Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Tollste, was ich je erlebt hatte, ich konnte die Arbeitsweise eines Meisters studieren. Unsere Gespräche dauerten immer ziemlich lang, und es ging immer weniger um die Moderationen.
Eines Abends saß ich mit Thomas Quasthoff zusammen, wir kamen auf Loriot zu sprechen, und obwohl es schon ziemlich spät war, riefen wir ihn an: wie vermutet, war er noch hellwach. Am Ende unseres Gesprächs haben wir ihm »In einem kühlen Grunde« in den Hörer gesungen. Es war unser letztes Telefonat.
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Als ich Vicco 2003 Helge Schneiders Auftritt bei der Verleihung des Deutschen Comedypreises zeigte, war er entzückt über den minimalistischen Jazz, den Schneider auf seinem Klavier zauberte. Da war sie wieder, die Leichtigkeit und Eleganz des Swing-Zeitalters. Ob aber Helge Schneiders andere, anarchisch-dadaistisch-alberne Seite den Humornerv von Loriot treffen würde? Meine Frau, meine Töchter – Josefine ist ein glühender Schneider-Fan – und ich unternahmen das Wagnis, Bülows im Juli 2007 in Helge Schneiders Bühnenshow »I Brake Together« im Berliner Admiralspalast zu locken.
Gespannt linste ich zu Vicco hinüber, ob Schneider vor dem gestrengen Auge und Ohr des Meisters würde bestehen können. Aber schon nach der ersten Nummer waren alle Bedenken verflogen. Vicco und Romi amüsierten sich königlich. Nach der Vorstellung trafen wir Helge Schneider kurz hinter der Bühne, zusammen mit seinem sensationellen SchlagzeugerPete York (von der »Spencer Davis Group« und »Hardin & York«). Da Loriots Enkel Leopold auch Schlagzeug spielte und es Pete York an den Starnberger See verschlagen hatte, wurden sofort Adressen für spätere Treffen ausgetauscht.
Loriot und Helge Schneider, diese beiden Männer aus so verschiedenen Humorwelten, trafen sich in ihrem tiefen Verständnis darüber, dass auch den albernsten Ideen immer ein ernster Gedanke zugrunde liegen muss.
Otto Waalkes haben wir zum ersten Mal Anfang der achtziger Jahre in München getroffen. Er präsentierte seine Bühnenshow im Deutschen Theater in der Schwanthalerstraße. Vicco war begeistert, wie es Otto gelang, das Publikum hypnotisch in seinen Bann zu ziehen. Loriot, der Mann, der weder improvisieren wollte noch konnte, bewunderte Ottos Spontaneität und seine Fähigkeit, mit den Zuschauern in Kontakt zu treten. Die beiden sind sich später noch oft begegnet. Einmal erzählte Vicco von einem gemeinsamen Auftritt mit Otto in der Züricher Oper. Der Anlass war das Jubiläum einer Schweizer Versicherungsgesellschaft. Auf dem anschließenden Empfang fragte Vicco einen der Vorstandsvorsitzenden der Versicherung, ob es ihm denn wohl gefallen habe. Der Direktor antwortete behäbig und sehr schweizerisch: »Es war schon sehr luschtig, Herr von Bülow, aber leider war alles so schnell …«
Spätestens als Loriot für den Produzenten Horst Wendlandt arbeitete, für den auch Otto seine ersten Filme gedreht hatte, wurden sie Freunde. Bis zu seinem Tod hing schräg hinter Viccos Arbeitsstuhl ein von Otto Waalkes bemalter Teller mit blauen Ottifanten im Stil einer Delfter Kachel. Ich glaube, es war ein Geschenk zu seinem 60. Geburtstag.
Die Begegnung mit Wendlandt, Produzent beider Loriot-Kinofilme, war beeindruckend. Wendlandt saß Zigarre rauchend hinter einem alten englischen Schreibtisch in seinem Büro und entsprach in allem dem Klischee des klassischen Filmproduzenten. Als wir ihn besuchten, versuchte WendlandtLoriot zu überreden, doch noch einen dritten Spielfilm zu drehen. Er spannte auch mich in seine Strategie ein. Ich sollte mit Vicco einen Stoff entwickeln und, um ihn zu entlasten, auch Regie führen. Das Projekt ist allerdings über ein Exposé mit dem Titel »Spiritus Rector« – die Story eines Benimm-Experten, der zufällig reich gewordenen einfachen Leuten feines Benehmen beibringen soll – nicht hinausgekommen. Loriot wollte sich der Mühsal eines dritten Spielfilms nicht mehr unterziehen.
Ein entspanntes und gemütliches Zusammentreffen zum Tee gab es 2009 mit Bastian Pastewka und dessen Frau Heidrun in Bülows Wohnung am Savignyplatz. Pastewka, selber ein Star, war aufgeregt wie ein Kind, als er dem von ihm so sehr verehrten Altmeister begegnete.
☞ GEGENSCHUSS BASTIAN PASTEWKA ☜
In der Tat war dies ein sehr besonderes, für mich unvergessliches Zusammentreffen: Die von Bülows luden uns zu sich nach Hause ein, es gab einen übergroßen feierlichen Kuchen mit Mops-Motiv im klassischen Zuckerbäcker-Stil, der, wie unser Gastgeber es bei
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