Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
einlegte, kam ich aus dem Staunen nicht mehr heraus. Am Ende der Sendung sah ich einen Loriot-Zeichentrickfilm, den ich noch nie gesehen hatte. Er war seit den 1960er Jahren nicht mehr im Fernsehen gelaufen und weder auf kommerziellen VHS-Kassetten noch jemals auf DVDs veröffentlicht worden. Gespannt setzte ich meine Suche fort und fand viele weitere Sketche und Trickfilme, die unveröffentlicht in Loriots Privatarchiv schlummerten. In meinem Tagebuch notierte ich den Beginn dessen, was zu einer erneuten jahrelangen Zusammenarbeit mit Vicco führte: »Do, 6. 7. 2006 – Familiärer Tag in Ammerland. Checke mit Vicco alte ›Cartoon‹-Sendungen, aus denen man eine DVD machen sollte.«
DVD-Box I – Die vollständige Fernsehedition
Was immer Loriot für das Fernsehen produziert hatte, wurde auch kommerziell ausgewertet. Schon bald nach der Ausstrahlung der sechs Bremer Sendungen erschienen seine Sketche auf VHS-Kaufkassetten – und wurden ein Sensationserfolg, ebenso wie die Audio-CDs, die er zusammen mit Evelyn Hamann aufgenommen hatte.
In den 1990er Jahren änderten sich die Sendeschemata der ARD. Radio Bremen trat an Loriot heran, seine Sketche, die bisher im 45-Minuten-Format vorlagen, neu zu sortieren und in das neue, ARD-kompatible 25-Minuten-Format zu bringen. Das Gute daran war, dass hier auch alte Sketche der Stuttgarter Sendungen ihren Platz fanden, schade war hingegen, dass unsere sechs sorgfältig komponierten 45-Minüter auseinandergerissen und die Sketche zum Teil gekürzt wurden, um in das knappere Format zu passen.
Es erschien also, zunächst fürs Fernsehen, später auch auf VHS-Kassetten und auf DVDs, »Loriot – Sein großes Sketch-Archiv« in 14 Sendungen à 25 Minuten. Ich war nie ein Fan dieses Kurzformats, auch wenn sich die DVD-Zusammenstellung sehr gut verkaufte. Loriot hatte die Sketche nach Themen gruppiert, was seinem Sinn für Ordnung entgegenkam, sie erreichten aber eben nicht die fein gestrickte Dramaturgie der kleinen Bremer Gesamtkunstwerke.
Erst im Sommer 2006 wurde mir klar, dass viele der Stuttgarter Sketche und Trickfilme nie Eingang in das »GroßeSketch-Archiv« gefunden hatten. Entweder befand Loriot sie zu der Zeit als nicht gut genug, oder die Zwänge des seriellen Formats von 14 Folgen à 25 Minuten verlangten, dass man streichen musste.
Wie dem auch sei, ich fühlte mich beim Durchstöbern von Loriots privatem VHS-Archiv wie ein Fernseharchäologe und entdeckte wahre Schätze. Von dieser Entdeckung war der Weg nicht weit zu dem Plan, endlich eine vollständige Edition seiner Fernseharbeiten in Angriff zu nehmen.
Wie es der Zufall wollte, lief 2007 ohnehin der Lizenzvertrag zwischen der ARD und Warner Home Video aus, und man zeigte sich im Hause Warner sehr interessiert an dem Projekt.
Die Chance, die Bremer Sendungen in ihrer ursprünglichen Fassung herauszubringen, beflügelte mich. Und die Lust meines Freundes, sein Lebenswerk noch einmal in einer digital restaurierten, gut editierten DVD-Box zusammenzufassen, wurde immer größer. Die Überwachung eines komplexen technischen Vorhabens dieser Größenordnung hätte ihn allein jedoch überfordert, deshalb bot ich meine Hilfe an. Ich war glücklich, dem Mann, dem ich so viel im Leben zu verdanken hatte, etwas zurückgeben zu können.
Leider hatte Loriot seine alten »Cartoon«-Sendungen nicht vollständig mitgeschnitten, also wandte ich mich an den SWR in Stuttgart und fragte an, ob man Loriot für sein Privatarchiv und zur Sichtung für eventuelle Weiterverwertung DVD-Kopien all seiner »Cartoon«-Folgen zusenden könnte.
Wenn man im Namen Loriots eine Institution, öffentlich oder privat, anrief, so taten sich wie durch ein Zauberwort sofort alle Türen auf. Wo sonst bürokratische Hürden mühsam überwunden werden mussten, schlug einem eine Welle der Sympathie entgegen und das Gewünschte wurde prompt erledigt. Ein Phänomen, dem ich im Laufe der nächsten Monate und Jahre noch öfter begegnete.
Wenige Tage später erreichte mich ein Paket mit zwanzig DVDs, die sämtliche »Cartoons« enthielten. Was für ein Gefühl, die Sendungen, die ich als Student vierzig Jahre zuvor im Fernsehen gesehen hatte, in bester Qualität in Händen zu halten. Ich machte mich sofort an die Arbeit, guckte die Sendungen durch, legte Ablauflisten an und markierte alles, was bisher noch nicht veröffentlicht worden war.
Es war eine Menge, darunter seine herrlichen ersten Zeichentrickfilme in Schwarz-Weiß, die in ihren Bewegungen
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