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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Sautner
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Epiktet:
Nicht die Dinge selbst beunruhigen die Menschen, sondern die Urteile und Meinungen über sie.
    Exakt so ist es, exakt so, zwang sich Dimsch zur Ordnung. »Du da draußen«, formulierte er halblaut, ganz nach der Empfehlung des Griechen und schloss dabei die Augen, »du da draußen bist nur ein Eindruck und ganz und gar nicht das, was du zu sein scheinst. Ganz und gar nicht.« Dimsch lauschte,öffnete kurz ein Auge und schloss es wieder. »Außerdem«, fuhr er flüsternd fort, dem Rat Epiktets folgend, »liegt das Geschehen da draußen nicht in meiner Macht, jede Beschäftigung damit wäre also völlig nutzlos. Das da draußen lässt mich gänzlich unberührt, es verwirrt mich nicht im Geringsten, berührt nicht mein Glück, nein, gar nicht.« Dimsch hielt die Augen geschlossen, atmete noch einmal tief und langsam durch.
    Und nur Sekunden danach schnellte er in die Höhe, riss die Tür auf und streckte den Kopf raus auf den Gang, in die feindliche Welt.

12
    Völlig kopflos war er gewesen.
    Dabei hätte er es doch wissen müssen.
    Wie hatte er die Zeichen, die eindringlichen Zeichen seiner lieben Freundin übersehen können? Wusste sie ihn doch so leidenschaftlich zu warnen. Wie aufgeregt sie gewesen war, die Maus!
    Tags zuvor hatte sie ihm eine Stippvisite abgestattet, war in sein Zimmer gehuscht, nur um ihn anzufiepen und, völlig gegen ihre Gewohnheit, eiligst wieder im Loch zu verschwinden. Keines Blickes hatte sie diesmal die philosophischen Zitate an den Wänden gewürdigt, auch nicht jenen Zettel besehen, den Dimsch eigens und nur ihretwegen aufgehängt hatte:
Seht zu, nicht zu sterben, bevor ihr gelebt habt.
Er selbst hatte den Gedanken formuliert, wollte an ihr, da sie doch so feinen Sinn bewiesen hatte, Kraft und Wirkung des Zitats prüfen.
    Noch immer spähte Dimsch auf den Gang. Vorhin war da noch barbarischer Lärm gewesen, doch nun nichts, niemand da. Er drückte die Tür hinter sich zu, steuerte das Telefon an,wählte Sabines Durchwahl. Die dünne Wand hindurch hörte Dimsch sein eigenes Läuten. Sofort hob seine Mitarbeiterin ab.
    »Hallo?«
    Er bemerkte eine Unsicherheit in ihrer Stimme.
    »Ich bin es.«
    »Ah, hallo, Chef.« Sie schien erleichtert.
    Er versuchte einen beiläufigen Ton. »Hast du das Poltern gehört?«
    »Ja, gerade eben! Weißt du, was das war?«
    »Nein, aber ich werde es herausfinden.« Er legte auf, und da war das Rumoren plötzlich ganz nahe, kam eindeutig vom Nebenzimmer, aus Roberts Büro. Dimsch wählte die Durchwahl, hörte abermals sein eigenes Läuten. Schlagartig danach: Ruhe nebenan. Erst ein, zwei Schrecksekunden später erneut wildes Geschiebe und Gequietsche, intensiver noch als zuvor, begleitet vom Klingeln des Telefons. Nach dem fünften oder sechsten Läuten erst hob Robert ab.
    »Ah, Chef, sehr gut. Du bist es.«
    Dimsch lehnte sich zurück. »Was ist los bei dir da drüben?«
    »Ach, nichts Besonderes, habe nur aufgeräumt, aber hast du vorher das Gepolter gehört? Weißt du, was das war?«
    Dass er mit seiner Angst nicht alleine war, seine beiden Mitarbeiter zumindest ebenso durcheinander schienen, flößte Dimsch augenblicklich Kraft ein. Kaum musste er nicht nur für sich entscheiden und handeln, sondern zudem für andere; kaum war also seine Verantwortung größer, schienen Druck und Furcht, die auf ihm lasteten, geringer. Mit neuer Selbstsicherheit griff er zum Hörer, wählte die Durchwahl der Empfangsdamen. Und erkundigte sich mit entspannter Stimme, was denn da los sei, wer denn da so rumore und herumschreie.
    »Hat dir das noch niemand gesagt? Du bekommst neueNachbarn. Die Versicherung hat die Hälfte deines Stockwerks an eine Fremdfirma vermietet.«
    »Aha. Und was machen die?«
    »Genau weiß ich es noch nicht.
Know-yourself-Services
. Irgendeine Agentur für Umfragen. Vielleicht auch nur so ein Telefonservice-Dienst.«

    In den folgenden Tagen wurden die Umbauarbeiten vorangetrieben. Immer mehr Männer in blauen Overalls, grauen Arbeitshosen, roten Lieferantenuniformen latschten mit schwerem Schritt an Dimschs Büro vorbei, keinerlei Gedanken verschwendend an ruhebedürftige Philosophen oder Glücksritter oder Heilige Grale. Dimsch beobachtete das Treiben, indem er die Tür ab und zu einen Spaltbreit öffnete und nach draußen linste. Handwerker hämmerten, bohrten, klopften, ließen schwere Dinge fallen, fluchten, nagelten und unterhielten sich in einer Lautstärke, als arbeiteten sie auf offener See. Dimsch fühlte sich miserabel, sein

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