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Der Gluecksmacher

Der Gluecksmacher

Titel: Der Gluecksmacher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Sautner
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Peng. »Na«, krächzte er, »wo ist denn unser Stahl produzierender, großkapitalistische Hausbote?«
    Die Menschentraube öffnete sich, gab dem Aufsichtsratsvorsitzenden den Blick frei.
    »Aah!«, jubelte Großburg. »Peng und Dimsch! Beide hier! Hervooooorragend! Die Stützen unserer Firma! Hervooooorragend! Lasst euch umarmen!«

2
    Ein inniger Wunsch und der Kummer darüber, dass dieser Wunsch nicht erfüllt werden würde, hatte in Irene Großburg eine Wehmut aufkommen lassen, die so drückend war, dass bleiernes Grau auf ihrem Gesicht lag. Weshalb sollten andere Menschen glücklich werden, wenn sie es nicht war? Nachdem die Glücksversicherung zusehends realisierbar schien, hatte Großburg diesen Reflex an sich bemerkt. Hatte auch bemerkt, dass sie deshalb erwog, das Glücksprojekt zu sabotieren. Doch schien es ihr zu spät, nun, da sie sich ihre niederen Motive eingestanden hatte.
    Ein Rabe, laut scharrend am Blech des Fensterbretts, ließihre Gedanken eine andere Richtung nehmen:
Das Glück ist ein Vogerl
. Wie blöd, dachte sie, musste unwillkürlich lächeln und legte die Wange in die flache Hand.
    Der Vogel schien zu versuchen, sich im spiegelnden Fensterglas zu betrachten, neigte den Kopf einmal nach rechts, einmal nach links, veränderte ulkig tänzelnd seine Körperhaltung.
    Als er sich Minuten später abstieß und sein Schatten über das Zimmer wischte, erwachte Irene Großburg aus einem Tagtraum. Sie blickte dem Raben nach und bemerkte, ein Beschluss war gefallen: Alles werde sie tun und geben für die Glücksversicherung. Ein Erfolg der Glücksversicherung nämlich würde ihr Erfolg sein, ihr ganz persönlicher Sieg. Ab sofort, sie richtete sich auf, ab sofort würde die Glücksversicherung ihr Baby sein.

    »Hast du den Wahnsinnigen unter Kontrolle?«
    Torberg griff an sein pomadisiertes Haar. »Soweit man einen Wahnsinnigen unter Kontrolle haben kann, ja.«
    Die Antwort war Irene Großburg zu lässig. »Rainer, nur damit wir uns richtig verstehen: Ich mache dich persönlich verantwortlich, wenn Dimsch die Sache nicht hinbekommt.«
    Arrogante Zicke, dachte Torberg.
    »Irene, du musst dir keine Sorgen machen.« Er faltete die Hände. »Dimsch glaubt zwar, dass er das Projekt leitet, aber in Wirklichkeit kümmert sich Lara um die praktische Durchführbarkeit, Eva um Zielgruppen und Umfragen, und ich habe die Gesamtübersicht.«
    Großburg ließ einen Faserschreiber zwischen Zeige- und Mittelfinger hin und her schnellen. Torberg wusste aus Erfahrung, dass es sinnlos war, weiterzusprechen, bevor der Stift nicht zur Ruhe gekommen war.
    »Wie werden wir also das Glück messen?«, fragte Großburg nach einer Weile, gewissermaßen als Test, ob Torberg auch wirklich alles im Griff hatte, und machte dabei ein Gesicht, als ob sie beleidigt sei, gleichfalls enttäuscht und ohnehin wusste, dass er die Frage nicht zufriedenstellend würde beantworten können. »Nun«, wiederholte sie mit Verachtung in den Augen, »wie genau messen wir das Glück?« Und noch bevor Torberg reagieren konnte, versetzte sie: »Ist dir überhaupt bewusst, dass die Glücksmessung das A und O ist? Mit ihr steht oder fällt das Projekt. Wenn wir den Kunden ihr Glück nicht nachweisen können, werden sie uns keinen Cent zahlen. Nicht einen einzigen!« Der Faserschreiber vibrierte zwischen ihren Fingern.
    »Irene, du tust so, als würde ich erst seit gestern für die Versicherung arbeiten. Ich weiß sehr wohl, wie das Geschäft funktioniert.«
    »Dann rede nicht lang herum, sondern sag mir endlich, wie man Glück misst, verdammt. Wieso drückst du dich die ganze Zeit vor einer Antwort?«
    Torberg führte die Handflächen aneinander. Er wollte sich nicht auf ihr Niveau begeben. Bedächtig führte er die Zeigefinger an die Lippen, besah den bebenden Faserschreiber, atmete durch.
    »Das Glück sitzt im Kopf«, begann er. »Im Prinzip geht es deshalb um ein Messen der Hirnströme. Dass die Ergebnisse korrekt sind, bestätigen parallele Glücksbefragungen.«
    Irene legte den Faserschreiber auf den Tisch.
    »Das Messgerät ähnelt einem Kopfhörer mit Sensoren an beiden Enden. Das Glück spielt sich nämlich in unseren Stirnlappen ab.« Torberg führte die Zeigefinger an die Schläfen. »Die positiven Empfindungen sind im linken Stirnlappen lokalisierbar, die negativen im rechten. Menschen, bei denen derrechte Lappen in seiner Funktion eingeschränkt ist, etwa infolge eines Unfalls, berichten über euphorische Glücksphasen. Menschen hingegen,

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