Haupteingang. Die Fotografen hatten leider Wind von der Sache bekommen und empfingen den hohen Besuch mit einem brutalen Blitzlichtgewitter. Das Konzert war dann dafür sehr schön. Als Zugabe bat Max Raabe den in der ersten Reihe sitzenden Thomas Quasthoff zu sich auf die Bühne. Zusammen sangen Sie unvergesslich »In einem kühlen Grunde«.
☞ GEGENSCHUSS MAX RAABE ☜
Als Loriot mich bat, seine Nachfolge bei der AIDS-Gala anzutreten, war mir sofort klar, dass ich es auf keinen Fall annehmen werde.
»Die Schuhe sind zu groß«, sagte ich ihm.
Letzten Endes habe ich die Herausforderung doch angenommen, weil er mir anbot, mich zu unterstützen. Allerdings wollte ich von Anfang an nur meine eigenen Texte vortragen, was ihm nicht sehr behagte.
Als ich meine ersten Ideen zu Papier gebracht hatte, rief ich ihn an. Er sagte nur »Na, dann lassen Sie mal hören.« Im Verlauf des Gesprächs wurde alles auseinandergenommen, was ich mir überlegt hatte. Es war das
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